Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Keller. Er würde im Internet in die ICQ-Chatgroup eine Nachricht schreiben, die den Geier überzeugen sollte, dass er nicht in der Lage war, ihm das Passwort zu geben. Vielleicht durfte er dann weiterleben. Dann würde er der Polizei eine E-Mail schicken. Darauf durfte er aber keine großen Hoffnungen setzen, weil er nicht die geringste Ahnung hatte, wo er sich befand oder wie lange die Fahrt von Kaivopuisto hierher gedauert hatte. Er war erst im Keller wieder zu Bewusstsein gekommen. Dennoch könnten die Spezialisten der SUPO mit Hilfe der Nachricht irgendeine elektronische Spur finden, obwohl der Geier versichert hatte, dass sich der Computer nicht lokalisieren ließe.
Zuletzt würde er im Siliziumherzen des Computers die Kundennummern und Kontendaten der National Bank suchen. Laut Sterligow befanden sie sich im Speicher.
Er musste das tun: Das war die Chance seines Lebens, aus alldem als der wahre Sieger hervorzugehen.
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Der Fahrer eines sportlichen Geländewagens parkte sein funkelnagelneues Auto in der Kuninkaanlahdentie im Espooer Stadtteil Westend hinter einem alten Lada und schaute misstrauisch auf den rothaarigen Mann, der aus der Rostlaube ausstieg. Erik Wrede versuchte gar nicht erst, die Türen des Lada zu verschließen. Er ging auf dem vereisten Randstreifen zur Westendintie und dann weiter nach Lyökkiniemi. Der Seewind zwickte ihn ins Gesicht, Wrede drückte seine Hände auf die Wangen. Die prächtigen Doppelhäuser und Eigenheime wurden immer größer, je näher er dem Meer kam. Es sah so aus, als dürfte man hier nur deutsche Autos besitzen.
Das hell erleuchtete Haus des Vaters von Pauliina Laitakari war riesig. Laut Personenprofil der Abteilung für Informationsmanagement war Pekka Laitakari ein siebenundsechzigjähriger ehemaliger Geschäftsführer, der seine Rentnertage entweder in der Hauptstadtregion als Berater der Unternehmensleitung oder in Marbella beim Golfen verbrachte. Pauliina Laitakaris Eltern waren seit Anfang der neunziger Jahre geschieden. Im vergangenen Herbst hatte Pekka Laitakari wieder geheiratet. Seine Ex-Frau wohnte im Winter in der Toskana, ihre Telefonnummer hatte die SUPO noch nicht ermittelt. Wrede hoffte, sie eventuell von Pekka Laitakari zu bekommen.
Das Grundstück des massiven Eigenheims aus dunklen Ziegeln umgab ein hoher Metallzaun, aber aus irgendeinem Grund stand das Tor offen. Die Klingel dröhnte wie Kirchenglocken. Ein eher kleiner, eleganter graumelierter Herr öffnete, und Wrede stellte sich vor. Pekka Laitakari schien nicht überrascht zu sein, dass die SUPO ihn aufsuchte. Wrede wunderte sich, dass der ehemalige Geschäftsführer nicht einmal nach dem Anlass seines Besuchs fragte. Laitakari sagte, er verbringe einen einsamen Abend zu Hause, trug aber dennoch dunkelblaue Hosen mit korrekter Bügelfalte und ein weißes Hemd. Er führte seinen Gast ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher aus und bot etwas zu trinken an. Wrede lehnte dankend ab, und der Hausherr verschwand in der Küche.
Das Haus musste ein Dutzend oder mehr Zimmer haben. Die Einrichtung sah aus wie auf einem Foto im Lifestyle-Magazin »Gloria«. Die bis zur Decke reichenden Panoramafenster im Wohnzimmer gaben den Blick frei in den Garten, der am Meeresufer endete. Am Horizont leuchteten die Hochhäuser von Keilalahti. Wrede war überzeugt, dass sich der Rasen im Sommer in einem tadellosen Zustand befand. Am Ufer sah man einen Bootssteg auf stabilen Steinpfeilern und daneben eine Blockhaussauna. Die Immobilie musste Millionen wert sein.
Laitakari kehrte mit einem Drink in der Hand zurück, und Wrede nannte den Anlass seines Besuchs. Dabei bemerkte er, wie das Rot im Gesicht des Hausherrn immer dunkler wurde, je mehr er von dem Whisky trank. »Sie haben doch nicht etwa ernsthaft den Verdacht, dass Pauliina etwas verbrochen hat?«, erwiderte Laitakari entrüstet.
Daraufhin erklärte ihm Wrede ganz ruhig, dass die SUPO mehrere Verdächtige hatte, deren Hintergrund untersucht werden musste, um den Schuldigen zu finden. Laitakari schnaufteund verkündete, in seiner Familie gebe es keine Diebe. Wrede begann mit Routinefragen zu Pauliinas Kindheit, zu ihren Hobbys und Freunden, zu Ausbildung und Karriere. Laitakari antwortete offen und ehrlich, wirkte aber ziemlich unsicher. Anscheinend kannte der Mann seine Tochter nicht sonderlich gut.
»Unterstützen Sie Pauliina finanziell?«, wollte Wrede wissen.
»Warum fragen Sie danach?« Laitakari war offensichtlich erschrocken.
»Pauliina gibt
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