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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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wissen...?
    «War sie... glauben Sie, daß sie noch Jungfrau war, Mrs. Eriksson?»
    «, bitte!»
    «Soweit Sie wissen... Irma?»
    «Ich bin mir nicht sicher. Abgesehen von dem Ärger in Israel — wenn sie Sex mit irgendwem hatte, wäre es jemand gewesen, den sie mochte. Sie wissen, wie ich das meine, nicht wahr?»
    «Sie hat gern Vögel beobachtet, sagten Sie?» Lewis verlor den Faden. Oder nicht?
    «O ja! Nie ging sie auf Urlaub oder machte einen Spaziergang, ohne ihr Fernglas mitzunehmen.» (Das korrekte Englisch bröckelte ab, ein ganz klein wenig.)
    Es gab jetzt nur noch einen Punkt, den zu bestätigen Morse ihn gebeten hatte: die Paß- und Arbeitserlaubnisbestimmungen für eine junge Dame wie Karin.
    Kein Problem. Zum erstenmal glaubte Lewis, Kummer in den traurigen Augen zu sehen, während Irma Eriksson erklärte, da Schweden nicht zur EG gehöre, müßten alle schwedischen Staatsbürger Antrag auf Arbeitserlaubnis stellen, falls sie die Absicht hätten, für längere Zeit im UK zu bleiben, und daß es selbst für Arbeit als Au-pair-Mädchen ratsam sei, dies zu tun. Aber Karin hatte einen solchen Antrag nicht gestellt; sie wollte nicht länger als drei Wochen im UK bleiben, und dafür hätte ihr für zehn Jahre gültiger schwedischer Paß genügt.
    Lewis spürte plötzlich, daß, falls Mrs. Eriksson sich bisher etwas kokett verhalten hatte, die Situation jetzt verändert war.
    «Sie haben Karins Paß behalten, nicht wahr?» fragte sie leise.
    Lewis nickte. Als sie sein Stirnrunzeln sah, erklärte sie rasch:
    «Sehen Sie, ich nehme an, wir hofften, sie könnte — wenn sie noch lebte — sie könnte einen neuen Paß beantragen, falls sie den alten verloren hätte. Verstehen Sie?»
    Lewis nickte wieder.
    «Und das hat sie nicht, nicht wahr, Mr. Lewis?» Sie stand auf und schlüpfte in schwarze, halbhohe Schuhe. «Also!»
    «Ich fürchte, ich kann Ihnen keine Hoffnungen machen — leider nicht», sagte Lewis und stand auf.
    «Das wußte ich eigentlich von Anfang an. Es ist nur...»
    «Ich weiß. Und ich danke Ihnen. Sie haben uns sehr geholfen. Nur eine Sache noch — könnten Sie mir ein Foto von den drei Mädchen leihen, nur leihen ...?»
    Als sie in der Diele standen, wagte Lewis ein ehrlich gemeintes Kompliment:
    «Wissen Sie, ich beneide Menschen wie Sie immer, Mrs… Irma... Sie wissen, Menschen, die andere Sprachen sprechen.»
    «Mit Englisch fangen wir auch früh an. In der vierten Klasse, mit zehn Jahren. Na ja, ich selbst war zwölf, aber meine Töchter haben alle mit zehn angefangen.»
    Sie gaben sich die Hand, und Lewis ging hinunter ins Erdgeschoß. Dann stand er mehrere Minuten vor einem Spielplatz, der von einer niedrigen Palisade aus dunkelbraunen Pfählen umgeben war. Es war jetzt früher Nachmittag an einem schönen Sommertag, mit einem wolkenlos blauen Himmel und einer gelben Sonne — wie die Farben der Flagge auf dem Rucksack, den man in Begbroke, Oxfordshire, gefunden hatte.
    Von ihrem Balkon hoch oben schaute Irma Eriksson ihm nach, als er ging. Sobald er in der Hauptverkehrsstraße verschwunden war, kehrte sie zurück in ihre Wohnung und betrat das hintere Schlafzimmer, wo sich auf schwedisch folgende Unterhaltung entspann:
    «War er intelligent?»
    «Nicht besonders. Aber sehr nett — sehr nett.»
    «Hast du ihn aufgefordert, mit dir zu schlafen?»
    «Ich hätte es vielleicht getan, wenn du nicht hier gewesen wärest.»
    «Glaubst du, daß er Verdacht geschöpft hat?»
    «Nein.»
    «Aber du bist froh, daß er wieder weg ist?»
    Irma Eriksson nickte. «Soll ich dir Kaffee holen?»
    «Ja, bitte!»
    Als ihre Mutter gegangen war, musterte die junge Dame sich im dämmerigen Zimmer in dem hohen Wandspiegel und entschied, daß sie müde aussah und dunkle Schatten um die Augen hatte. Doch wenn Lewis sie an dem Nachmittag gesehen hätte, wäre er beeindruckt gewesen von ihrer blassen und eleganten Schönheit, auch wäre ihm sofort die große Ähnlichkeit mit dem Paßfoto der Studentin aufgefallen, das in dem Rucksack bei Begbroke in Oxfordshire gefunden worden war.

Kapitel neununddreißig

    In einer Welt, in der Pflicht und Selbstdisziplin Hedonismus und Selbstzufriedenheit unterlegen sind, gibt es nichts Besseres, als die Augen zu schließen und sich von der Strömung tragen zu lassen. Wenigstens in der Phantasie findet von da analles ein glückliches Ende

    (Edwina Currie,
    Observer, 23. Februar 1992)

    Alan Hardinge hatte in Cambridge beide Abschlußprüfungen in den

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