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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Kind.
    »Akseli … hat mir … von den Kommissaren erzählt. Akseli Saarnivaara. Pastor«, flüsterte Hannele aus der Milchstraße chemischer Substanzen, die in ihrem Kopf kreiste. Sie schwankte einen Augenblick auf ihrem Stuhl und verlor dann das Bewußtsein. Ihr ängstlicher und erschrockener Gesichtsausdruck erstarrte.
    Der Bärtige steckte Taskinens Morgenrock in seinen Rucksack, an ihm hingen möglicherweise Fasern von derKleidung der Eindringlinge. Der große Mann holte aus seinem Rucksack einen Beutel mit dem notwendigen Zubehör und säuberte dann die Fingernägel und Zähne der Frau und die Körperteile, die sie berührt hatten. Beide wischten den Fußboden da, wo sie gelaufen waren, sie könnten im Staub Spuren hinterlassen haben. Sie hatten Handschuhe benutzt, brauchten sich also nicht um eventuelle Fingerabdrücke zu kümmern. Als die Männer sicher waren, daß in der Wohnung keine Beweise für ihren Besuch zu finden sein würden, verschwanden sie genauso unbemerkt, wie sie gekommen waren.
    Keiner von beiden hatte die gelben Zettel bemerkt, die überall in dem chaotischen Zimmer klebten. Auf alle war nur ein Wort gekritzelt – »Kööpenhamina«.
    Es war Freitag früh, fünf Uhr einundzwanzig.

40
    Ketonen betrachtete Wrede aufmerksam. Der Anwärter auf seine Nachfolge trabte im Arbeitszimmer des Chefs auf und ab und erklärte, was alles gerade zur Klärung der Todesursache von Hannele Taskinen unternommen wurde. Die SUPO hatte vor anderthalb Stunden, um sieben Uhr morgens, von einem anonymen Anrufer den Hinweis erhalten, daß Taskinen tot sei. Musti konnte dem Schotten nicht mehr folgen, sie legte sich vor die Tür, von hier ließ sich alles am besten beobachten.
    Wrede wirkte wie der geborene Leiter. Ketonen konnte sich nicht entscheiden. Was sollte er mit dem Rotschopf machen? Den Dolchstoß in den Rücken konnte er auch nicht einfach vergessen. Aber ein besserer Kandidat für seine Nachfolge bot sich nicht an. Noch etwas anderes bereitete ihm Sorgen. Welche Auswirkungen hätte es auf die Arbeitsatmosphäre, wenn der Schotte Chef wurde? MancheMenschen sorgten überall da, wohin sie kamen, für Freude. Andere überall da, von wo sie weggingen. Wenn Wrede seine Gewohnheiten nicht änderte, zählte er zur letzteren Gruppe.
    Ketonens Laune wurde noch schlechter, als ihm das gestrige Rendezvous einfiel. Es war unhöflich gewesen, daß er sich ganz in seine Gedanken vertieft hatte.
    Er überlegte, wie die Medien reagieren würden, wenn sie von Taskinens Tod Wind bekamen. Der Medienrummel würde noch schlimmer werden, wenn das überhaupt möglich war. Es mußten schnell Ergebnisse her. Wrede aber setzte seinen Vortrag über die technischen Details der Beweisfindung fort. Gleich würde er den Monolog des Rotschopfes unterbrechen.
    Auch Riitta konnte sich nicht konzentrieren. Nach Hannele Taskinens Tod war sie wie gelähmt. Warum erfüllte sie der Tod einer Frau, die sie vor zwei Tagen das erste Mal gesehen hatte, mit so tiefer Trauer? Weil Taskinen krank war? Oder weil sie so zerbrechlich und verletzlich wie ein Kind wirkte? Sie dachte an Ratamo. Gestern am späten Abend hatte sie mit Arto gesprochen und die Einzelheiten des Mordes an Peter Seppälä und der darauffolgenden Ereignisse erfahren. Sie hatte Angst um ihren Mann. Und um sich selbst. Im Privatleben war es ihr noch nie so gut gegangen wie jetzt.
    Ihr Pferdeschwanz war zu straff, und der Kopf tat ihr weh. Sie hatte fast die ganze letzte Nacht nicht geschlafen. Ihre Unruhe steckte wahrscheinlich auch Nelli an, das Mädchen war irgendwann in den frühen Morgenstunden zu ihr ins Bett gekrochen. Plötzlich mußte sie an Hannele Taskinen denken und begriff, wie relativ alles war. Manchen Menschen bescherte das Leben nie etwas Gutes.
    Wrede kam endlich zum Kern der Sache. »… auf der Grundlage der Körpertemperatur, des Rigor mortis und des Häutchens, das sich auf den Augen gebildet hatte, ist Taskinen nach Einschätzung des Notarztes frühestens fünf Stundenvor seinem Eintreffen gestorben, also halb vier nachts. Es kann demzufolge sehr wohl sein, daß die Mörder sich noch in Finnland versteckt halten. Die Grenzübergänge sind informiert …«
    Die Hosenträger knallten so laut, daß Musti zusammenzuckte. Ketonen unterbrach Wrede und bat Kuurma, über Ungarn zu berichten.
    Kuurma sagte, sie habe den Bericht über die Kriminalität in Ungarn fertiggestellt. Sie bemerkte, daß Wrede bleich wie ein Gespenst im Mondschein vor dem Flip-Chart wartete. Der

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