Finnischer Tango - Roman
seine Öl-Firma zu verzichten, bevor man ihn vernichtet hätte. Chodorkowski hatte nicht diesen Blick für das Spiel bewiesen. In seiner Überheblichkeit hatte der arme Michail den Präsidenten herausgefordert, mit dem Ergebnis, dass er neben seinem Eigentum auch seine Freiheit verloren hatte.
Aus dem zwei Meter langen Birkenscheit schlugen dank des Brennspiritus schon nach Sekunden hohe Flammen. Das Holz verbrannte wie sein Eigentum, dachte Arbamow und fluchte. Nach den Säuberungen durch Putin waren ihm nur die Hälfte von Militech Russia, einem Unternehmen, das Militärtechnologie entwickelte, und die Newa-Bank geblieben. Und jetzt ging es auch seiner Bank schlecht, deren Gewinne reichten absolut nicht mehr, um seinen Lebenssstilaufrechtzuerhalten. Arbamow redete sich einmal mehr ein, dass er gezwungen worden war, ins Drogengeschäft zurückzukehren, sonst hätte er alles verloren: seine Investitionen der letzten Jahre, seine Fußballmannschaft, sein Haus, sein Schiff und sein Flugzeug, die ganze in seinen jungen Jahren geschriebene Erfolgsgeschichte, die in Russland und weltweit ihresgleichen suchte. Er würde im Drogengeschäft noch diesen einen Präzisionsschlag führen, und der musste deshalb umfassend und effektiv sein, damit er in der Lage wäre, sich, gestützt auf diese Erträge, in London niederzulassen, bevor Putins Diktatur ihn endgültig vernichtete. Die Autosuggestion funktionierte einmal mehr, er spürte, wie er wieder auflebte und …
Der Türsummer unterbrach Arbamows Überlegungen. Er schaltete die Stereoanlage aus, stellte sich vor den Spiegel und rückte die Krawatte von Dior zurecht. Das gute Leben ließ sich an seiner Taille ablesen, er war etwas rundlich geworden, aber auf stilvolle Weise. Rasch fuhr er sich über den Drei-Tage-Bart und zog den Bauch ein. Er war kein Narzisst, nur ein Gentleman, der sich pflegte, und ein Genießer. Irgendwie musste Erfolg ja zu sehen sein. Arbamow drückte auf den Knopf, die Tür ging auf, und er freute sich, als er Renatas junges, ausdrucksloses Gesicht sah, das durch den allzu straffen Pferdeschwanz heute noch angespannter wirkte. Die Frau sah zum Anbeißen gut aus. Arbamow bekam Lust, aber er hatte schon gelernt, dass die Initiative von Renata kommen musste.
»Ist der Tschetschene erledigt?« fragte Arbamow, bevor Renata die massive Doppeltür geschlossen hatte.
»Aslan Murtazaliew ist tot. Gegen das Auto musste eine Panzerabwehrrakete eingesetzt werden. Aber nun gibt es keine Konkurrenten mehr. Der Heroinmarkt von Sankt Petersburg und ganz Russland gehört uns … also dir. Aber Murtazaliews Hinrichtung wird man untersuchen …«
»Kaum. Die Miliz, die RUBOP und die Ermittlungsbehörden sind doch nur dankbar, dass jemand den tschetschenischen Drogenhändler eliminiert hat. Und wir brauchen uns sowieso nicht um die Behörden zu kümmern, für ihre Bestechung sind Unsummen von Dollar ausgegeben worden. Kapierst du das immer noch nicht?« Arbamows Erwiderung klang unfreundlicher als beabsichtigt, und er kannte auch den Grund. Es wurmte ihn, dass der Tschetschene eine Aufteilung des Marktes abgelehnt und seinen Anteil an den Gewinnen von Arbamows Heroinhandel verlangt hatte. Denn gerade jetzt durfte seine Organisation nicht auffallen, und am allerwenigsten konnte er es gebrauchen, dass die Behörden ihn verdächtigten, hinter dem Raketenanschlag zu stecken.
»Ich habe auch noch andere Nach …«
Arbamow unterbrach sie: »Haben die Kurden schon Nachschub geliefert?«
Renatas langer Ledermantel knarrte, als sie sich in den Empire-Sessel setzte und die langen Beine übereinanderschlug. »Natürlich. In alle achtzehn Länder.«
»Ich habe für dieses Heroin dreißig Millionen Dollar bezahlt, da darf nichts schiefgehen. Unsere Männer verteilen doch wohl in jedem Land so viel und so schnell Ware, wie sie können?«
Renata nickte. »Du wirst bald noch mal tausend Kilo Ware bestellen müssen. Aber zu diesem Preis lohnt sich das ja.«
»Die Verteilung klappt also wie vorgesehen, und man hat auch schon begonnen, den Preis zu erhöhen. Endlich läuft alles. Bald wird eine größere Heroinwelle als je zuvor über Europa hinwegrollen«, sagte Arbamow mit strahlender Miene.
»Aus Finnland haben wir schlechte Nachrichten erhalten: Kirilow ist umgebracht worden. Wir müssten …«
Arbamows Flüche unterbrachen Renata. »Arkadi ist doch noch nicht einmal dazu gekommen … Wer hat das getan?«
Renata gelang es, eine noch angespanntere Miene auf ihr Gesicht zu
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