Finsteres Gold
Mensch mehr sein. Meine Zähne, meine Haut, die Art und Weise, wie mein Gehirn funktioniert, alles wird sich verändern. Aber ich muss daran glauben, dass ich immer noch meine alte Seele haben werde, oder? Ich muss das glauben.
Das Wasser strömt siedend heiß herab. Es riecht angenehm sauber hier drin. Ich nehme das Duschgel und drücke einen Spritzer auf den Luffahandschuh. Dann versuche ich, mich sauber zu schrubben. Es gibt so viele Möglichkeiten. Vielleicht lügt Astley. Vielleicht sterbe ich bei dem Kuss. Vielleicht finde ich den Weg nach Walhalla nicht. Vielleicht will Nick gar nicht zurückkommen.
Der Wasserstrahl prasselt gegen meine Haut. Ich drehe den Hahn zu und stehe tropfend da. Mein Magen scheint zu schreien. Ich muss es tun. Ich habe keine Wahl. Schließlich trockne ich mich ab und schlüpfe in ein Paar Laufhosen und in meinen pinkfarbenen Lieblingskapuzenpullover mit dem Reißverschluss, auf dem vorn mit großen weißen Buchstaben CHARLESTON steht.
Als ich das Wohnzimmer betrete, sitzen zu meiner Überraschung Issie und Devyn auf dem Sofa. Issie zittert. Devyn hat den Arm um sie gelegt. Beide schauen zu mir auf. Issies Blick wirkt gehetzt, und ihre Augen sind angsterfüllt. Devyn sieht aus, als hätte er einen schlimmen Trip hinter sich. Irgendwie müssen sie von Nick erfahren haben.
»Du bist blau«, sagen beide.
»Ich weiß.« Ich schiebe die Worte beiseite und setze mich neben Issie. »Hab ihr’s schon gehört?«
Gleichzeitig sagt Issie: »Was ist mit Nick? Mann! Er war nicht in dem Bus, oder? Nein, natürlich war er nicht in dem Bus. Da waren nur die Bandmitglieder von der Sumner High. Nick ist nicht in der Sumner-Band.«
Enttäuscht knie ich mich vor sie hin und versuche, die Infos von ihr mit dem zusammenzubringen, was ich bei Martha’s gehört habe, und dass Betty bei einem Unfall ist.
»Es war ein Angr …« Sie bricht mitten im Wort ab. Ihr Körper fällt vornüber, und sie verbirgt das Gesicht in den Händen.
Devyn streicht in kleinen Kreisen über ihren Rücken. »Es gab einen Angriff. Issie hat ihn gesehen. Ein Bus. Elfen haben ihn angegriffen.«
Ich versuche, seine Worte mit dem zu kombinieren, was ich über Gram weiß, und die Lichter, die ich gesehen habe, als ich mit Astley vorbeiflog. Aber es ergibt immer noch keinen Sinn. »Sie haben einen ganzen Bus angegriffen?«
»Es war ein Hinterhalt. Eine stand mitten auf der Straße, mit schmutzigen, zerrissenen Kleidern«, erklärt Devyn.
»Sie sah aus, als wäre sie verletzt«, flüstert Issie. »Sie hat Hilfe herbeigewinkt. Der Busfahrer hat angehalten.« Sie verbirgt das Gesicht immer noch in den Händen. »Ich sehe es immer noch vor mir. Ich bin aus der anderen Richtung gekommen. Bei dem langen, geraden Stück auf der Route 3.«
Ihre Stimme zittert.
»Willst du einen Schluck Wasser? Ich hol dir Wasser.« Devyn steht auf und geht ohne Krücken in die Küche.
»Der Bus hat angehalten. Die Tür ging auf. Ein paar Leute stiegen aus, um der Elfen-Frau zu helfen. Sie war auf die Straße gefallen. Und dann … es ist … es war furchtbar. Sie sind aus dem Wald gekommen. Von überallher. Und die Schreie … Ich hab sie gehört, obwohl ich im Auto war.« Sie fängt an zu schluchzen.
»Hast du angehalten?«, frage ich.
»Natürlich nicht!«, schreit Devyn. Dann beruhigt er sich und sagt: »Hier ist dein Wasser, Is.«
Sie schaut auf und nimmt das Glas. Ihre Hände zittern so sehr, dass sie es kaum halten kann. »Ich habe den Notruf angerufen und einen Unfall gemeldet. Und ich hab Betty angerufen, aber … ich bin immer weitergefahren. Immer weiter.«
Devyn nimmt ihr das Glas aus der Hand und stellt es auf den Boden.
»Es war so schrecklich«, wimmert sie.
»Schschsch …«, beruhigt er sie. »Ich weiß. Ich weiß.«
Sie weint ein Weilchen, dann wird ihr Schluchzen leiser. Schließlich hat sie einen Schluckauf. »Entschuldigung.«
»Du musst dich nicht entschuldigen«, sagt Devyn. Er schaut mich an und zieht mich beiseite. »Einen Augenblick, Is.«
Wir stehen in der Küche an der Spüle. Das glänzende Metall hat Flecken,
»Was ist los mit dir?«, schimpft er. »Du tröstest sie nicht mal.«
Ich muss schlucken. »Tut mir leid, ich …«
Jetzt verliere ich die Fassung. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mein Mund bewegt sich. Aber es kommt nichts raus.
Issie kommt herein und dreht den Wasserhahn auf, um ihr Glas zu füllen. »Wo ist eigentlich Nick?«
»Und warum bist du wieder blau?« Devyns Stimme ist ein einziger
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