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Finsteres Gold

Finsteres Gold

Titel: Finsteres Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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treffe sie an der Brust und höre ein widerlich saugendes Geräusch, als er die Haut durchschlägt. Ihr Mund formt ein O. Ihr Gesicht lächelt und verzieht sich dann zu einer Fratze. Ihre Hände greifen nach meinem Hals. Lange Klauen hauen nach mir. Ich reiße den Schürhaken aus ihrem Fleisch und trete einen Schritt zurück. Sie fällt.
    Heute fallen wir alle.
    Sie atmet nicht. Ich habe etwas getötet. Ich habe getötet. Wie in Zeitlupe bewege ich mich zu dem anderen Elf hin, zu dem Mann. Er dreht sich. Seine Augen sind noch nicht fokussiert, aber er wird überleben, wenn ich ihn einfach hier liegen lasse, einfach weggehe. Stattdessen hole ich mit dem Schürhaken aus.
    »Das ist für Nick.« Ich stoße das Eisen in den Körper hinein und reiße es wieder heraus. Noch einmal. »Und das ist für mich.«

Elfen-Tipp
    Elfen haben Angst vor Metall. Metallophobie.
     
    Meine Arme sind voller Blut, auch der Verband um meine Hand ist voller Blut, und meine Jeans sind voller Blut. Wahrscheinlich ist auch mein Gesicht voller Blut. Aber das ist mir egal. Sollen die Blutspuren doch antrocknen, festbacken und verrotten. Ich klettere wieder auf das Schneemobil und fahre zur Straße, wo Nicks Mini steht. Sein Schlüssel. Er ist immer in seiner Hosentasche.
    »Oh Gott!« Ich schluchze das Wort in meine Hände, und es ist kein Fluch, sondern eine Bitte, eine echte, flehentliche Bitte, und dann flippe ich aus. Ich flippe einfach aus. Ich stelle den Motor aus und sitze schluchzend auf dem blöden Schneemobil. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Ich weiß gar nichts. Ich weiß nur, dass Nick tot ist. Wie mein Dad.
    Ich bin allein.
    Die Welt ist still. Kein Auto, kein Tier, kein Windgeräusch ist zu hören. Sogar die Bäume sind still und einsam. Ich rede leise mit mir selbst, beziehungsweise mit diesem Wesen, das ich bin, aber ohne Nick doch nicht bin.
    Ohne Nick.
    Ohne.
    Nick.
    Ich rede mit mir, mit Gott, mit Nick, und denke nicht, dass mich jemand hört.
    »Ich kann das nicht«, wimmere ich und wische mir mit der gesunden Hand die Tränen aus dem Gesicht. »Ich kann es nicht … ich kann es nicht tun.«
    »Natürlich kannst du es.«
    Mein Kopf hebt sich, und ich bewege meinen Körper gerade so viel, dass ich ihn sehe. In dem aufwirbelnden Schnee steht er da. Seine Lederjacke ist nicht zerfetzt oder eingerissen. Seine Jeans sind nicht schmutzig. Keine Wunden sind zu sehen. Er war also nicht in dem Haus. Schneeflocken landen auf seinen Haaren und bleiben hängen, sodass sich das Blond in Weiß verwandelt. Er legt den Kopf schief, während wir einander ansehen, und streckt dann die Hand aus: »Zara.«
    »Ich komme nicht zu dir.«
    Er lässt seine Hand ausgestreckt. »Ich habe das nicht getan, Zara. Du hast es getan. Diese eingedämmte und eingesperrte Kraft. Sie musste explodieren.«
    Er hat recht. Natürlich hat er recht, aber ich kann mich nicht überwinden, etwas zu ihm zu sagen. Wozu auch? Ich versuche nicht einmal, mein Schweigen bedeutungsvoll zu machen. Ich habe genug davon, einen Sinn zu suchen, genug davon, Angst davor zu haben, was mir zustoßen wird, denn das Schlimmste ist mir bereits zugestoßen. Die Menschen um mich herum sterben. Zuerst mein Stiefvater, jetzt …
    Kein Hauch rührt sich. In weiter Ferne schreit etwas. Ich atme ein. Kalte Luft bahnt sich ihren Weg in meine Lungen. Ich atme noch einmal ein. Meine Hand bewegt sich nach oben und wischt über mein Gesicht. Die Tränen fühlen sich auf meinen Wangen eisig an. Ich atme aus.
    Astley beobachtet all das. Seine Augen glitzern, weil sie den Schnee reflektieren. Seine Nasenlöcher sind geweitet.
    »Ich rieche einen anderen König an dir, aber nicht deinen Vater.« Seine Worte klingen, als schwinge ein Gefühl mit. Sorge? Ja, ich glaube, das ist es.
    »Er war da.« Ich schwanke. »Er hat meinen Vater verletzt. Er hat Nick g-g-getötet. Und dann hat diese blöde Walküre ihn mitgenommen.«
    Ich verliere langsam das Gleichgewicht. Die Welt um mich herum dreht sich. Astley bewegt sich so schnell, dass ich es kaum wahrnehme, und fängt mich in seinen Armen auf. Das Leder drückt sich weich gegen mein Gesicht. Es hat keine Struktur. Es ist einfach glatt und riecht nach Kuh.
    »Es geht dir nicht gut«, sagt er.
    »Wie könnte es mir gut gehen?« Ich habe Schluckauf und wehre mich gegen ihn. »Ich kann allein stehen.«
    Er ignoriert meine Worte und nimmt mich einfach auf den Arm. »Du solltest aufhören, dir etwas vorzulügen.«
    Ich wehre mich noch eine Sekunde,

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