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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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in den Angeln hing. Er wusste, dass sie dort als Erstes nach ihm suchen würden. Dahinter kam jedoch freies Gelände und dann der Waldrand. Er konnte die schützenden Bäume und den Farn ausmachen. Wenn er nur die Bäume erreichen könnte! Er versuchte sich aufzurichten und loszurennen, doch seine Brust schmerzte zu sehr. Er hörte Lärm aus dem Gasthau s – und Rufe. Er schlang die Arme um sich, drückte sie, so fest es ging, gegen die Brust und stolperte in Richtung Wald.
    Er war fast an der offenen Tür der alten Scheune vorbei, als eine Hand herausgeschossen kam, ihn an der Jacke packte und hineinzog. Er schlug blind um sich, spürte, wie seine Faust ein Gesicht traf, aber irgendjemand zog ihn auf den Boden hinunter, und er hatte nicht die Kraft, sich zu wehren. Er schrie auf und eine Hand legte sich fest über seinen Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er biss mit aller Kraft hinein, hörte die Person wimmern, doch der Druck der Hand verstärkte sich nur noch.
    »Pssst!«
    Im Dämmerlicht näherte sich ein Gesicht dem seinen.
    »Pssst!«, machte die Stimme erneut.
    Dann sah er, wer ihn hereingeholt hatte. Es war das Mädchen, Katta.
    Als ihr das Tablett aus den Händen geglitten war, hatten Häller und Walter sie einen Moment lang angestarrt. Dann war Häller zur Tür gestürzt, Walter hinterher.
    »Ein Dieb!«, rief Häller, und schon waren sie aus dem Zimmer und liefen den Flur hinunter, wobei Häller immer noch aus Leibeskräften brüllte: »Haltet den Dieb!«
    Aber Katta wusste, dass sie etwas ganz anderes beobachtet hatte.
    Sie warf rasch einen Blick aus dem Fenster. Der Junge lag reglos auf dem Boden, und sie hätte schwören können, dass er tot war. Doch dann bewegte er sich. Sie überlegte nicht lang. Die beiden Männer hatten die falsche Richtung eingeschlagen, wenn sie vor ihr auf der Rückseite des Gasthauses sein wollten. Sie kannte einen viel schnelleren Weg. Sie rannte aus dem Zimmer, den Balkon entlang und dann die Hintertreppe hinunter, die direkt in den Hof vor den Stallungen führte. Mit geschürzten Röcken lief sie über den Hof und schlüpfte durch eine Mauerlücke, die nur wenig breiter war als sie selbst. Als sie sich durchgequetscht hatte und am anderen Ende herauskam, sah sie, dass der Junge auf den Beinen war und auf die Bäume zustolperte. Er konnte stehe n – eine Welle der Erleichterung überkam sie. Aber jetzt hörte sie auch Stimmen. Sie kamen. Er hatte nicht die geringste Chance, den Wald zu erreichen. Aber wenn sie es vor ihm zu der alten Scheune schafft e …
    Ohne nachzudenken, lief sie denselben Weg zurück, den sie gekommen war, quetschte sich geduckt durch ein Loch in der Scheunenwand und erreichte die Tür nur Sekunden vor Mathias, nachdem sie sich in der Dunkelheit an Bergen von ausgedienten Fässern und altem Holz vorbeigeschlängelt hatte. Es war gerade noch Zeit, den Jungen zu packen und ins Dunkel zu ziehen. Sie spürte kaum, dass er sie schlug und in die Hand biss.
    »Pssst!«, zischte sie und brachte ihr Gesicht ganz nah an seines heran, damit er sie erkannte. Ihr Herz hämmerte. »Pssst!«
    Sie sah ihn erschrocken die Augen aufreißen, als bei ihm der Groschen fiel, und nahm die Hand von seinem Mund. Sie versuchte ihn am Arm hochzuziehen. Er stöhnte, und ihr wurde klar, dass er schwer verletzt sein musste, doch für Behutsamkeit war jetzt keine Zeit. Sie packte ihn mit beiden Händen am Kragen und schleifte ihn weiter in die Scheune hinein. Stimmen ertönten, sie wurden lauter, als Männer um die Ecke des Gasthauses kamen. Sie blieben unter dem Fenster stehen, aus dem er gefallen war. Es würde kaum mehr als einen Augenblick dauern, bis sie die Scheune sehen und auf die Idee kommen würden, dass er sich wahrscheinlich dort versteckte.
    Katta zog ihn über den Boden. Die teergetränkten Planken scheuerten an seiner Wange. Er spürte, wie sie mit einer Hand an etwas zog, das knarrte und sich dann bewegte. Plötzlich wehte ihm kalte, feuchte Luft entgegen. Sie zog ihn hinein, gerade als die Männer in die Scheune stürmten.
    Mathias fiel schwer auf die feuchte Erde. Er streckte die Hände aus, um irgendwo Halt zu finden, griff jedoch ins Leere. Es tat einen leisen Schlag, als hätte sich etwas über ihnen geschlossen, dann umgab sie nur noch feuchte, dunkle Stille. Er hörte das Mädchen atmen. Katta drückte sich dicht an ihn und legte einen Finger an seine Lippen.
    »Pssst«, wisperte sie. Er ertappte sich dabei, wie er sich mit absurder Klarheit fragte, ob

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