Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Pauliina Laitakaris Motiv konnte auch ein anderes sein als Geld.
Riitta Kuurma schreckte aus ihren Gedanken auf, als sie bemerkte, dass die Gastgeberin sie anstarrte. Ihr wurde klar, dass Anna-Kaisa auf all ihre Fragen eine Antwort erhalten hatte. Sie musste erst einen Moment überlegen, bis ihr wieder einfiel, was sie alles noch wissen wollte. »Wie viele Personen hätten geheime Daten des Inferno-Programms stehlen können?«
Pauliina Laitakari wurde wütend: »Garantiert stecken die Leute von DataNorth dahinter. Diese Emporkömmlinge interessiert doch nichts anderes als Geld«, entgegnete sie und schnaufte vor Wut.
Anna-Kaisa Holm erschrak über die bissige Antwort: »Sie arbeiten doch aber ständig zusammen.«
»Gezwungenermaßen. Die Parasiten von DataNorth haben uns bei dem Kooperationsabkommen übers Ohr gehauen, und wir kommen aus dem Vertrag nicht heraus. Wir dürfen unser Authentifizierungssystem Charon, das wir für Inferno liefern, nur an DataNorth verkaufen«, schimpfte Pauliina Laitakari. Etwas ruhiger erzählte sie dann, dass ihre Zusammenarbeit mitDataNorth, was Inferno anging, etwas weniger problematisch verlief, weil auch SH-Secure beteiligt war. Timo Aalto hatte den Schiedsrichter und Schlichter zwischen den Streithähnen gespielt.
Das Verhältnis zwischen Finn Security und DataNorth war anscheinend in einem mehr als erbärmlichen Zustand. Beide warfen dem jeweils anderen Inkompetenz und Habgier vor. Riitta Kuurma überlegte gerade, ob möglicherweise ein Konflikt zwischen Unternehmen der Anlass dafür war, dass jemand Inferno-Daten verkaufte, doch da ergriff Pauliina Laitakari wieder das Wort.
»Nur drei Personen können geheime technische Daten von Inferno weitergeben – die drei Inferno-Verantwortlichen. Ich verstehe allerdings nicht, wie Aalto oder Tommila die Daten hätten ausdrucken können, ohne dass es im Datensystem registriert worden wäre.« Pauliina Laitakari klang überzeugend und fügte in entschiedenem Ton hinzu, sie hätte noch nie etwas gestohlen. Sie habe sogar eingewilligt, dass die Firma alles überwachen durfte, was sie im Büro und zu Hause an ihrem Computer tat. Die Überwachungssysteme von Finn Security hätten einen Missbrauch sofort festgestellt.
»Gibt es in Ihrer Inferno-Gruppe Ausländer?«, fragte Anna-Kaisa Holm und fand, dass ihre Bubikopffrisur schöner aussah als die kurzen Haare Laitakaris. Das ließ ihr Selbstvertrauen ein wenig steigen.
»Das hängt davon ab, aus welchem Land der Mensch kommt, dem man diese Frage stellt«, erwiderte Laitakari lachend. »Wir haben jedenfalls ausschließlich mit einheimischen Kräften gearbeitet.«
Also gab es auch hier keine Verbindung zu Vietnam, erkannte Riitta Kuurma enttäuscht. »Was haben Sie in Miami am Montag zwischen neun und elf Uhr gemacht?«, fragte sie.
»Carlos ist um acht gegangen. Ich war dann frühstücken, habe gepackt und wohl noch ein Nickerchen gemacht, denn ich war müde. Wir sind erst früh aus dem ›Coconut Grove‹ ins Hotel gekommen und haben kein Auge zugemacht.«
Pauliina Laitakaris Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel, warum sie und Carlos nicht geschlafen hatten. Die Ermittlerin merkte sich, dass die einzige Frau in der Inferno-Arbeitsgruppe kein Alibi besaß. Dann stellte sie Fragen zur wirtschaftlichen Situation von Finn Security und zu all den anderen Dingen, die sie in Erfahrung bringen wollte. Die Gastgeberin antwortete präzise, aber schon bald sah man, dass die ständigen sehr detaillierten Nachfragen sie langweilten.
Anna-Kaisa Holm wollte noch wissen, ob sie eine Ahnung hätte, was das Stück Code bedeutete, das man bei Protaschenko gefunden hatte.
Pauliina Laitakari lachte schrill. »Das werden Sie wohl nie herausbekommen. Es kann nahezu alles Mögliche sein. Tommila ist der einzige, der Inferno durch und durch kennt. Fragen Sie diesen Teenagerclown.«
Bis zum Schluss hatte sich Riitta Kuurma die aus ihrer Sicht wichtige Frage nach der Hintertür aufgehoben. Wenn die nun ganz entspannte Frau darauf überrascht reagieren würde, könnte das etwas verraten. Bei der SUPO wurde oft trainiert, wie man Gesten und Mimik erkannte und interpretierte.
»Ist es möglich, dass jemand im Inferno-Programm irgendeines Unternehmens eine versteckte Hintertür installiert hat?«
Riitta Kuurma war sich nicht sicher, ob die Verdächtige zusammenzuckte oder nur zufällig gerade ihre Haltung änderte. Pauliina Laitakari antwortete jedoch ganz gelassen, sie glaube nicht, dass sich irgendwo ein
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