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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte, stand er auf. Die Brüstung
war breit genug, um einigermaßen sicher darauf zu stehen, aber ich hätte es ungern getan. Es verursachte ein seltsames Gefühl im Magen, Kirkus dort oben zu sehen. Er stand ziemlich gerade, die Knie ein wenig gebeugt, die Arme balancierend ausgestreckt.
    »Okay«, sagte ich. »Toll. Jetzt komm wieder runter.«
    »Glaubst du nicht, dass ich springe?«
    »Ich glaube es. Komm runter, ja?«
    »Warum?«
    »Weil du mir Angst machst.«
    »Es macht dir was aus, wenn ich springe?«
    »Natürlich. Komm schon, Rudy. Ich will nicht, dass du dich verletzt.«
    »Du tust doch nichts anderes, als mich ständig zu verletzen.«
    »Das ist nicht … ich mach es nicht absichtlich. Es ist nur … du kannst manchmal wirklich nerven, und es macht Spaß, dich zu verarschen. Aber das ist kein Grund, von einer Brücke zu springen. Schon gar nicht von einer so niedrigen .«
    »Du Dreckskerl.«
    »Es tut mir leid. Okay? Komm einfach runter. Glaub mir, du willst nicht springen. Ich will nicht, dass du springst. Wir sind doch Freunde, oder?«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    Irgendwo hinter und unter Kirkus klatschte jemand ein paarmal schnell hintereinander in die Hände. Eine raue Stimme rief: »Komm, spring schon, Püppchen. Wir fangen dich.« Wieder wurde zweimal in die Hände geklatscht.
    Kirkus blickte hinab und schrie: »Oh mein Gott!« Er
verlor das Gleichgewicht, wedelte mit den Armen und versuchte, sich zu stabilisieren.
    Die Zuschauer unter ihm - die Geräusche, die sie von sich gaben, ließen auf fünf oder sechs Leute schließen - pfiffen, jubelten und klatschten.
    Ich schlang meine Arme um Kirkus’ Oberschenkel und zog fest an ihm. Mit einem weiteren Aufschrei stürzte er.

53
    Auf mich.
    Sein Gewicht warf mich nach hinten, ich fiel von der Bordsteinkante auf die Straße, und er landete auf mir. Mein Rücken knallte auf den Asphalt. Dann schlug mein Kopf auf. Dong! Der Aufprall schüttelte mein Hirn durch. Kurz blitzten Sterne vor meinen Augen auf.
    Kirkus rollte sich von mir herunter. Auf Händen und Knien sah er auf mich herab und keuchte: »Alles in Ordnung?«
    Ich stöhnte.
    »Oh mein Gott.«
    »Ich werd’s überleben«, nuschelte ich.
    »Was hab ich nur angerichtet?«
    »Mach dir keine Sorgen. Hilf mir … einfach auf.«
    »Nein, nein, du solltest dich nicht bewegen. Ich rufe einen Krankenwagen.«
    »Nein. Mir geht’s gut.«
    »Du könntest eine Gehirnerschütterung haben oder …«

    Ich griff nach seinem Arm und packte fest zu. »Hilf mir einfach auf. Es wird schon gehen. Ich bleib ganz sicher nicht … hier liegen, während du … losläufst, um einen Krankenwagen zu rufen. Ich will nicht, dass sie mich kriegen.«
    »Sie scheinen ziemlich … widerwärtig zu sein.«
    »Wir müssen abhauen.«
    Er hob den Kopf und blickte sich um. »Vielleicht hast du Recht.«
    Ich ließ seinen Arm los und stützte mich auf die Ellbogen. Mein Kopf tat weh und fühlte sich zu schwer für meinen Hals an, aber er schien nicht zu bluten. Zumindest lief mir kein Blut ins Gesicht oder in den Nacken.
    Ich drehte langsam meinen Kopf. Ein Auto näherte sich, war aber noch ein paar Kreuzungen entfernt. Keine Spur von den Leuten unter der Brücke.
    Kirkus hockte sich hinter mich, griff mir unter die Achseln und half mir, mich aufzusetzen. Dann hielt er mich fest, während ich mühsam auf die Beine kam.
    »Danke«, sagte ich.
    Er hielt mich immer noch.
    »Du kannst loslassen.«
    »Fällst du auch nicht um?«
    »Wir müssen von der Straße runter.«
    Er trat neben mich und umklammerte meinen linken Oberarm. Ich taumelte von der Straße auf den Bürgersteig. Mit der freien Hand betastete ich meinen Hinterkopf. Dort war eine dicke Beule. Als ich sie berührte, zuckte ich vor Schmerz zusammen.
    Das Auto hatte beinahe die Brücke erreicht.

    »Mann oder Maus«, murmelte ich.
    »Bitte?«
    »Nichts.« Sofort wünschte ich, ich hätte das Spiel nicht erwähnt. Es gehörte Casey und mir, und ich kam mir schäbig vor, weil ich in Kirkus’ Gegenwart davon gesprochen hatte.
    Der Wagen kam näher. Im Scheinwerferlicht musste ich die Augen zusammenkneifen. Ich sah zur Seite. Das Auto fuhr vorbei.
    Kirkus hielt weiter meinen Arm fest, drehte mich nach Süden und führte mich. Nach ein paar Schritten bemerkte ich, was vor sich ging. »Hey«, sagte ich. »Brr, stehen bleiben.«
    Er zog mich weiter vorwärts.
    »Falsche Richtung«, sagte ich.
    »Ich bringe dich nach Hause.«
    »Nein. Ich geh nicht zurück.«
    »Ich muss darauf

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