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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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müssen. Die Identität des »Hundes« kannte jedochaußer Protaschenko niemand. Der richtige Name seiner Informationsquelle war dem Russen nicht einmal in volltrunkenem Zustand herausgerutscht. Man hatte jeden Millimeter seiner Wohnung unter die Lupe genommen. Vergeblich. Sie wussten nur, dass Protaschenko über Chatgroups im Internet mit dem »Hund« kommuniziert hatte, der auf die E-Mails von Guoanbu jedoch nicht antwortete. Tang hatte zwei Männern befohlen, Protaschenkos Dateien zum Thema »Hund« rund um die Uhr so lange zu suchen, bis sie gefunden wurden.
    Der Chinese starrte Irina an wie ein Sklavenhändler und überlegte, warum er die Frau so unersättlich begehrte. Irina war keine strahlende Schönheit, aber ihr Körper glich einer Skulptur: Er war schlank wie der einer Ballerina und dennoch kurvenreich. Und ihre Augen hatten eine hypnotische Wirkung. Die dunkle Iris sah so groß aus wie ein Markstück. Er machte einen Zug mit einem Bauern und beobachtete Irinas Reaktion. Sie kicherte und hüstelte sofort danach. Tang war nicht sicher, ob sie sich nur räusperte oder über seinen Zug lachte.
    Es erwies sich als Tangs Pech, dass den »Hund« die Habgier gepackt hatte. Er wollte seine Informationen nun an mehrere Interessenten verkaufen und hatte auch der russischen kriminellen Organisation Swerdlowsk die Übergabe des Passworts zugesagt. Bei der Überwachung des für die Wirtschaft zuständigen Chefs von Swerdlowsk in Moskau hatte die Technologieabteilung der Chinesen von der Sache Wind bekommen. Tang wunderte sich immer noch, dass der »Hund« glaubte, den Verrat überleben zu können.
    Irina zündete sich eine neue Samokrutka an und dachte über ihren nächsten Zug auf dem Schachbrett nach. Ihre Nasenlöcher bebten, als sie den Rauch tief einatmete. Ein paar Tabakkrümel blieben an ihrer Lippe hängen. Der beißende Geschmack beruhigte sie.
    Tang betrachtete das gerahmte Foto des Präsidenten Jiang Zemin auf der buntgemusterten Tapete und dann die reichlich geschmückten Lampenschirme und die dicken roten Seidenvorhänge. Die chinesischen Einrichtungsgegenstände linderten das Heimweh. Er war sicher, dass Swerdlowsk hinter dem Mord an Protaschenko steckte. Der Führer der Organisation, Wadim Zenkowski alias Orel, war der Einzige, der Guoanbu so unverhohlen die Stirn bieten konnte. Offiziell leitete Orel ein ganz legales Industrie- und Finanzimperium, aber es war ein offenes Geheimnis, dass Orels weitverzweigtes Netz von Unternehmen und Swerdlowsk in einer engen Symbiose lebten. Orel war auch in der Mafiaorganisation der Alleinherrscher. Sein ganzes Unternehmenskonglomerat war jedoch mit so komplizierten Eigentumsreglungen errichtet worden, dass Orels Beteiligung an kriminellen Handlungen nie nachgewiesen werden konnte.
    Als Irina ihren Turm setzte, begriff Tang, dass er vollständig in der Klemme steckte. Er wollte jedoch noch nicht aufgeben, denn dann ginge Irina womöglich. Tang tat so, als würde er sich seinen nächsten Zug überlegen, und seine Gedanken drehten sich wieder um den Fall Inferno. Wie sollte er an das Passwort kommen? Swerdlowsk besaß es wahrscheinlich nicht, denn man hatte es unter einem Klebestreifen an Protaschenkos Körper gefunden. Ein Angriff auf das FBI in den Vereinigten Staaten war unmöglich, die Führung von Guoanbu würde das nicht einmal in Erwägung ziehen. Zum Glück hatten das FBI und die SUPO keine Ahnung von der Hintertür und konnten deshalb die National Bank nicht warnen.
    Tang war unschlüssig. Sollte die Technologieabteilung erst versuchen zu klären, wie viel die NSA und die SUPO wussten, ehe er jemanden in die Mangel nahm?
    Unsicher ließ Tang mit seinen dicken Fingern den weißenLäufer los und lachte überschwänglich. Irina schaute ihn an und lächelte: Chinesen lachten in der Regel nur dann laut, wenn sie nervös oder wütend waren. Tang hatte ihr den Fall Inferno sofort nach Eingang der Nachricht von Protaschenkos Tod übertragen. Bekam sie nun endlich die Chance, auf die sie schon seit Jahren wartete? Ihre Möglichkeiten, eine Arbeit zu finden, waren durch den Rauswurf beim SVR zunichtegemacht worden. Weder russische noch ausländische Firmen würden sie einstellen, weil sie nirgendwo von den Sicherheitsbehörden eine Bescheinigung ihrer Vertrauenswürdigkeit bekäme. Dafür hatte der SVR gesorgt, indem er Interpol die Information zuspielte, sie sei nicht zuverlässig. Irina war so angespannt, dass sie ein Kribbeln im Bauch spürte. Sie überlegte, was der

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