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Finsteres Gold

Finsteres Gold

Titel: Finsteres Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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Lippen berühren.
    »Hallo, ihr Turteltäubchen, ich bin auch noch da. Ich. Die alte Dame, auch bekannt als deine Großmutter«, sagt Betty.
    »’tschuldigung. Er ist einfach unwiderstehlich«, antworte ich und kuschle mich an ihn.
    »Na, dann versuch mal, dem Unwiderstehlichen zu widerstehen«, meint Betty vielsagend, als der Pick-up über ein Schlagloch rumpelt. »Entschuldigung. Ich wollte euch nicht absichtlich durchrütteln.«
    »Moment mal«, sagt Nick. »Was sollte das heißen?«
    »Sie meint, dass ich dem Unwiderstehlichen widerstehen sollte«, erkläre ich.
    »Aber damit bin ich gemeint.«
    Betty fängt wieder an zu lachen:- »Du hast eine hohe Meinung von dir selbst, Mr Colt, nicht wahr?«
    Er fängt an zu stottern. »Aber Zara hat gesagt, und dann … und Sie haben … gesagt …«
    »Ich habe nicht nur dich gemeint, Nick«, sagt sie, und ihre Stimme wird einen Augenblick lang ganz weich. Dann klingt sie wieder härter, und ich weiß schon, was kommt. Wir haben ihr von dem Elf erzählt, den ich befreit habe. Die Veränderung ihrer Stimme bedeutet, dass es jetzt Zeit ist für die Offizielle Großmutter-Standpauke. »Zara kann nicht nur dir nicht widerstehen, sondern auch der Gerechtigkeit nicht. Sie muss einfach immer einen edlen Charakter an den Tag legen. Märtyrer sein. Den Schmerz anderer beenden. Und darüber vergisst sie sich selbst und das große Ganze.«
    »Das ist zu hart, Betty«, verteidigt Nick mich.
    »Hart? Ich sage dir, was hart ist. Mit ihrem ganzen Gutmenschentum hat sie einen Elf befreit, wahrscheinlich einen König, gemessen daran, wie schnell er genesen ist, und dann ist sie deshalb fast zu Tode gekommen.« Sie biegt um eine Kurve, und obwohl sie wütend auf mich ist, fährt sie langsam, damit ich nicht zu sehr durchgerüttelt werde. »Hast du das verstanden, Zara? Du hättest heute sterben können.«
    Meine geprellten Rippen machen mir unmissverständlich klar, was sie meint. Wir biegen in unsere Einfahrt ein. Alle Fenster im Haus sind dunkel. Der Himmel ist dunkel. Alles ist dunkel. Der Wald besteht nur aus bruchstückhaften Schatten. Man sieht nicht, was dort hinten ist. Man sieht nicht, wer dort vielleicht steht und zuschaut.

Elfen-Tipp
    Die wahre Hautfarbe eines Elfs ist blau. Das Krümelmonster, Grobi und andere liebenswerte Muppets sind ebenfalls blau. Die beiden darf man auf keinen Fall verwechseln. Muppets töten nicht. Normalerweise wenigstens nicht.
     
    »Wach auf, Zara! Liebes! Wach auf, um Himmels willen.« Betty schüttelt mich.
    Ich schlage nach ihr und treffe ihren Flanellschlafanzug. Der Stoff ist so plüschig und weich, gar nicht wie die harte Betty. In meinem Zimmer brennt Licht. Hä? Meine Augenlider flattern, aber es gelingt mir, sie zu öffnen und mich aufzurichten. Meine Stimme klingt verzweifelt und chaotisch. »Was? Was ist los? Elfen?«
    Sie hält mich mit beiden Händen an den Schultern fest, aber dann lockert sich ihr Griff. »Du hast wieder schlecht geträumt.«
    Ich lasse mich zurück auf das Kissen fallen. Meine Brust schmerzt von der vielen Bewegung. »Schon wieder?«
    Seit dem Unfall habe ich jede Nacht einen Albtraum. Das macht ungefähr eine Woche voller Albträume.
    »Kannst du dich erinnern, was du geträumt hast?« Ihre Hand berührt meine Stirn und streicht ein paar Haare weg.
    »Ja.«
    »Willst du es mir erzählen?«
    »Gram, niemand will die Träume anderer Leute hören. Das ist so ähnlich, als würde man sich die Power-Point-Präsentation vom Karibik-Urlaub anderer Leute anschauen. Sie erzählen zwar vom Strand und man sieht die Bilder, aber man erlebt den Strand nicht wirklich, also ist es nicht besonders interessant.«
    Ihre Augen schließen sich fast, als sie mich mustert. Mit den Händen streicht sie ihr Pyjamaoberteil glatt, auf dem herumtollende Löwen und Lutscher abgebildet sind. Sie ist so zuverlässig und gut und ruppig, die beste Großmutter, die man sich wünschen kann. »Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe«, beende ich das Gespräch.
    »Kein Problem, Süße. Ich bin sowieso immer auf.« Sie beugt sich herab und küsst mich auf die Stirn. Dann richtet sie sich auf und geht steif über den Holzfußboden zur offenen Tür meines Zimmers. Beim Lichtschalter zögert sie. »Soll ich ausmachen?«
    Mein Puls beschleunigt sich. Er schlägt gegen meine Haut, als ob das Blut sich einen Weg aus meinen Adern bahnen wollte. »Nein. Licht ist gut.«
    Die Tür fällt ins Schloss, und ich starre zu dem Amnesty-International-Poster hinauf,

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