Finns Welt - 02 - Finn reloaded
sehen? Da lag nicht mal Staub. Von den Holzdielen konnte man essen. Ich wollte extra zum Bäcker gehen und Schwarzwälder Kirschtorte kaufen, um sie mit der kleinen Gabel direkt vom Boden zu picken.«
»Ja, und?«
»Männer, die mit einer Frau zusammenziehen, lassen die Socken nicht liegen, um die Frau absichtlich zu ärgern, sondern weil sie das bei sich zu Hause auch immer so gemacht haben. Aber ein Mann, der seine eigene Wohnung schon immer freiwillig sauber hielt, ohne dass eine Frau da war, der fängt dann nicht bei der Frau an, sein Schweißfußtextil fallen zu lassen.«
»Wenn er sich gestresst fühlt, schon.«
»Er hat Zeit, sich über Gott und die erhabenen Zahlen Gedanken zu machen! Wie gestresst mag er sich da wohl fühlen?«
»Ich weiß nicht, was du auf einmal wegen einer Socke hast.«
»Socken sind der Kern der Männlichkeit! Alles dreht sich um Socken und wie man mit Socken umgeht. So steht es schon in der Bibel, Matthäus, Kapitel 7, Vers 20: ›An ihrem Fußtuch sollt ihr sie erkennen!‹«
»Echt?«, fragt Lukas. »Das steht da?«
»Du hast doch selbst immer erzählt, sogar dein echter Papa wäre wegen Socken aus dem Haus geflogen!«
»Meine Mutter sagt, damals waren die Socken nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat«, erwidert Flo. »Irgendwie hat mein echter Vater es wohl lange vorher mit Ärger vollgemacht.«
»Aha. Und seither hat Sophia es nie mehr ausgekippt und bei jedem weiteren Mann reicht direkt ein Tropfen.«
»Du redest gegen Heiner!«, sagt Flo. »Wieso machst du das? Erst der Mist mit den 0 Treffern bei Google und jetzt die eine blöde Socke. Er ist mein neuer Papa. Ich hatte nicht mehr daran geglaubt, überhaupt einen zu finden. Wir haben eine Quest gemacht deswegen, die gnadenlos gescheitert ist. Und jetzt ist hier der optimale Mann eingezogen und …«
»Es gibt keinen optimalen Mann!«, brülle ich. Ich muss es jetzt verraten. Kein Weg zurück. Ich seufze und erzähle Flo und Lukas von dem Telefonat, das ich gehört habe. Flo geht wie ein Tiger im Käfig auf und ab.
Lukas sagt: »Ich finde das jetzt nicht so schlimm. Wenn ich den Jungs beim Fußball von Vivien erzähle, sage ich auch, sie ist unglaublich. Ich nenne sie sogar ›meine Schnecke‹. Mehmet sagt ›meine Alte‹, wenn er über seine Freundin spricht.«
»Mag ja sein, aber warum sagt er zu jemandem, er soll ihn nicht anrufen? Und warum sagt er: ›Ich bin drin?‹ Und warum sagt er, der Andere habe schon recht gehabt?«
»Frag ihn doch einfach«, sagt Lukas.
»Bist du verrückt? Was, wenn mein Gefühl richtig ist und er hat ein böses Geheimnis?«
»Dann legt er dich um, wirft dich in den Teich und deine Leiche kommt – flutsch – am Meeresboden zwischen Neuseeland und der Antarktis wieder heraus. Leise schwebt sie in zehn Kilometern Tiefe zwischen Riesenkraken und geheimnisvollen Quallen dahin.«
»Warum nimmst du das nicht ernst?«
»Weil das hier das echte Leben ist, Finn. Da gibt es keine großen Geheimnisse.«
»Und was ist mit dem Mann, der zwei Familien hatte, die nichts voneinander wussten? Neulich, im Fernsehen?«
»Im Fernsehen werden die Leute dafür bezahlt, irgendwelche Lügen über sich zu erzählen, damit man eine coole Geschichte hat. Das weißt du doch. Jan-Eric hat uns bei der Quest ständig darum gebeten, unser Leben mit ein paar Lügen etwas spannender darzustellen.«
»Er hat zu jemandem gesagt: ›Du hattest recht. Sie ist wirklich unglaublich.‹ Er hat ›scharfer Hase‹ gesagt. Was soll man denn davon halten? Das klingt ja so, als hätte er geplant, hier vorbeizukommen und irgendwann einzuziehen!«
Flo schnauft. Er ist knallrot. Er sieht aus, als wolle er mir gleich mit den Fäusten ins Gesicht schlagen. »Und wieso sollte er das tun?«, presst er durch die Zähne.
Das frage ich mich auch.
Ich will Flo nicht seinen neuen Vater nehmen.
Ich will, dass ich mit meinem Gefühl unrecht habe.
Mir fällt etwas ein. »An dem Abend von Sophias Party, als Heiner sie bei uns abholte. Da hat er meinen Vater gefragt, ob die Tür der Druckerei nie abgeschlossen sei. Vielleicht wollte er die Manuskripte der berühmten Schriftstellerin stehlen. Immerhin tauchte er hier auf, kurz nachdem sich das Gerücht verselbstständigt hatte, Sophia wäre Suzanne Myers.«
Flo wirft mein Matheheft gegen die Wand. »Er ist mit ihr zusammen, du Erbsenhobel! Er weiß, dass sie es nicht ist!«
»Ja, was weiß denn ich? Ich habe jedenfalls gehört, was ich gehört habe!«
Flo
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