Finsteres Gold
brauchst.«
»Mir egal. Ich möchte es lieber wissen. Ich hasse es, wenn ich etwas nicht weiß.«
»Ich auch. Darin sind wir uns ähnlich.« Er taucht die Fingerspitzen in sein Eiswasser. »Nach der Legende findet der Krieg Ragnarök nach dem schlimmsten aller Winter statt, nach dem Fimbulwinter. Der Winter dauert drei Jahre ohne Sommer. Und dann kommt der Krieg, und es wird der letzte Krieg sein, der schlimmste Krieg.«
Seine Stimme verliert sich, dann holt er Luft und fährt fort: »Das heißt, dass dieser Ort hier – Bedford in Maine – eine Art Leuchtfeuer ist für alle Fabelwesen, zumindest für Elfen und Werwesen. Überleg mal, wie viele schon hier sind. Und sie sind hier, weil an diesem Ort die letzte Schlacht stattfinden soll.«
»Nein«, widerspreche ich. »Das werde ich nicht zulassen.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir sie verhindern können.«
Mein Wasserglas ist kalt und glatt und glitschig. Ich korrigiere meinen Griff und sage: »Wir werden sie verhindern.«
Er streicht mit den Fingerspitzen über meine Hand, die das Glas immer noch umfasst.
Ich spüre eine elektrische Wärme und fahre zurück. »Warum hast du das getan?«
Er wird rot und schaut weg. »Ich konnte nicht anders. Entschuldigung.«
Wir schweigen. Die anderen Restaurantbesucher unterhalten sich über irgendeinen Busunfall. Ich schnappe Wörter auf wie »schrecklich« und »Band« und »Sumner«, auch eine Highschool, ungefähr fünfundvierzig Minuten entfernt die Küste hinauf.
Er räuspert sich wieder und fährt fort. »Alle können nicht überleben. Sie sind nicht stark genug, und es gibt verschiedene Seiten. Auch wenn die Fabelwesen sich dessen nicht bewusst sind, entscheiden sie sich für eine Seite. Odins Söhne – die Truppen der Guten würdest du uns vermutlich nennen – die Helden …«
»Eingebildet bist du wohl gar nicht.«
»Es ist wahr. Hältst du deinen Wolf nicht für einen Helden?«
Ich schließe die Augen. Trauer legt sich schwer um meine Brust. »Bitte sprich nicht von ihm.«
»Ich entschuldige mich noch einmal, Zara, aber ich muss es tun. Er ist auch ein Grund, warum du hier bist.«
Ich öffne die Augen, und ich weiß, dass mein Blick grimmig ist, aber das ist mir egal. »Er ist der einzige Grund, warum ich hier bin.«
Er lässt meine Worte wirken. Dann lehnt er sich zurück, streckt die Arme vor sich aus, legt die Hände zusammen und lässt die Gelenke knacken. Das habe ich Nick unzählige Male tun sehen. »Die Helden werden zur Schlacht gerufen. Sie kommen aus der ganzen Welt zu diesem Ort namens Vigrid. Es ist prophezeit, dass die letzte Schlacht dort ausgefochten wird. Und hier ist dieser Ort.«
Bedford ist dieser Ort.
Ich nehme die Tische wahr, die plaudernden Menschen, den Duft des Schinkens, das Summen der Lampen und den sanften gelben Schein, den sie aussenden. Dieser Ort erscheint mir so sicher, so normal, so alles andere als ein Schlachtfeld. Es ist schwer zu glauben. Ich bringe das Gespräch wieder auf das unmittelbar Wichtige: »Die Walküre hat gesagt, dass sie Nick mitnimmt, weil er ein Kämpfer sei.«
»Ja, für Odin und Thor. Es müssen achthundert Kämpfer sein.«
»Und Nick soll einer von ihnen sein?«
»Sie machen ihn gesund, und dann, ja, dann wird er bis zur Schlacht in Walhalla bleiben.«
Ich stehe auf und vergesse sogar zu flüstern: »Dann müssen wir dorthin! Wir müssen dorthin und ihn holen. Er wird uns helfen, die Schlacht zu verhindern, bevor sie beginnt.«
Er packt mich am Arm. »Setz dich hin. Die Leute schauen schon.«
Ich möchte nicht, aber ich tue es.
»Das ist nicht so leicht«, sagt er.
»Sie hat mir gesagt, dass Menschen nicht nach Walhalla gehen können.« Er wartet ab. Er will, dass ich es sage. Und ich sage es. Es rutscht mir einfach raus: »Du wirst mich küssen, ja? Du wirst mich verwandeln?«
»Ich würde es lieber nicht tun.«
»Weil ich es für Nick mache?«
Er nickt. »Ich würde es lieber tun, weil du sagst, dass du meine Königin sein willst.«
»Nick zu retten, ist der einzige Grund, warum ich es jemals tun würde«, antworte ich, während sein Fuß unter dem Tisch meinen berührt. Und wieder spüre ich dieses warme Prickeln. Ich ziehe meine Füße zurück unter die Bank.
Er taxiert mich. »Ich kenne dich noch nicht sehr lange, Zara, aber nach allem, was ich von dir weiß, ist das eine Lüge.«
»Du bezeichnest mich als Lügnerin?«
»Nein. Ich sage, dass das eine Lüge ist. Ich glaube nämlich, dass du es für alle deine Freunde
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