Finsteres Licht
sein. Dann gäbe es bestimmt eine einfachere Lösung, um etwas gegen ihn zu unternehmen.
„Ich hab noch etwas für dich.“
Nitsa verschwand über eine breite, runde Treppe ins obere Stockwerk und kam mit einem schwarzen Buch in den Händen zurück. Wieder auf ihrem Platz sitzend, reichte sie es mir.
„Hier. Das möchte ich dir schenken.“
Ich nahm es an mich und staunte. Es war kein gewöhnliches Buch, sondern ein Album. Ein Fotoalbum. Ich klappte den Umschlag auf und betrachtete das erste Bild. Es war in schwarz-weiß. Darauf zu sehen war meine Mutter Lilja mit langen offenen Haaren, einem geschmackv ollen Kleid aus Spitze und einem Sonnenschirm. Sie lachte und es sah so aus, als ob sie sich gerade im Kreis gedreht hatte, als das Foto geschossen wurde, denn sie schaute über ihre Schulter und der Reifrock verdrehte den Stoff ein Stück weit. Auf dem nächsten Bild, es war ein Farbfoto, waren sie und Nitsa abgelichtet worden. Die beiden schnitten eine alberne Grimasse mit ihren Gesichtern. Das dritte Foto zeigte Lilja nachdenklich. Es war ein Portrait auf dem sie wunderschön aussah. Und auf dem vierten Farbfoto trug sie dasselbe Armband, wie das an meinem Handgelenk. Ich verglich sie und stellte fest, dass sie total ident waren. Nitsa bemerkte mein erstauntes Verhalten und beugte sich zu mir herüber. Sie betrachtete das Foto und dann mein Handgelenk.
„O ja. Es gehörte ihr“, bestätigte sie meine unausgesprochene Frage.
Ich starrte Nitsa an .
„Ist es möglich, dass sie noch lebt?“
Woher sonst hätte ich das Armband haben sollen. Vielleicht war es ein fach ein a nderes. Es gab doch viele Armbänder und viele davon mit Ankeranhänger.
„Bestimmt nicht“, bedauerte sie mit einem Händedruck auf meinem Unterarm.
„Es wäre möglich, dass es nicht ihres war“, überlegte ich laut und ho ffte Nitsa würde es bestätigen.
Wenn es ihres war, musste ich sie gekannt haben. Sie, oder meinen Vater.
„Lass mal sehen.“
Sie zupfte an meiner Hand und drehte den Anker herum. Auf der Rückseite war ein Buchstabe eingraviert. Ein schiefes K. Man musste genau hinsehen um es zu erkennen, denn die Fläche des Ankers war beinahe zu schmal für eine Gravur.
„Siehst du dieses kleine K?“
Sie hielt es mir hin, damit ich einen besseren Blick darauf hatte. Aber ich konnte es auch vorher schon erkennen und nickte bestätigend.
„Es steht für Kevin. Kevin Davis.“
„Mein angeblicher Vater“, murmelte ich.
„Mit Gewissheit dein Vater. Deine Mutter war n icht der Typ für kurze Affären.“
„Also gehörte es ihr! Was hat das zu bedeuten? Wie kommt es, dass ich es trage?“
I ch suchte vergeblich nach Erinnerungen.
„Das kann ich dir leider nicht beantworten. “
„Trotzdem ist es doch schön etwas von ihr zu besitzen, findest du nicht?“, meldete Aris sich, der die meiste Zeit über nur zuhörte und kaum etwas von sich gab.
„Ja.“
Er hatte recht. Lilja war die einzige Person in meinem Leben von der ich wusste, dass sie mich schon vor dem Verlust meiner Erinnerungen liebte. Ich kannte Geschichten von ihr. Wusste wie sie aussah. Lebte in ihrem Haus. Das alles waren Dinge zu denen ich einen Bezug hatte und dadurch zu Lilja . Ansonsten blieb alles f remd. Chiara, die unter Constantins Fittiche stand, bekam ich genauso wenig zu sehen, wie Aris in den vergangenen Tagen. Zu ihr konnte ich kein richtiges Verhältnis aufbauen. Sie tat mir leid und ich verstand nicht, wie sie den Mord ihrer Tochter zulassen konnte. Obwohl ich bezweifelte, dass Chiara überhaupt wusste, wie Lilja wirklich starb. Eine Mutter sollte ihre Tochter schützen.
„Also ich weiß nicht wie es mit deinem Zeitplan aussieht, aber ich muss wieder los!“, riss Aris mich aus meinen Gedanken.
„Ich komme mit dir“, drängte ich mich auf.
Er war spät und die Nacht angebrochen. D er nächste Tag brachte wieder eine neue Energiesitzung mit sich, um meine innere Kraft zu wecken. Ich machte mir keine Hoffnungen, da ss ich es morgen schaffen würde, w ollte aber dennoch ausgeruht und fit sein.
„Ahm. Danke für das Fotoalbum. Ich freue mich wirklich sehr darüber …“, stotterte ich vor mich hin, weil ich nach den richtigen Worten suchte u m es nicht mitnehmen zu müssen.
Wenn es Constantin i n die Hände fallen würde, wäre mein kleines Geheimnis über die Besuche bei Nitsa schnell keines mehr.
„Aber du kannst es nicht mitnehmen. Ich weiß“, begriff sie schn ell und nahm es wieder an sich.
„Ich werde es hier
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