Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
Vom Netzwerk:
Polizei hatte das nicht erlaubt, obwohl sie den ganzen Tag fast flehentlich darum gebeten hatte. Ihre Hände zitterten, als sie das Telefon aus der Handtasche holte. Schon allein der Gedanke an Mikko wirkte erleichternd.
    Die Sehnsucht wurde zur Enttäuschung, als sie die monotone Frauenstimme des Anrufbeantworters hörte. Eeva blickte auf ihre Armbanduhr und war ein wenig versöhnt, als sie sah, dass Mikkos Zug schon in einer Stunde in Helsinki ankäme. Der Tag war im Nu vergangen. Es hämmerte in ihrem Kopf. Behandelte die Polizei alle Augenzeugen so? Verhörte man sie alle sieben Stunden lang, entnahm man ihnen Dutzende Proben und stellte alles in Frage, was siesagten? Sie sah immer noch all die Fotos von Gesichtern vor sich, unter denen sie bei der SUPO versucht hatte, den Türken zu erkennen. Und ihr gingen noch die merkwürdigen Fragen der Polizei durch den Kopf: Haben Sie Kirilows Tasche gesehen, wann waren Sie das letzte Mal in Hernesaari …
    »Dieses Eckhaus ist es … das mit dem Turm«, sagte sie, als der Fahrer rechtzeitig vor Ratamos Haus die Geschwindigkeit verringerte und anhielt.
    »Warte hier, ich hole nur meine Tochter, und dann fahren wir weiter.« Sie drückte dem Fahrer ihre Kreditkarte in die Hand.
    Eevas Niedergeschlagenheit nahm noch zu, als sie im Fenster der Haustür ihre Falten sah. Sie stieg die Treppe bis zur ersten Etage hinauf und fuhr sich dabei durch die Haare, dann drückte sie so lange auf Ratamos Klingel, dass es garantiert auch die Nachbarn hörten.
    »Ich habe schon auf dich gewartet«, sagte Arto Ratamo mit besorgter Miene und bedeutete Eeva hereinzukommen.
    »Es tut mir echt leid. Ich konnte nicht früher kommen. Das ist ein unglaublicher Tag. Ich musste auch zu euch … zur SUPO.« Eeva verstummte, als sie Kirsis und Nellis Stimmen hörte.
    »Kirsi, deine Mutter ist gekommen!«, rief Ratamo. Er wirkte verlegen. »Ich weiß von dem Verhör. Du hast vermutlich gesagt, dass du schon seit langem kein Speed mehr nimmst …«
    Eeva nahm Ratamos Hand. »Ich bin nicht wieder schwach geworden, mach dir keine Sorgen. Aber darüber reden wir morgen, heute kann ich einfach nicht mehr, in meinem Kopf geht alles durcheinander …« Sie ließ sich auf den Stuhl im Flur fallen und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Na na, jetzt brauchst du ja keine … Angst mehr zu haben. Morgen sieht die Sache schon viel besser aus … daswird sich schon alles klären«, stammelte Ratamo. »Ist Mikko von der Dienstreise zurück?«
    »Noch nicht. Ich weiß nicht, ob ich es wagen soll, nach Hause zu gehen.« Eeva warf Ratamo einen Blick zu.
    »Ich kann euch ja hinbringen«, versprach Ratamo.
    Eeva schaffte es, kurz zu lächeln, und bemerkte, dass Ratamo sie voller Mitgefühl betrachtete. Im Gegensatz zu all den Bullen, die sie den ganzen Tag drangsaliert hatten. Arto sah auch kein bisschen wie ein Polizist aus: Mit seinen wirren Haaren, dem Text »Es bleibt wirklich wenig Zeit« auf dem T-Shirt und den ausgebleichten Jeans wirkte er eher wie jemand, der von der Polizei gejagt wurde.
    In dem Moment tauchte Kirsi mit einem wohlgenährten Labrador im Flur auf. Eeva zog ihre Tochter an sich, die Umarmung dauerte so lange, dass Kirsi ihre Mutter schließlich wegschob und Nelli verlegen anschaute.
    »Zieh dich an, mein Schatz, das Taxi wartet unten«, sagte Eeva und wischte sich die Augenwinkel.
    Kurz darauf stiegen die drei die Treppe hinunter, und Eeva war Ratamo dankbar, dass er sie nach Hause begleitete und sich wie ein Freund verhielt. Und er hatte nicht einmal angefangen, Fragen zu der verworrenen Geschichte zu stellen, mit der sie ihn überfallen hatte. Natürlich wollte er im Beisein der Kinder nicht darüber reden.
    Der Taxifahrer hatte offensichtlich inzwischen schnell auf dem Stadtplan nachgeschaut, wo die Sepänkatu lag, denn diesmal musste er nicht fragen. Mutter und Tochter saßen auf dem Rücksitz eng beieinander, Eeva strich Kirsi übers Haar, obwohl sie sah, dass die das störte.
    »Wo warst du denn bloß? Wir mussten uns mit Nelli den ganzen Abend Jussis Geschichten von der SUPO und sonst noch was anhören. Total krasse Geschichten«, beschwerte sich Kirsi und stieß die Hand ihrer Mutter weg, die ihren Kopf streichelte.
    »Warum erzählt er euch denn …« Eevas Frage brach ab, als ihr Blick auf einen Mann fiel, der gerade den Laden an der Ecke von Tehtaankatu und Laivurinkatu betrat. Er war dunkelhaarig, gut gekleidet und schlank – Adil. Eeva wurde wütend auf sich: Sie drehte langsam

Weitere Kostenlose Bücher