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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Geschwister nahmen immer, wenn sie sich trafen, irgendeinen Teilbereich der militärischen Ausbildung Ezraels durch, so mußte sich Ezrael im Laufe eines Monats fast alles in Erinnerung rufen, was er von den Spezialisten der Wahren IRA gelernt hatte.
    Nachdem dies geschehen war, ließ Mary auf dem Altartisch Bilder des Finnen Lasse Nordman und der Österreicherin Ulrike Berger zurück, der Verräter, an denen sich Ezrael irgendwann in den nächsten Tagen rächen durfte. Sie verabschiedete sich von ihrem Bruder, ging hinaus und holte dabei die Zigaretten aus ihrer Handtasche. In der Kirche erlaubte Ezrael das Rauchen nicht.
    Ezrael öffnete die Briefumschläge, die Mary dagelassen hatte, und holte das Foto von Ulrike Berger heraus. Irgend etwas Dunkles und Gestaltloses regte sich in ihm, als er die schulterlangen blonden Haare der Frau, ihren dünnen Körper und die Römernase betrachtete. Woher kannte er die Frau?

12
    »Aus der Sicht eines alten Mannes sieht es so aus, als wäre der Oberkommissar gestreßt.« Jussi Ketonen beobachtete Arto Ratamo, der nervös im Beratungsraum A 310 in der obersten Etage der Ratakatu 12 hin und her ging. »Dabei haben diese Ermittlungen noch nicht einmal richtig angefangen.« Ketonens enormer Bauch wogte auf und ab, als er die Hände unter die Hosenträger schob.
    »Gestreßt ist der Mensch erst, wenn er von seinem eigenen Schrei aufwacht, obwohl er gar nicht schlafen gegangen ist«, erwiderte Ratamo und ordnete seine Unterlagen auf dem lackierten ovalen Beratungstisch. Ketonens Kommentar wurmte ihn, wenn er auch gut gemeint war. Schließlich hatte Ratamo in den letzten drei Jahren viele schwierige Ermittlungen durchgeführt, neben der Arbeit die Polizeifachhochschule absolviert und sich allein um sein Kind gekümmert. Kein Wunder also, wenn da zuweilen die Nerven etwas angespannt waren. Außerdem war er müde, obwohl er am Vorabend so viel Verstand besessen hatte, den Schweinestall rechtzeitig zu verlassen und nach Hause zu gehen. Seine Schlafprobleme wurden immer schlimmer. Und wieder verbrachte er den Sonntag auf der Arbeit. Plötzlich fielen ihm die Geschichten der Künstler aus dem Schweinestall ein, und da hatte er das Gefühl, ein ernster, humorloser Mensch zu sein.
    Die beiden Männer warteten auf Ketonens Nachfolgerin Ulla Palosuo; die Frau, die sich ein knappes Jahr lang eingearbeitet hatte, würde die Leitung der SUPO am 14. Mai übernehmen, in etwa zwei Wochen.
    Die Tür ging auf, und herein trat eine kleine Frau, die durch ihre an einen Termitenbau erinnernde Frisur mittelgroß wirkte. Ulla Palosuo auf den Fersen folgte der Ermittler Ossi Loponen, der einen Stapel Ordner trug. Der gequälte Gesichtsausdruck, mit dem er Ratamo anschaute,sagte mehr aus als tausend Feldberichte. Loponen, der im Ruf stand, leidlich faul zu sein, wurde anscheinend etwas abverlangt, überlegte Ratamo amüsiert. Ossi sah aus wie fünfzig, war aber noch nicht mal fünfunddreißig.
    Ratamo begriff nicht, wie Ulla Palosuos zeltartige Haartracht zusammengehalten wurde. Er beobachtete, wie der in einen schwarzen Hosenanzug gekleidete mollige Körper der künftigen SUPO-Chefin auf die andere Seite des Beratungstisches schaukelte. Das würde ihr erster gemeinsamer Fall werden.
    Ketonen nickte, und Palosuo ergriff das Wort. »Es ist etwas passiert. Sogar sehr viel. Eine Gruppe von Ökoterroristen namens Final Action hat einen Anschlag auf die Zentrale von Dutch Oil in Den Haag verübt. Einer der drei Terroristen wurde heute früh gefaßt, der Mann ist ein Finne.«
    »Wer?« fragte Ratamo.
    Palosuo tat so, als hätte sie es nicht gehört. »Der holländische Nachrichtendienst AIVD hat von dem Ölkonzern keine Bestätigung des Schadensumfangs erhalten, aber es wird vermutet, daß die Schäden sehr groß sind. Der Konzern Dutch Oil ist riesig, er arbeitet in hundertfünfundvierzig Ländern, beschäftigt hundertzwanzigtausend Menschen, und seine Umsätze betrugen im letzten Jahr über zweihundert Milliarden Dollar.«
    »Wollten wir nicht über die Ermittlungen im Fall Elvas sprechen?« fragte Ratamo verwundert, obwohl ihn die Ereignisse in Den Haag natürlich interessierten
    »Warte einen Augenblick, du wirst es gleich verstehen«, entgegnete Palosuo trocken. »Berichte über dieses finnische Mitglied von Final Action, befahl sie Loponen.
    »Der Mann heißt Lasse Nordman«, Loponen verkündete den Namen wie ein großes Geheimnis.
    »Ach du Scheiße«, entfuhr es Ratamo. »Da werden sich die Medien aber

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