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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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einer Telefonzelle in der Wentworth Road, gerade dem Cotswold House gegenüber, rief sie dann die Modell-Agentur an und wurde kurz darauf abgeholt und in die Abingdon Road gebracht, wo per Telefon mit Mr. McBryde ausgemacht wurde, daß Karin sich gegen zwei Uhr in der Seckham Villa einfinde, für einen Fototermin von etwa einer Stunde — zu einem Honorar von 80 bis 120 Pfund. Sie hatte weitere Hilfe von der Agentur abgelehnt und war zum Eagle and Child in der Nähe von St. Giles gegangen, wo sie ein Schinkenbrot und ein kleines Glas Lagerbier bestellte.
    In der Seckham Villa hatte McBryde ihr die Tür geöffnet und sie kurz darauf mit Myton bekannt gemacht. Keine harte Pornographie, hatte sie sofort klargestellt, aber ja, sie sei bereit, für eine Serie von Akt- und Halbaktstudien zu posieren. Und für zwanzig Pfund extra hatte sie zugestimmt, daß zwei andere Männer im sitzen und zuschauen konnten. Myton, so erfuhr sie, war ein freiberuflicher Kameramann in der Sex-Video-Welt, und beinahe sofort fühlte sie, wie seine Blicke sie von der knappen Sommerkleidung befreiten. Aber er schien in Ordnung zu sein. Während er seine Utensilien zurechtstellte, Stative, Schirme, Hintergrund, Reflektoren, Belichtungsmesser und alles übrige, ging sie in den Garten hinter dem Haus, und als er ihr etwas später folgte, fand sie ihn amüsant und lustig. Er war ziemlich klein und schlank, hatte einen dunklen Eintagesbart, doch viel helleres, langes Haar, das er mit einem Gummiband zu einem lächerlichen kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie hänselte ihn deswegen ein wenig und bat ihn sogar, sich vor die Mauer zu stellen, damit sie ein paar Aufnahmen machen könnte. Aber kurz darauf hatte McBryde sie nach drinnen gebeten, wo sie flüchtig zwei Männern vorgestellt wurde, einem in einem leichten Sommeranzug und einem zweiten in grauen Hosen und einem Sportjackett, der widersinnigerweise — denn es war ein heißer Sommertag — einen flachen grünen Hut in der Hand hielt.
    Dann die . Sie hatte, das gab sie zu, eine gewisse Erregung gespürt, als die beiden schweigenden Männer (McBryde kam erst später dazu) sie anstarrten, während sie sich auszog und posierte und die ihr zur Verfügung gestellte durchsichtige Unterwäsche anzog und in auseinanderklaffenden Gewändern und sparsamen Negligés auf dem Bett lag. Myton hatte ihre Posen mit derben Anfeuerungsrufen unterstrichen, während sie langsam entspannte: «Herrgott, ist das phantastisch! Yeah! Yeeah! Laß sie da einfach liegen, Baby! Laß die Hand unter den Titten und, ja, schieb sie zu mir!» Die Worte hatten sie erregt, und wenn sie ehrlich mit sich selbst war, sie hatte eine Art Orgasmus sexueller Eitelkeit gespürt.
    Nachher, als sie mit Myton allein war, hatte sie ihn gebeten, ein oder zwei Aufnahmen von ihr mit ihrem eigenen Fotoapparat zu machen — nur zur Erinnerung eigentlich —, und das hatte er bereitwillig getan. Er hatte sie noch nicht berührt, noch nicht, aber er fragte sie, wohin sie gehe, und sagte, daß er sein Auto draußen stehen habe und ob er sie irgendwohin mitnehmen könne. Bevor sie ging, hatte McBryde ihr 100 Pfund gegeben, alles in Zehnpfundscheinen, die sie in ihre Brieftasche steckte, und dann fuhr Myton sie zurück zum anderen Ende der Banbury Road. Sie erzählte ihm, daß sie mit dem Gedanken spiele, zum Wohltätigkeits-Popkonzert am nächsten Abend (dem 8. Juli) zu gehen, und bat ihn dann plötzlich, als sie am Cotswold House vorbeikamen, anzuhalten: Jetzt könnte sie eine Übernachtung dort bezahlen. Aber an der Tür hing ein weißes Schild — KEINE ZIMMER FREI —, und die Hausherrin bestätigte ihr bedauernd, daß das letzte Zimmer soeben vermietet worden sei. Sie war im Begriff, wieder ins Auto zu steigen, als sie meinte, einen Sperber erkannt zu haben, der auf die hohen Bäume hinter ihr zuflog, und sie blieb stehen und richtete ihr Fernglas auf den Vogel. Verhängnisvoller Augenblick! Myton fragte sie, ob sie sich für Vögel interessiere, und sie zeigte ihm die Liste der Vögel, die sie zu beobachten hoffte. Nun, er wisse genau, wo sie Spechte sehen könne, wahrscheinlich alle drei Arten. In Wytham! Er sei selbst am Vogelbeobachten interessiert und ein Mitglied der RSPB (Royal Society for the Protection of Birds) — was sich später als unwahr erwies — und habe eine Genehmigung, sich im Wytham-Wald aufzuhalten (was sich ebenfalls als unwahr erwies).
    Das war der Anfang all ihrer Not.
    Sie machten sich vom

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