Finnisches Quartett
übertrieben feierlich.»Schluß mit der Zerstörung der Umwelt und der Ausbeutung von Kindern als Arbeitskraft. Die Großkonzerne werden gezwungen …«
»Hör auf«, rief Gloria erbost. »Schon mit dem ersten Anschlag ist unheimlich viel erreicht worden.«
Scott sah beleidigt aus. »Du weißt genausogut wie ich, daß der Plan erst am Anfang steht.«
»Beschwere dich bei den Dutzenden Millionen indischen Kindern, deren Lebensbedingungen sich nach dem Anschlag in Indien verbessert haben.« Der erste Anschlag von Final Action, der einem Betrieb zur Verarbeitung von Baumwollsamen gegolten hatte, in dem Kinder schufteten, war perfekt gelungen und hatte den Namen der Organisation in allen Massenmedien der Welt und in jeder Behörde der Gesetzeshüter bekannt gemacht. Gloria war immer noch stolz, daß sie dem Chef von Final Action vorgeschlagen hatte, bei der Auswahl von Mißständen, die einen Anschlag rechtfertigten, die Kinderarbeit zu berücksichtigen.
Die Falten auf Scotts Stirn wurden tiefer. »Die besten Anschläge kommen erst noch. Zumindest Exxon Mobil müßte erledigt werden.«
Gloria schnaufte abfällig. »Die sind auch nicht schlimmer als die anderen Unternehmen auf der Liste, jedes von ihnen hat es verdient, eine aufs Maul zu bekommen.«
Scott wurde wütend. »Exxon ist der größte Umweltverbrecher der Welt. Und es hat mit seiner Unterstützung George W. zur Präsidentschaft verholfen. Deswegen hat W. als erstes nach seinem Machtantritt die USA aus den Abkommen über den Klimaschutz herausgelöst. Selbst das Kyoto-Protokoll interessiert die USA einen Scheiß. Und nun wirbt Exxon noch eifriger Politiker und Beamte an, die dann als Sprachrohr des Konzerns agieren.«
Gloria warf einen Blick auf ein gerahmtes Foto von AlCapone mit Schlapphut und dann auf die alten Revolver, Flinten und Handschellen in einer mit Gittern verschlossenen Vitrine. »Was hat der Chef jetzt vor?«
»Wird er es wagen, die nächste Zelle zu aktivieren, bevor er weiß, was in Den Haag geschehen ist?« antwortete Scott mit einer Frage. Das einzige Verbindungsglied zwischen den Zellen von Final Action war der unbekannte Chef, der jeweils eine Zelle aktivierte. Wenn die Behörden nach einem Terroranschlag versuchten, die Täter zu fassen, war die Zelle, die den Anschlag ausgeführt hatte, längst in der Illegalität verschwunden, und die nächste Zelle bereitete sich auf ihre Aufgabe ganz woanders in der Welt vor. Die Zellen wußten nichts voneinander und konnten einander deswegen auch nicht verraten.
»Wer ist es, was tippst du?« Scott stellte die ewige Frage in den Raum, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.
»Hör auf damit, das werden wir nie erfahren. Wenn der Chef seine Identität verrät, ist er für den Rest seines Lebens auf der Flucht vor dem Gesetz.«
Scott schien zu resignieren. Er betrachtete mit ernster Miene ein Interrail-Pärchen, das weit weg an einem Ecktisch mit sich beschäftigt war. Der junge Mann zuckte und krümmte sich in einem hysterischen Lachanfall, es sah so aus, als bekäme er keine Luft, sein Gesicht war verzerrt, als würde er gleich ersticken. Das Mädchen beachtete ihren Gefährten überhaupt nicht, kicherte nur vor sich hin und verschlang gierig Schokoladenplätzchen, ihre Mundwinkel waren ganz braun.
»Der Chef hat geschworen, daß Final Action einmal größer wird als die ELF«, sagte Gloria so leise, daß Scott es nicht hörte. Vor den Terroranschlägen im September 2001 war die Ökoterroristengruppe Earth Liberation Front die gefürchtetste Terrororganisation in den USA gewesen. Die ELF-Aktivisten hatten Unternehmen und Forschungsinstitute,die die Umwelt zerstörten, überall in Amerika sabotiert und Schäden in Höhe von Hunderten Millionen Dollar verursacht.
Gloria fürchtete, daß der geniale Plan von Final Action nie verwirklicht werden würde. Der Chef hatte das Wesentliche erkannt: Mit Demonstrationen erreichte man keine Veränderungen, jetzt mußte man schockieren. Final Action sollte bei den Unternehmen, die weltweit die schlimmsten Umweltverschmutzer waren und die Naturressourcen und Arbeitskräfte besonders rücksichtslos ausbeuteten, neben den wirtschaftlichen Verlusten auch solche Schäden bewirken, die von den Versicherungen nicht ersetzt würden. Wenn über die Terroranschläge und die Vergehen der Unternehmen, die als Ziel dieser Anschläge ausgewählt wurden, überall in der Welt wirkungsvoll berichtet würde, dann würden Gerichtsverfahren gegen diese Unternehmen
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