Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
kommende Jahr voraus. Eine der Prophetinnen der Dunklen Lady und einer unserer Seher in menschlicher Form tanzen miteinander, ein Ritual, das erzählt, wie die Dunkle Lady und der Stawar-Gott zusammenkamen. Ich habe sagen hören, dass der König dann zwei Viehköpfe mitbringt, sodass es genug Fleisch für alle gibt!«
Carina lachte. »Isencroft ist nicht einmal annähernd so fantasievoll. Mit Chenne als der Patronin finden zur Wintersonnenwende immer Turniere und Freudenfeuer statt und ein besonderes Feuerwerk für die Helden und um die Toten zu ehren. Es gibt alle möglichen Arten von Wettbewerben und Sport und die Gewinner werden mit einem großen Bankett in Anwesenheit des Königs geehrt. Ich habe nie herausgefunden, warum wir zwölf Tage lang feiern und nicht nur acht.«
Gabriel antwortete. »Eine sehr alte Tradition. Acht für die Gesichter der Lady und noch vier für ihre Gefährten: die Götter des Stawar, des Wolfs, des Bärs und des Adlers.«
Trotz des prasselnden Feuers war auf einmal ein Luftzug zu spüren und Carina wusste, dass die Geister gekommen waren. Einige waren imstande, sich selbst sichtbar zu machen, ohne die Hilfe eines Seelenrufers.Die anderen, denen diese Kraft fehlte, bewegten sich ungesehen durch den Raum, mischten sich unter die Tanzenden und versammelten sich am Feuer.
Noch ein Windstoß rüttelte an den Fensterläden des Herrenhauses und heulte über die Dächer. Das Geräusch vermischte sich mit dem Jubel der Festgäste im Haus. Carina schauderte und Jonmarc zog sie näher an sich heran, beide Arme um sie geschlungen. Am anderen Ende des Raums spielten die Musiker erneut eine lebhafte Melodie.
»Ein Tanz, m’Lady?«, fragte Jonmarc mit einem Lächeln. Er verbeugte sich übertrieben und schlug die Hacken seiner Stiefel zusammen. Carina ließ sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Yestin und Eiria kamen ebenfalls, wie auch Laisren und Lisette, während Gabriel sich in eine Ecke des Raums zurückzog, um mit Riqua zu sprechen. Sie tanzten, bis es die elfte Stunde schlug und Carina sich keuchend und dankbar in einen Sessel fallen ließ.
»Genug! Es ist mit dem Feuer so warm wie im Sommer hier drinnen.«
Jonmarc reichte Carina eine Tasse mit Punsch und sah auf, als Gabriel mit einem Nicken aus seiner Ecke des Raums zu ihnen kam. »Ihr könnt wieder zu Atem kommen, ich muss mich jetzt um Geschäfte kümmern. Wir werden sehen, ob wir dann noch tanzen können.« Er ging hinüber zum großen Kamin und klatschte in die Hände, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Langsam wurde die Menge leiser und die Musiker beendeten ihr Spiel. »Eine gute Sonnenwende!« Jonmarc wurde mit einem Toast und gehobenen Bechern gegrüßt. »Bevor wir essen, so hat mir Lord Gabriel gesagt, haben wir einige Dinge zu beachten. Zuerst: ein herzliches Willkommen an unsere Gäste, die Geister sind!«
Zur Antwort ließ ein Luftzug die Kerzen flackern und das Feuer im Kamin tanzen. Gabriel goss Sahne in eine Tasse und gab sie Jonmarc, der sie als Opfergabe neben die Schüssel mit Hafergrütze an den Ziegenkopf stellte.
»Und den Geistern von Dark Haven wünsche ich ein reiches Mahl!« Das Feuer prasselte mit einem Mal lauter und schickte tanzende Funken den Kamin hinauf. »Ein Toast an die Lady in all ihren Gesichtern, für die Ernte, die wir einfahren konnten«, sagte Jonmarc und hob seinen Kelch hoch in die Luft. Der stark gewürzte Met war speziell für diese Gelegenheit gebraut worden. Selbst in Isencroft, so wusste Carina, wurden die Gelübde, die bei einem Becher Met während der Wintersonnenwende abgelegt wurden, als verbindlich in diesem und im nächsten Leben angesehen.
Es gab eine Bewegung am anderen Ende des Raums, nahe den Türen nach draußen. Zwei der Dörfler ließen einen großen Eber herein. Mit dicken Harnischen versehen, folgte der Eber einer großen Rübe, die ihm vor die Nase gehalten wurde. Der Eber und seine Hirten gingen durch die Festgäste hindurch und diese machten dem großen Tier Platz, als sei es ein Ehrengast.
»Was ist das?«, fragte Carina leise Lisette.
»Es ist Sitte, dass der Herr des Hauses den Eber segnet und einen heiligen Eid schwört. Dann wird der Eber geschlachtet. Das Blut wird den Vayash Moru gegeben, ein Teil des rohen Fleischs den Vyrkin und der Rest wird auf kleinem Feuer für das morgige Fest gebraten. Morgen ist Sinhame , die Nacht der Vettel.«
Der Eber wurde ans Kopfende des Saals geführt und Gabriel gab Jonmarc einen Kelch mit Met. Carina hatte keine
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