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Finster

Titel: Finster Kostenlos Bücher Online Lesen
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rannten weiter. Wir ließen Block um Block hinter uns, schnappten nach Luft und blickten uns ständig um, während unsere Schuhe über den Asphalt der Bürgersteige und Straßen flogen. Ein paarmal versteckten wir uns vor vorbeifahrenden Autos.
    Aber die meiste Zeit rannten wir einfach. Ich achtete kaum darauf, wo wir waren … solange wir nur weg von der Brücke liefen. Dann stieß Eileen mich an und zeigte über einen leeren Parkplatz auf einen Speed-D-Mart mit einem Waschsaloon daneben. Beide hatten rund um die Uhr geöffnet.
    »Los, komm«, keuchte sie.
    Während wir über den Parkplatz rannten, dachte ich,
sie wollte in eines der beiden Gebäude … um sich dort in Sicherheit zu bringen? Dann erkannte ich ihr Ziel: die beiden Telefonzellen zwischen den Eingängen.
    Der schmale Bürgersteig davor war leer.
    Ungewöhnlich, dachte ich.
    Obwohl ich zwischenzeitlich die Orientierung verloren hatte, wusste ich nun wieder, wo wir waren. Ich hatte schon oft im Speed-D-Mart eingekauft. Meist trieben sich dort Schnorrer herum, latschten mit ausgestreckten Händen durch die Gegend und fragten murmelnd nach Geld.
    Aber nicht heute Nacht.
    Ich kann mir schon vorstellen, wo sie sind, dachte ich. Sie gönnen sich gerade einen kleinen Mitternachtssnack.
    Es ist bereits weit nach Mitternacht.
    Anstatt sich eins der Telefone zu schnappen, drehte sich Eileen um und ließ sich gegen die Mauer fallen. Sie rang nach Atem. Mit dem Ärmel wischte sie sich das Gesicht ab.
    »Alles klar bei dir?«, flüsterte ich.
    »Soll das ein Witz sein? Mein Gott! Hast du gesehen, was sie gemacht haben?«
    »Ich glaub schon.«
    »Mein Gott!«
    »Tja, wir haben sie abgehängt.«
    »Sie haben ihn gefressen .«
    »Sah so aus.«
    »Aaahhh!«
    »Schon gut. Wir sind entkommen.«
    »Wir müssen die Polizei rufen«, keuchte sie. »Vielleicht können sie die Typen festnehmen.«
    »Hoffentlich.«

    »Bist du einverstanden?«
    »Ja.«
    »Ich glaube nicht … dass wir uns Sorgen machen müssen … beschuldigt zu werden.«
    Ich nickte. Jeder Hinweis auf Eileen oder mich am Tatort wäre unerheblich. Außerdem hatte die Bande von Trollen wahrscheinlich alle Spuren verwischt.
    »Ich erledige das«, sagte Eileen. Sie stieß sich von der Wand ab und taumelte zu einem der Telefone.
    »Ich glaub, wir haben keine Münzen.«
    »Macht nichts. Man kann … der Notruf ist kostenlos.«
    »Ach so.« Das hatte ich nicht gewusst.
    Sie nahm den Hörer ab und tippte die Notrufnummer.
    »Anonym?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Keine gute Idee?«
    »Ist wohl das Beste.«
    »Ja«, sagte sie in den Hörer. »Am Mill Stream unter der Division-Street-Brücke wird jemand ermordet.« Sie legte auf. »So.« Sie hob den Hörer ein weiteres Mal, hielt ihn mit dem Ärmel ihres Sweatshirts und wischte ihn ab. Dann hängte sie ihn wieder ein und putzte mit dem Ärmel über die Tastatur. »Lass uns abhauen.«
    Wir liefen um die nächste Ecke und die Häuserzeile entlang. Nachdem wir nochmal abgebogen waren, hörten wir auf zu rennen. Wir waren außer Atem. Eileen nahm meine Hand. Wir gingen schnell, ohne zu reden, und behielten aufmerksam die Umgebung im Auge.
    Einmal gingen wir in Deckung, als sich ein Auto näherte. Danach versteckten wir uns nicht mehr, bis wir beinahe
meine Wohnung erreicht hatten. Neben uns ragte der schmiedeeiserne Zaun des Friedhofs auf. »Komm, wir gehen da rein«, sagte ich.
    Eileen blickte hinter uns.
    »Los, komm.« Ich zog an ihrer Hand.
    »Warum?«
    »Ich will auf Nummer sicher gehen.«
    Erst dachte ich, sie würde sich sträuben, aber sie ließ sich von mir durch das Tor auf den alten Friedhof führen. Die Fenster der Kirche vor uns waren alle dunkel. Der Friedhof wurde lediglich vom schwachen Schein der nahen Straßenlaternen beleuchtet. Durch die Stäbe des Zauns konnte ich den Bürgersteig erkennen, auf dem wir gerade noch gegangen waren.
    »Was hast du vor?«, flüsterte Eileen, während wir zwischen den Grabsteinen entlangschritten.
    Die meisten waren zu klein, um sich dahinter verstecken zu können.
    »Hier.« In der Nähe des Zauns befand sich eine Gruft von der Größe eines kleinen Schuppens. Wir kauerten uns dahinter nieder.
    »Was machen wir hier?«, fragte Eileen noch einmal.
    »Ich will nur sichergehen, dass uns niemand folgt.«
    »Hast du jemanden gesehen?«
    »Nein.«
    »Na, Gott sei Dank.«
    In der darauffolgenden Stille blickte sie sich auf dem Friedhof um. Wir hockten beide mit dem Rücken zur Gruft, ohne uns an die Mauer hinter uns zu lehnen.
    Ich

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