Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
jeder am Hof weiß auch, dass du der Königin nahestehst. Wenn das von dir kommt, dann wird es wie ein Versuch des Palasts aussehen, ein peinliches Lied zu stoppen –«
»– was das alte nur beliebter machen würde«, beendete Macaria den Satz. »Aber wir können deine Augen und Ohren sein. Vielleicht finden wir sogar heraus, wo die anderen Weisen herkommen.«
»Wir werden das Glück der Dunklen Lady auf unserer Seite brauchen«, meinte Tadhg.
Carroway schlug Tadhg auf die Schulter. »Ich weiß, mein Freund. Ich weiß.«
Auf dem Waffenboden wirbelte Kiara herum und landete einen soliden Ostmarktritt gegen die Quintana, die Kampfattrappe aus Holz. Wenn das Schlimmste der Morgenübelkeit vorbei war, fand Kiara es nervenberuhigend, schon vor der Morgendämmerung ein ordentliches Kampftraining zu absolvieren. Die Quintana war ihr letzter Ausweg. Bis zu seiner Gefangennahme war Mikhail ihr ein würdiger Gegner gewesen. Obwohl ihm Jonmarcs Fähigkeiten mit dem Kampfstil der Ostmark fehlten, waren seine Stärke und seine Schnelligkeit als Vayash Moru eine Herausforderung. Aber Mikhail war in einem Verlies eingesperrt. Und obwohl Carroway mit den Messern tödlich zielen konnte, so gab er selbst zu, dass seine Fähigkeiten als Schwertkämpfer sehr zu wünschen übrig ließen. Es gab keinen anderen, dem Kiara ihr Training anvertraut hätte, und so ließ sie ihre Frustration und ihre Einsamkeit an der hölzernen Quintana ab.
Es tat gut, sich zu bewegen. Sie war allein, mit den Wachen draußen vor den Türen des Waffenbodens. Keiner konnte behaupten, sie wahre den Anstand nicht. Hier im Waffenzimmer war sie frei von den sperrigen Kleidern, die bei Hof verlangt wurden. An einer Seite des Raums lag ein einfaches Gewand, zusammen mit ihrem Halsband für das Amulett und dem anderen Schmuck. Jetzt trug sie eine Tunika und Hosen aus Isencroft in flammender Farbe. Als sie sich durch die einzelnen Kamfpositionen arbeitete, spürte sie, wie sich ihre Stimmung das erste Mal seit vielen Tagen hob. Jae stieß auf die Quintana herab und wich mit Leichtigkeit Kiaras Schwertstreichen aus. Er schlug mit den Krallen gegen die hölzerne Kampfattrappe. Als er des Spiels müde wurde, zog sich der Gyregon auf einen Querbalken hoch im Dachgebälk des Waffenzimmers zurück.
Auf die Technik konzentriert, konnte Kiara den Gedanken nicht entkommen, die sie in der Nacht verfolgten und die Tage beschwerlich machten. Es war eine Erleichterung, nicht zu denken, sich keine Sorgen zu machen oder zu fragen, was mit der Armee wohl gerade geschah. Hier gab es nur die Freiheit der Bewegung und die Freude an ihrem Können.
Ohne Vorwarnung fiel die Temperatur im Waffensaal ins Bodenlose. Ein Windstoß blies die Fackeln aus. Es war immer noch zu früh für Tageslicht und die Fenster oben in den Mauern waren dunkel, und so wurde es von einem Moment auf den anderen stockdunkel im Saal. Bevor Kiara etwas tun konnte, wurde die Quintana wie von selbst bewegt und traf Kiara mit der flachen Seite der Lanze quer über den Bauch. Die Wucht des Schlages warf sie zu Boden. Gleichzeitig ließ ein scharfer Schmerz sie sich zusammenkrümmen. Sie versuchte, nach den Wachen zu rufen, doch es kam keine Antwort. Jae landete neben ihr, sein Kopf sah sich wachsam um.
In der Luft neben ihr schien ein fahles Licht umherzuwirbeln und sich zu verdichten. Als es heller wurde, hörte Kiara Stimmen im Dunkel.
»Es ist zu früh –«
»Es hat noch keine Seele –«
»Dann ist es die rechte Zeit. Wir müssen festlegen, wer von uns –«
»Wir hatten vereinbart –«
»Noch keine Vereinbarung –«
Kiara versuchte, auf die Füße zu kommen, und biss dabei, den Schmerz ignorierend, die Zähne zusammen. Die Quintana begann wie wild herumzuwirbeln. Kiara duckte sich, um einem erneuten Treffer mit der Lanze zu entgehen, denn sie fürchtete, ein weiterer Schlag könnte sie das Bewusstsein verlieren lassen oder Schlimmeres. Das Glühen kam näher und jetzt konnte sie die Stimmen deutlicher hören.
»Das ist nicht einfach –«
»Dennoch, nicht unmöglich –«
»Einer von uns wird es sicherlich –«
Ein Wind erhob sich um Kiara, so heftig, dass sie hörte, wie die Schwerter herunterfielen, die an der Wand aufgehängt waren. »Wachen!«, schrie sie, um den Sturm zu übertönen.
Lachen erklang aus dem hellen Fleck. »Sie können dich nicht hören. Wir haben dafür gesorgt. Wir haben die Tür auf alle Fälle verschlossen. Wir haben dich beobachtet. Wir haben gewartet.«
»Was wollt
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