einigen langen Worten gefallen, die sie alle gesungen hatten: Worte wie
aus dem Ave Verum Corpus — ein ernsthaftes Wort, hatte sie immer gedacht, irgendwie eindrucksvoll und traurig und melodisch mit all den s. Obwohl sie nie erfuhr, was es bedeutete, war sie betrübt, daß man das meiste Latein abgeschafft und in den Gottesdiensten eine dünne Art von Englisch eingeführt hatte; sie spürte diese Betrübnis auch jetzt wieder, als der Zelebrant sie entließ:
«Die Messe ist beendet. Gehet hin in Frieden.»
«Danket dem Herrn», erwiderte sie und wartete an ihrem Platz, bis nur noch eine andere einsame Gestalt in der Kirche verweilte, noch kniend und mit gebeugtem Kopf, in einer der Seitenbänke.
Nachdem er am Portal seiner Gemeinde einige milde Ermahnungen mit auf den Weg gegeben hatte, betrat Father Richards die Kirche wieder, und Margaret Daley stand auf und sprach ihn an; sie bat um die Abnahme der Beichte zu einer der vorgesehenen Zeiten: sonnabends von n bis 12 Uhr und von 17.30 bis 18.15 Uhr. Vielleicht war es ihr großer Ernst, vielleicht waren es ihre feuchten Augen, die Tränen andeuteten, vielleicht ihre Stimme — unglücklich, zögernd, zitternd... Doch was es auch war, es spielte keine Rolle. Father Richards ergriff ihren Arm sanft und sagte leise zu ihr:
«Wenn es eine Hilfe ist, meine Tochter, komme jetzt! Lasse Christus, durch Sein Kreuz und Seine Auferstehung, dich von allen Sünden lossprechen!»
Es war nicht im normalen Beichtstuhl, sondern in einem kleinen Arbeitszimmer in dem Pfarrhaus hinter der Kirche, wo Father Richards soviel hörte, wie Margaret Daley bereit war, ihm mitzuteilen. Und selbst dabei log sie — log, als sie sagte, sie sei ins Zimmer ihres Sohnes gegangen, um seine schmutzige Wäsche zusammenzusuchen, log über ihre tiefsten und verborgensten Ängste.
Zweimal schaute Father Richards verstohlen auf seine Armbanduhr, während er zuhörte. Aber er unterbrach sie nicht, bis sie ihm genug erzählt hatte, bis er glaubte, er habe genug verstanden. Die Last ihrer Sünde war schwer; doch noch schwerer (er spürte es) fühlte sie sich schuldig wegen ihres Herumschnüffelns in den Angelegenheiten anderer, ihrer Angstvorstellung, daß es gerade wegen ihres Herumschnüffelns, wegen ihrer Einmischung in die Angelegenheiten anderer solche schrecklichen Geheimnisse zu entdecken gegeben hatte. Hätte sie das nicht getan... hätten die Geheimnisse selbst vielleicht gar nicht bestanden. Das war ihre Strafe. O Gott, was sollte sie tun?
Für eine Weile bot Father Richards keine Worte des Trostes an; er wußte, wie wichtig es war, die Zisterne vom vergifteten Wasser zu befreien. Aber bald — bald würde er mit ihr sprechen. Und so saß er und wartete und hörte zu, bis ihre Augen wieder trocken waren, bis ihre Schuldgefühle und ihre Demütigung und ihre Selbstbemitleidung für den Augenblick verbraucht waren. Sie mochte ihm viel oder wenig erzählt haben, sie war sich nicht sicher, aber sie hatte ihm genug erzählt, und jetzt war er an der Reihe.
«Du mußt mit deinem Sohn sprechen, meine Tochter, und du mußt fühlen, daß du fähig bist, ihm zu vergeben, und du mußt zu Gott beten und ihn um Anleitung und Kraft bitten. Und das verspreche ich dir... daß auch ich zu Gott beten werde für dich.» Für einen Moment glitzerte es in den Augen des alten Priesters. «Weißt du, wenn zwei von uns für das gleiche beten, würde er vielleicht ein klein wenig besser zuhören.»
«Danke, Father», flüsterte Margaret.
Der Priester legte seine Hand auf die ihre und schloß die Augen, während er ihr die Absolution erteilte: «Möge Gott der Allmächtige Erbarmen mit dir haben, dir deine Sünden vergeben und dich auf den Pfad der Rechtschaffenheit führen.»
Ein wäre angebracht gewesen, aber Margaret Daley war nicht fähig, ein einziges Wort zu sprechen. Sie verließ das Pfarrhaus und fischte in ihrer Handtasche nach den Autoschlüsseln. Der Mini stand als einziger Wagen noch auf dem Parkplatz, aber eine Person hing dort herum, wartete wahrscheinlich darauf, mitgenommen zu werden; die Person, die noch in der Kirche gekniet hatte, als alle anderen schon gegangen waren, eine Person, die sich jetzt umdrehte und Margaret ins Gesicht sah — dann an ihrem Gesicht vorbeischaute, ohne sie zu erkennen, und sich abwandte. Der Blick hatte nur eine Sekunde lang gedauert, doch in dieser Sekunde hatte eine plötzliche Angst Margaret Daley erschauern lassen.
Kapitel vierundvierzig
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