Finsteres Licht
Alter. Geduld ist eine Tugend, die bei unserer Lebenserwartung in die Wiege gelegt wird. Wir warten einfach ab, bis du so weit bist.“
„Und wie lange kann das dauern? “
Ich hatte nicht wirklich die Absicht mein ganzes Leben in Transsylvanien zu verbringen.
„Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte.“
Ich zwang mich, meinen Schock zu verbergen. Constantin durfte einfach nicht ahne n, dass meine Behauptung, hier z u H ause zu sein, nicht hundertprozentig der Wahrheit entsprach.
„Ich habe nur nicht die Absicht, tatsächlich so lange darauf zu warten.“
Jetzt war ich gespannt, was er mit mir vor hatte.
„Und was könnte man tun um es zu beschleunigen?“
Ich grinste ihn anspornend an. Er sollte glauben, mich reize der Gedanke, schneller an diese schlummernde Macht zu kommen.
„ Es gäbe tatsächlich eine Möglichkeit.“
In seinem schiefen verschwörerischen Blick entfachte ein herausforderndes Feuer. Er wollte diese Kräfte in mir mehr als alles andere. Er gierte danach und es gefiel ihm ausgesprochen, mich auf seiner Seit e zu wissen.
„Wenn du dich bereit erklärst, dich unterstützen zu lassen, könnten wir versuchen, deine schlummernde Energie zu er wecken.“
Was sollte ich tun? Wie sollte ich reagieren? Bevor ich nicht wusste wie er das anstellen wollte, war es nicht sehr geschickt von mir, mich dazu bereit zu erklären.
„Und wie sähe dieser Versuch aus?“, erkundigte ich mich mit derselben schnurrenden Stimmlage, die er anwandte.
„Levana! Leiste uns doch bitte Gesellschaft!“ Seine Worte richtete er in die Luft, seinen Blick weiterhin auf mich gerichtet.
Er rief die Hexe herbei , war mir sofort klar, als eine eisige Kälte meinen Rücken hochkroch und ein ungutes Gefühl heraufbeschwor.
Lautlos erschien sie aus einer dunklen Ecke des Raumes , aus der auch plötzlich schwarzer Nebel hervorzog. Ich konnte nicht sagen, ob sie sich schon die ganze Zeit dort versteckte , oder sich in eine r Nebelwolke herbeizauberte. Zumindest hatte ich sie nicht bemerkt, was sehr eigenartig war. Im Licht erkannte ich sie sofort. Sie war diese zurückhaltende Frau, die einzige, die mir auf dem Ball nicht vorgestellt wurde. Lange kastanienbraune Haare schmückten das kleine Gesicht mit den hohen Wangenknochen. Ihre Haut glänzte in einem hellbraunen Ton, fast golden. Und die großen braunen Augen fixierten mich. Ich saß stocksteif da und bewegte mich keinen Millimeter. Beinahe kam es mir so vor, als ob sie mich mit ihrem starren Blick bewegungsunfähig machte.
„Das ist Levana. Eine gute Freundin, Magierin und Hexe “, stellte Constantin die Frau vor.
„ Fachkundig in Magie, Heilung, Kräuterkunde und so weiter und so fort“, sang sie förmlich mit heller Stimme.
Sie wirkte so gar nicht wie eine böse Hexe. In ihrem enganliegenden samtigen dunkelgrünen Kleid ähnelte sie eher eine r zarten Elfe. Lediglich mein bisheriges Wissen darüber, wozu sie wahrscheinlich fähig war, hinderte mich daran, sie sympathisch zu finden.
„Faszinierend, ich bin Sarah und ich glaube, ich hatte bisher nicht das Vergnügen eine echte Hexe kennen zu lernen“, presste ich mit gespielter Hochnäsigkeit her vor.
Niemals würde ich mir ansehen lassen, wie sehr mich die Situation aufbrachte.
Vertraue niemandem! Die Worte der Rothaarigen aus dem Wald hallten in meinen Ohren wider. Gewiss würde ich den beiden, Constantin und seiner Hexe, niemals vertrauen.
„Es gibt immer ein erstes Mal, Kindchen“, war ihre unterschwellige und herablassende Antwort.
„Ich habe Sie auf dem Empfang gesehen. Warum sind sie nicht zu uns herüber gekommen?“, fragte ich frech mit vorgerecktem Kinn und hoffte nicht wie ein kleines törichtes Kind, sondern wie eine hochmütige, arrogante Frau rüber zu kommen.
„Ich mag solche Anlässe nicht. Der einzige Grund meiner Anwesenheit warst du. Ich war neugierig .“
Ich glaub t e eher, sie wollte alles genau beobachten und sicherstellen, dass ich Constantin auch ja nicht dazwischen pfuschte.
„Nun, weshalb sie hier sind … wie gedenken Sie meine Kräfte zu entfesseln ?“
Hoffentlich lehnte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster. Constantin behielt mich genau im Auge. Ich spürte seine Aufmerksamkeit auf mir, wie eine zweite Haut .
„Selbstverständlich habe ich etwas derartiges noch nie versucht, was an dem Mangel von Auserwählten lag.“
Levana stolzierte mit hoch erhobenem Haupt durch den Raum und schloss dabei ihre Finger um einen dunkelgrauen Stein , der an eine m Lederband
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