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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Weltwirtschaft auswirken würde.
    Die in weiße Overalls gekleideten Männer des kriminaltechnischen Labors beschäftigten sich vorsichtig mit der Leiche und ihrer Umgebung, die Stelle war in helles Kunstlicht getaucht. Einer der Ermittler filmte den Tatort mit der Videokamera, und ein anderer fotografierte die mit Zahlenschildern markierten Beweise. Ratamo rief einen der in der Nähe beschäftigten Kriminaltechniker zu sich und stellte sich vor. Das Interesse des Mannes wurde sofort geweckt. Die Sicherheitspolizei schickte selten ihre Ermittler an den Tatort eines Verbrechens.
    »Kein Blut, keine eindeutigen Anzeichen für ein Verbrechen«, sagte der Techniker, noch bevor Ratamo fragen konnte. »Der Notarzt vermutete ganz überraschend, daß der Tod durch Alkohol verursacht wurde«, fuhr der Techniker fort und hielt sich die Nase als Zeichen dafür, daß dies ein Witz sein sollte. »Was sucht die SUPO hier?«
    »Wer leitet das hier?« Ratamo deutete mit der Hand in Richtung Elvas und hatte nicht die Absicht, auf die Frage des Technikers zu antworten.
    »Kriminalkommissar Virtala. Er ist in dem Kabinett im Hotelfoyer und verhört das Personal.«
    Ratamo beobachtete einen Augenblick die Spurensicherung am Tatort: An den Kleidungsstücken des Physikers wurden mit Pinzette und Faserklebeband Proben entnommen, größerer Abfall wurde von der Straße gesaugt, Entfernungen wurden gemessen und die numerierten Beutel mit möglichen Beweisstücken in einem Karton gesammelt. Einer der Techniker markierte die Grenzen des untersuchten Bereichs neu, sobald seine Kollegen wieder ein Stück vorangekommen waren. Ratamo verließ den Tatort, als der Fotograf ihn bat, aus dem Wege zu gehen. Eine Polizistinschaltete eine merkwürdig aussehende Lampe an, mittels der man ansonsten unsichtbare Fußspuren fotografieren konnte.
    Durch die Tür des Hotels strömten in beiden Richtungen Gäste der Maifeier, so daß Ratamo eine Weile warten mußte, bis er an der Reihe war. Er betrachtete die Granitfassade des grauen Jugendstilschlosses und kam zu dem Schluß, daß die Entwicklung nicht immer zum Besseren verlief. So etwas Prächtiges hatte man in Helsinki jahrzehntelang nicht gebaut.
    Die mit großen Kupfernieten verzierte massive Holztür wog bestimmt eine Tonne, ging aber ganz leicht auf. Die Gewölbebögen im Foyer des Hotels erinnerten an eine mittelalterliche Kirche. Musik hallte durch die Flure, überall im Foyer und auf den Treppen lagen Papierschlangen und andere Requisiten der Maifeier herum und auch Veteranen, ehemalige Studenten der TH, mit roten Nasen und Bommeln an ihren Mützen.
    Ratamo bewunderte die kunstvoll an die Säulen und die Decke gemalten Ornamente, allenthalben sah man nationalromantische Motive. Dann blieb sein Blick an einem Mann mittleren Alters hängen, der einer die Treppe hinaufsteigenden Frau nachschaute und dabei ihren Rocksaum mit der Nase berührte. Der Alte machte einen Witz und bekam dafür mit dem Stöckel einen Tritt in den Bauch.
    Ratamo klopfte im Foyer am Eingang zum Kabinett, trat ein und ließ den Lärm hinter sich zurück, als er die Tür schloß. Die Glasmalereien der geschwungenen Fenster in dem großen Raum zerlegten das hereinströmende Licht in das Farbspektrum.
    Ein etwa vierzigjähriger blonder Mann gab gerade einem Kellner mit Pferdeschwanz die Hand.
    »Virtala?« fragte Ratamo, als der Kellner gegangen war, und zeigte kurz seinen Dienstausweis.
    »Warum interessiert sich die SUPO für diese Sache?« fragte auch Kriminalkommissar Virtala. Er wartete einen Augenblick vergeblich auf eine Antwort und kam dann zur Sache. »Der Tote ist Professor Hannu Juhani Elvas, zweiundsechzig Jahre, geschieden, zwei Kinder, wohnt allein, keine Eintragungen in den Registern. Den frühen Abend oder eigentlich den ganzen Tag hat er feuchtfröhlich verbracht, genauer gesagt, äußert feucht, verlassen hat er das Hotel zwischen achtzehn Uhr fünfzehn und achtzehn Uhr fünfundvierzig. Seiner Ex-Frau und auch den Kindern hat man es mitgeteilt. Nach Augenzeugenberichten war Elvas betrunken wie ein arbeitsloser Bassist.«
    »Wer hat den Toten gefunden?« fragte Ratamo.
    »Eine Gruppe Jugendlicher, sie haben wahrscheinlich versucht, den vermeintlich eingeschlafenen Mann vor sich her zu rollen. Und der Ort, wo man ihn gefunden hat, ist höchstwahrscheinlich auch der Ort, wo der Tod eingetreten ist. Wir waren neunzehn Uhr vierzig hier, haben die Feier im Lord unterbrochen und von allen die Namen aufgenommen. Der Fall

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