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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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besonders schafsköpfiger Mann sein müssen, der sich nicht vorstellen konnte, wie Kamera und Mikrofon sich langsam neben der Matratze entlangbewegten, um die verschiedenartigsten Akte der Unzucht auf dem quietschenden Bett aufzunehmen. Morse selbst hatte versucht, seiner Phantasie nicht zu freien Lauf zu lassen. Manchmal tauchten im Präsidium pornografische Videofilme auf, die bei einer Razzia oder beim illegalen Handel konfisziert worden waren. Oft hätte er sich gern einige der primitiven, verdorbenen, verführerischen Streifen angesehen, doch ebensooft hatte er seine Kollegen wissen lassen, daß er zumindest nicht das geringste Interesse an diesen Dingen habe.
    In einer Ecke in der Küche lagen, sauber gebündelt wie für eine bevorstehende Sammlung der Freunde der Erde, Stapel von alten Zeitungen, hauptsächlich die Daily Mail, und verschiedene Zeitschriften, darunter Oxford Today, Oxcom, TV Times, zwei Vogelschützer-Journale und die Angebote vom letzten Weihnachten von der Spastic Society. Morse hatte den Stapel flüchtig durchblättert, vielleicht in der Hoffnung, ein verbotenes Titten-und-Po-Magazin zu finden, aber außer einigen Bildern von Lachmöwen auf dem Loch Kinnordy, die er über eine Minute lang betrachtete, fand er nichts, was ihn interessierte.
    Lewis fand sie schließlich, in eine der kostenlosen Lokalzeitungen gefaltet, den Star. Vierzehn DIN-A-4-Bögen, aufeinandergestapelt, offensichtlich fotokopiert (und schlecht fotokopiert) von einer ausführlicheren Veröffentlichung auf Glanzpapier. Auf jedem Bogen waren mehrere Fotos desselben Mädchens abgebildet, in verschiedenen Entkleidungsstadien, und am Fuß eines jeden Bogens standen ein Vorname und Einzelheiten über Größe, Brustumfang, Taille, Hüften, Kleider-, Schuh- und Handschuhgröße und Farbe von Haar und Augen. In beinahe jedem Fall zeigte das Bild links unten das Modell völlig nackt, und in drei oder vier Fällen nahm es eine sexuell aufreizende Stellung ein. Die Namen stammten aus der glitzernden Welt der Revuegirls: Jayne, Kelly, Lindy-Lu, Mandy... und die meisten schienen (denn das Alter wurde nicht genannt) Mitte zwanzig zu sein. Aber vier der Bögen zeigten ältere Frauen, deren Namen möglicherweise gewählt worden waren, um auf ihre Reife hinzuweisen: Elaine, Dorothy, Mary, Louisa... Die einzige andere Information (Adressen gab es nicht) war ein (1.), (2.), (3.), entsprechend dem Vorrang in den , und Lewis, selbst durchaus nicht uninteressiert, las amüsiert ein paar Stichproben der angebotenen Dienste: Sportkanonen, Begleiterinnen, Unterwäsche, Strümpfe, Leder, Badekleidung, Sommerkleider, BHs, Aktmodellieren, Frisuren, Handschuhe. Doch sicher nichts, was gegen das Gesetz verstieß. Aber drei der Mädchen waren wesentlich deutlicher in der Beschreibung ihrer Spezialitäten; Mandy nannte (1.) häusliche Videos, (2.) pornografische Filme und (3.) Über-Nacht-Begleiterin, und Lindy-Lu, abgebildet in Lederstiefeln, die bis zu den Oberschenkeln reichten, verkündete eine ausgesprochene Fertigkeit im Verhauen.
    Und dann, während Morse und Lewis noch über diese Dinge nachdachten, wurde ein großer Fund gemacht. Einer der beiden DCs, der den Auftrag hatte, den Hauptwohnraum oben zu durchsuchen, hatte, eingeklemmt in die oberste Schublade des Sekretärs, eine Liste von Namen und Adressen gefunden: doch sicherlich eine Kundenliste! Kunden, die ihre pornografischen Unterlagen vermutlich in einfachen braunen Umschlägen erhielten, mit festgeklebter Klappe. Und auf der Liste, an vierter Stelle von oben, stand der Name, auf den sich das Interesse von Morse und Lewis sofort konzentrierte: George Daley, 2 Blenheim Villas, Begbroke, Oxon.
    Morse war entzückt über den Fund gewesen — natürlich! Und er hatte den DC verschwenderisch gelobt, vielleicht (in Lewis’ Augen) etwas übertrieben dabei. Aber als er jetzt auf der Polsterbank saß und wieder die geöffneten Reißverschlüsse und Knopfleisten der Modelle betrachtete und die Namensliste noch einmal durchlas, schien er Lewis in Gedanken verloren und traurig.
    «Alles in Ordnung, Sir?»
    «Was? O ja. Bestens. Wir kommen großartig voran. Machen wir weiter so!»
    Aber Morse selbst trag wenig zu ihrem Weiterkommen bei, und nachdem er etwa zehn Minuten lang planlos umhergewandert war, setzte er sich noch einmal hin und nahm das Blatt mit den Adressen in die Hand. Er müßte Lewis informieren, entschied er — nicht gerade jetzt, aber... Er warf wieder einen Blick auf

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