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Finsterherz

Finsterherz

Titel: Finsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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hinter sich herstapfen lassen, doch jetzt wurde er langsamer, damit sie aufholen konnten.
    »Was ist?«, fragte Mathias.
    »Nichts Ernstes«, antwortete König. »Wahrscheinlich nur Wölfe.«
    »Wölfe!«
    König lächelte ihm zu. »Wir wollen erst einmal sehen, wie viele es sind, bevor wir uns fürchten.«
    Die Dämmerung würde erst in zwei, drei Stunden einbrechen. Sie gingen eine ganze Weile weiter; Katta kam es jedenfalls ziemlich lange vor. Dann hielt König wieder an. Er legte die Zügel über den Hals des Pferdes und stieg ab.
    Im Schnee waren Spuren. Mathias, der noch auf dem Pferd saß, betrachtete sie von oben, und plötzlich begriff er. »Das sind unsere Spuren«, sagte er. »Wir sind im Kreis gelaufen.«
    König suchte sorgfältig den Boden ab. Stefan schnallte sein Bündel ab, ließ es in den Schnee fallen und trat zu ihm.
    » Wolfen? «, fragte er.
    König schüttelte den Kopf. » Ney «, antwortete er, aber es klang verwundert. » Voye .« Er wies an einer Stelle auf den Boden, dann an einer anderen und zeigte Stefan, was er im Schnee entdeckt hatte.
    »Was ist?«, erkundigte sich Mathias erneut.
    König richtete sich auf und blickte ihren alten Spuren nach, die in den Wald führten. »Wir werden verfolgt.«
    Da verstand Mathias, was König getan hatte. Er hatte sie in einem großen Kreis herumgeführt, damit sie ihre eigenen Spuren kreuzten und die von was immer hinter ihnen war. Aber es waren keine Wölfe, und ihm wurde plötzlich klar, dass König das die ganze Zeit gewusst haben musste.
    König stand neben dem großen Pferd im Schnee. Er stellte seinen Fuß neben einen der Abdrücke und runzelte die Stirn. Es war der Abdruck eines Stiefels, zu klein für einen Mann, zu groß und tief für ein Kind. Der Besitzer dieser Schuhe hatte keine Mühe, ihnen zu folgen, daran gab es keinen Zweifel.
    Wieder schüttelte König den Kopf. »Wer immer es ist, er reist allein«, erklärte er.
    »Vielleicht läuft er in unseren Spuren, weil es für ihn im Schnee so weniger anstrengend ist«, meinte Mathias. »Stefan und Katta tun das auch.«
    »Vielleicht«, erwiderte König, aber er klang nicht überzeugt.
    Er ergriff mit einer Hand die Zügel und schwang sich wieder in den Sattel. Stefan stapfte zu der Stelle, an der er sein Bündel hatte fallen lassen, und hob es auf. Mathias fror plötzlich von innen heraus. Er blickte zu Katta hinüber, doch die hatte ihm den Rücken zugewandt und knöpfte ihren Mantel zu.
    Mathias hatte in seinem ganzen Leben nur einen Menschen getroffen, der kleiner war als ein Mann, aber größer als ein Kind. Nein, das war ausgeschlossen. Ein Schauer überlief ihn.
    Es war ein verstörender Gedanke, der mehr und mehr Besitz von ihm ergriff, während die Sonne sank und die Schatten zwischen den Bäumen dunkler wurden. Sie hatten den Wald verlassen und folgten jetzt einer unbefestigten Straße. Wagenspuren zogen sich durch den Schnee; es sah so aus, als seien schon einige Reisende hier entlanggefahren, doch jetzt war keiner zu sehen. Wieder fiel Schne e – in kleinen, eisigen Nadeln, die durch die Luft tanzten.
    Sie waren auf dem Weg zu einem Gasthau s – mehr hatte König nicht verraten. Nur einmal hatte er angehalten, sich in den Steigbügeln aufgerichtet und zurückgeblickt, doch da er niemanden hatte entdecken können, war er weitergeritten. Nur Mathias hielt noch Ausschau. Schließlich sagte König: »Du wirst ihn nicht sehen.«
    »Vielleicht doch.«
    »Nein. Wenn er uns wirklich gefolgt ist, ist er nämlich auch an die Stelle gekommen, an der sich unsere Spuren gekreuzt haben und an der wir angehalten haben. Jetzt ist ihm klar, dass wir wissen: Er ist hinter uns. Also muss er vorsichtig sein, sonst kriegt er eine Pistolenkugel in den Schädel. Wenn er schlau ist, siehst du ihn nicht, und wenn er nicht schlau ist, ist er bald tot.«
    Mathias blickte sich um und aus einem unguten Gefühl wurden die kalten Finger der Angst.
    König lachte in sich hinein. »Mach dir keine Sorgen«, sagte er leichthin. »Ich habe gesagt, du wirst ihn nicht sehe n – aber ich schon.«
    Hätte jemand anders das gesagt, Mathias hätte es für Angeberei gehalten. Bei König war das etwas anderes. Er fragte sich, wie viele Menschen König schon umgebracht hatte. Und wie viele versucht hatten, ihn umzubringen, und den nächsten Tag nicht mehr erlebt hatten.
    »Außerdem«, fügte König hinzu, »ist da schon das Gasthaus.«
    Weit vor ihnen sah Mathias den hellen Punkt einer Lampe. Die Straße hinter ihnen war

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