Finns Welt - 01 - Finn released
wahrscheinlich Echsenkrieger mit Hörnern am Kopf auf vierrädrigen Feuerstühlen und werfen brennende Klumpen um sich. Und dazu läuft so komische Esoterikmucke.«
Ich werfe den beiden einen Blick zu und sie verstummen. »Was ist denn in dem Sack da?«, frage ich dann unschuldig, obwohl ich es schon ahne. Die Sonne scheint und der Wind fährt durch ein paar Grasbüschel am Wegesrand, als sei die Welt ganz harmlos. Wäre sie das, wäre der Sack des Bauern allerdings leer.
»Geht euch nichts an«, meckert Bauer Brockmeyer. »Vielmehr könnte ich euch fragen, was ihr morgens auf meinem Feld verloren habt. Ich kann es nicht leiden, wenn jemand darauf herumtollt.«
»Herumtollen ist noch so ein Wort«, sagt Flo zu Lukas, »alt und uncool. Feuerstuhl hingegen …«
»Da sind junge Katzen drin, oder?«, unterbreche ich die sinnlose Diskussion der beiden.
Die Antwort gibt der Sack. Es maunzt in ihm.
»Scheiße, da sind kleine Katzen drin?«, ruft Flo.
»Geht euch nichts an«, wiederholt Bauer Brockmeyer.
»Und ob uns das was angeht!«, sagt Flo und nimmt, ohne es selber zu merken, eine Art Kampfstellung ein. Man müsste ihm jetzt nur noch einen Helm aufsetzen und ein Schwert in die Hand geben.
»Äh, Leute?«, sagt Lukas.
»Wo wollen Sie die Katzen denn ertränken?«, frage ich giftig. »Im Friensee oder im Sturzbach?« Die Knopfaugen des Bauern werden noch kleiner. Da habe ich ihn wohl erwischt. War aber auch leicht. Beide Gewässer liegen in seiner Fahrtrichtung.
»Wisst ihr eigentlich, wie schnell sich die Viecher vermehren?«, fragt er.
»Chinesen vermehren sich ebenfalls schnell«, bemerkt Flo, »aber da käme keiner auf die Idee, einen Sack drum rumzumachen.«
Der Bauer stockt. Dann sagt er: »Ich habe nichts gegen Katzen.«
»Ich habe auch nichts gegen Chinesen«, sagt Flo und funkelt Bauer Brockmeyer herausfordernd an. Doch der beachtet ihn gar nicht.
»Prinzipiell sind sie mir ja nützlich auf dem Hof, aber die Leute lassen ihre Kater frei herumlaufen und kastrieren sie nicht. Irgendwann ist es einfach zu viel des Guten.«
Er wird sie ersäufen, die Kätzchen. So viel ist sicher. Man muss ihm nur zuhören und man weiß, dass es für ihn so logisch ist, wie für andere, ein paar Spinnen aus dem Haus zu kehren.
»Wie viele sind da drin?«, frage ich.
»Vier.«
»Was ist, wenn wir für die vier Katzen ein Zuhause finden?«
Ich wundere mich selbst, dass ich das gerade gesagt habe. Es ist aus mir herausgeplumpst, als hätte ich die Worte ausgeatmet. Bauer Brockmeyer runzelt die Stirn. Ein Auto lässt kurz den Asphalt aufrauschen.
»Wir schaffen das«, bekräftige ich meine Worte und Lukas und Flo sehen mich an, als wäre ich nicht mehr ganz dicht. Offensichtlich hatten sie ihren Tag mal ganz anders geplant. Der Bauer knetet mit seiner groben Hand im Gewebe des Sacks herum. Die Kätzchen fiepen. »Bis heute Abend habt ihr jemanden gefunden oder die Kleinen gehen auf Grund.«
»Abgemacht!«, sage ich.
»Hey, Moment mal«, protestiert Lukas.
Bauer Brockmeyer hält den Sack fest.
»Ja, und jetzt?«, fragt Flo, als wäre es ganz selbstverständlich, dass wir diese Aufgabe gemeinsam meistern. »Nehmen wir die Kätzchen nicht mit?«
»Kostet zu viel Zeit, sie mitzuschleppen«, sage ich. »Die müssen pinkeln und alles. Außerdem sieht das nicht gut aus, so im Sack. Oder wollt ihr vier einzelne Katzenkörbe schleppen?«
»Ich will gar nichts schleppen«, entgegnet Lukas mürrisch, aber Flo und ich ignorieren ihn einfach. Ich hole mein Handy aus der Tasche und Bauer Brockmeyer macht den Sack auf, weil er schon begriffen hat, was ich vorhabe. Ich halte das Handy über die kleinen Köpfchen und Schnäuzchen, die sich dem Sucher entgegenstrecken wie hungrige Vogelkinder. Ich mache ein Dutzend Bilder, stecke das Telefon wieder ein und reiche dem Bauern die Hand. »Bis heute Abend«, sage ich.
»Bis heute Abend!«, brummt er.
Lukas sieht mich unsicher an. »Aber …«
»Ja, was denn aber?«, sage ich ärgerlich.
»Jetzt gehen wir den ganzen Tag ein neues Heim für Katzen suchen, oder was? Werden wir neuerdings von Hello Kitty gesponsert? Hab ich irgendwas verpasst?«
»Willst du, dass die ertränkt werden?«
Lukas antwortet nicht.
»Weißt du, wie das ist, ertränkt zu werden? Wenn einer dich unter Wasser drückt und sich deine Lungen langsam füllen?«
»Ist ja gut.«
»Wir sollen doch draußen rumlaufen«, versucht Flo, ihn endgültig zu überzeugen. »Wie Herr Broich gesagt hat. Jetzt haben wir
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