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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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verdrehen, gewiß nicht das Recht. Es war die kriminelle , die mens rea , die wirklich zählte (hatte er gelesen), und keiner konnte behaupten, daß seine Absicht an jenem Nachmittag vor einem Jahr kriminell gewesen sei...
    «Also?» fragte Lewis, als Michaels das letzte Blatt hingelegt hatte.
    «So ungefähr ist es abgelaufen, ja.»
    «Sie haben keine Bedenken, das zu bestätigen?»
    «Warum sollte ich? An ein oder zwei Kleinigkeiten hätte ich mich nicht mehr erinnert, aber... ja, ich werde es unterschreiben.»
    «Wir wollen keine Unterschrift. Wir müssen Sie bitten, Ihre eigene Aussage zu machen.»
    «Kann ich diese nicht einfach abschreiben?»
    Lewis lächelte schwach, schüttelte aber den Kopf. Eigentlich mochte er Michaels. «Letztes Mal gaben Sie vor —gaben Sie vor —, daß Sie nicht die geringste Ahnung hätten, wo eine Leiche sein könnte. Richtig?»
    «Ja», sagte Michaels.
    «Und dann, diesmal, gaben Sie noch immer vor, daß Sie es wirklich nicht wüßten?»
    «Ja», sagte Michaels.
    «Warum haben Sie dann Chief Inspector Morse in die richtige Richtung gelockt?»
    «Doppelte Täuschung, nicht wahr? Wenn ich mich vage genug ausdrückte, und sie fanden die Leiche, würde niemand annehmen, daß ich etwas mit dem Mord zu tun hätte.»
    «Wer hat Ihnen gesagt, daß es Mord war?»
    «Der Bursche, der da in Pasticks Wache schob: großer Kerl, dunkelblaue Uniform und karierte Mütze — ein Polizist, nehme ich an.»
    Der Constable, der breitbeinig vor der Tür des Sprechzimmers stand, nutzte die Tatsache aus, daß Lewis ihm den Rücken zukehrte, und lächelte gelassen.
    «Warum haben Sie den Rucksack nicht auch in den See geworfen?» fuhr Lewis fort.
    Zum erstenmal zögerte Michaels. «Wäre besser gewesen, zugegeben.»
    «War es, weil Daley ein Auge auf den Fotoapparat geworfen hatte — und das Fernglas?»
    «Na ja, eins ist sicher: Fr kann es Ihnen nicht mehr sagen, nicht?»
    «Sie hören sich nicht so an, als ob Sie ihn besonders mochten?»
    «Er war ein dreckiges, gemeines, kleines Schwein!»
    «Aber Sie kannten ihn doch nicht besonders gut?»
    «Nein. Ich kannte ihn fast überhaupt nicht.»
    «Was war mit dem letzten Freitagabend?»
    «Was war mit letztem Freitagabend?»
    Lewis ließ es dabei bewenden. «Sie sind ihm nie vorher begegnet, bei Ihren kleinen Treffen in Park Town?»
    «Nein! Ich war erst vor kurzem dazugekommen», log Michaels. «Hören Sie, Sergeant, ich bin nicht stolz auf die Sache. Aber haben Sie noch nie den Wunsch gehabt, sich einen Sexfilm anzusehen?»
    «Ich habe eine Menge gesehen. Wir kassieren hier und da öfter welche ein. Aber was mich betrifft, ich ziehe Spiegeleier mit Pommes frites vor. Wie ist das mit Ihnen, Constable Watson?» fragte Lewis und drehte sich auf seinem Stuhl um.
    «Ich?» sagte der Mann an der Tür. «Ich würde mir allemal lieber einen Sexfilm ansehen.»
    «Aber Sie würden nicht wollen, daß Ihre Frau davon weiß?»
    «Nein, Sarge.»
    «Und Sie auch nicht, Mr. Michaels, nicht wahr?»
    «Nein. Ich würde nicht wollen, daß sie von irgend etwas dieser Art weiß», sagte Michaels leise.
    «Ich frage mich, ob Mrs. Daley es wußte — über ihren Mann, meine ich.»
    «Keine Ahnung. Wie ich sagte, ich wußte eigentlich nichts über den Mann.»
    «Letzte Nacht wußten Sie, daß er ermordet worden ist.»
    «Das wußten viele Leute.»
    «Und viele Leute wußten es nicht .»
    Michaels schwieg.
    «Er wurde mit einem Sieben-Millimeter-Gewehr getötet, sehr wahrscheinlich.»
    «Büchse, meinen Sie.»
    «Tut mir leid. Ich bin kein Experte für Gewehre und so was — nicht wie Sie, Mr. Michaels.»
    «Und darum haben Sie letzte Nacht meine Büchse mitgenommen?»
    «Wir hätten jedermanns Büchse mitgenommen. Das ist schließlich unser Job.»
    «Jeder Förster hat eine Büchse dieses Kalibers — und sie sind sehr wirkungsvoll.»
    «Wo waren Sie also gestern morgen, sagen wir... zwischen zehn und elf Uhr?»
    «Kein großes Problem. Gegen zehn — nein, eben nach zehn muß es gewesen sein — war ich mit ein paar Burschen vor der RSPB (Royal Society for the Protection of Birds) zusammen. Wir, das heißt sie, haben die Nistkästen am Singing Way überprüft. Sie wissen schon, Buch führen über erste oder zweite Brut, Gewicht, Proben von den Exkrementen — alles mögliche. Sie machen das ständig.»
    «Sie haben ihnen geholfen?»
    «Die meiste Zeit habe ich die verdammte Leiter getragen.»
    «Was war danach ?»
    «Wir machten uns alle auf zum White Hart — gegen

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