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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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war eigentlich das Raubtier, nicht ich, doch der Blick, den er mir zuschoss, war der Blick eines Beutetiers – große Augen, weiches Gesicht, leicht geöffnete Lippen. Ich sah seinen Puls am Hals.
    Mich überfiel der Drang, auf den Rücksitz zu klettern und diesen hektischen Puls zu belecken, die Zähne in das zarte Fleisch zu schlagen und den Puls herauszulösen.
    Er erschien mir wie ein Bonbon, das ich in den Mund nehmen und auf der Zunge rollen konnte. Mir war klar, dass es so nicht sein würde, sondern der Puls wäre zerstört, sowie ich hineinbisse. Er würde in einem Schwall Blut vergehen, doch das Bonbonbild blieb, und auch der Gedanke an herausspritzendes Blut kam mir nicht schrecklich vor.
    Ich schloss die Augen, damit ich Calebs Halsschlagader nicht mehr pochen sah, und konzentrierte mich aufs Atmen. Doch bei jedem Atemzug bekam ich diesen bittersüßen Geschmack von Angst in den Mund. Fast schmeckte ich sein Fleisch.
    »Was ist mit mir los?«, fragte ich laut. »Ich möchte Caleb die Halsschlagader zerbeißen. Es ist zu früh, als dass Jean-Claude schon wach sein könnte. Außerdem habe ich normalerweise kein Verlangen nach Blut oder nicht nur nach Blut.«
    »Der Mond ist fast voll«, sagte Nathaniel. »Darum hat auch Jason die Beherrschung verloren und sich auf dem Fahrersitz verwandelt.«
    Ich machte die Augen auf und sah ihn fest an, um Calebs Angst nicht zu sehen. »Belle hat mich verführen wollen, Caleb zu beißen, und ich habe ihr widerstanden. Wieso riecht er jetzt plötzlich so lecker?«
    Nathaniel hatte endlich die nächste Auffahrt auf die 44 gefunden. Er fädelte hinter einem großen gelben Wagen ein, der dringend eine neue Lackierung brauchte oder vielleicht gerade die Grundierung gekriegt hatte, denn er war stumpf grau. Dann nahm ich im Rückspiegel eine Bewegung wahr. Da war wieder der blaue Jeep. Am Ende der schmalen Straße mit anderen Fahrzeugen zu beiden Seiten. Er war gerade um die Ecke gebogen und hatte uns gesehen. Jetzt fuhr er langsamer in der Hoffnung, dass wir ihn vielleicht nicht bemerkt hatten.
    »Verfluchter Mist.«
    »Was ist?«, fragte Nathaniel.
    »Dieser blöde Jeep ist wieder hinter uns. Keiner dreht sich um.« Alle erstarrten mitten in der Drehung außer Jason. Er hatte gar nicht erst dazu angesetzt. Vielleicht waren Wolfshälse nicht so gelenkig, oder er interessierte sich für etwas anderes. Ich stellte fest, dass er Caleb anstarrte.
    Ich sah den großen pelzigen Kopf an. »Denkst du daran, Caleb zu fressen?«
    Er richtete diesen zwingenden Blick seiner hellgrünen Augen auf mich. Angeblich sind Wölfe ja die Vorfahren der Hunde, aber manchmal bezweifle ich das. In diesen Augen sah ich nichts Freundliches oder Sympathisches oder auch nur Zahmes. Er dachte sichtlich an Fressen. Er sah mich nur an, weil ich ihn dabei erwischt hatte, wie er jemanden, der unter meinem Schutz stand, als Fressen in Erwägung zog. Dann sah er wieder Caleb an und dachte an Fleisch. Hunde sehen keine Leute an und denken »Futter«. Sie sehen nicht mal andere Hunde an und denken es. Aber Wölfe tun das. Es gibt in den Zeitungsarchiven keine Berichte, dass mal ein Wolf in Nordamerika einen Menschen getötet und gefressen hätte. Das hat mich immer gewundert. Denn blickt man in diese Augen, weiß man, dass dahinter keiner ist, mit dem sich reden lässt.
    Ein Lykanthrop will nach seinem ersten Gestaltwechsel frisches Fleisch. Neue Lykanthropen sind tödlich, aber Jason war nicht mehr neu, und er hatte sich in der Gewalt. Das wusste ich ganz genau, und trotzdem gefiel es mir nicht, wie er Caleb ansah, und noch weniger gefiel es mir, dass er mich mit seinem Verlangen ansteckte.
    »Was soll ich wegen des Jeeps tun?«, fragte Nathaniel.
    Ich riss mich von meinem Hungergefühl los und wandte mich Nathaniel zu. Es fiel mir schwer, aber wenn in dem blauen Jeep lauter böse Jungs saßen, dann sollte ich mich auf die konzentrieren und nicht auf metaphysische Gelüste.
    »Wenn ich das wüsste. Ich habe selten mal Beschatter. Meistens versuchen mich die Leute direkt umzulegen.«
    »Ich muss jetzt entweder auf den Highway auffahren oder zur anderen Seite abbiegen. Wenn ich hier stehen bleibe, wissen sie, dass wir sie gesehen haben.«
    Da hatte er recht. »Highway.«
    Er fuhr an und schwenkte in die Auffahrt. »Und wohin dann?«
    »Zum Zirkus.«
    »Wollen wir die Kerle hinführen?«, fragte Nathaniel.
    »Jason hat vorhin gesagt, dass sowieso fast jeder weiß, wo Jean-Claudes Schlafplatz ist. Außerdem sind die

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