Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
die Reihe, dann ein derberes Lied, von dem man wusste, dass es zu Bricens Lieblingsliedern gehört hatte. Schließlich war auch »Des Falkners Klage« zu hören, um an Kait zu erinnern. Es war dieses letzte Lied, das Tris veranlasste, sein Gesicht zu verbergen, bis er seine Fassung wiedererlangt hatte. Die pfeifenden Noten erzählten von einem wandernden Falkner, der seine Heimat und all ihre Bequemlichkeit verlassen hatte, um nach einem verwundeten Vogel, seinem besten Tier, zu suchen. Die Palastgeister, die bekanntermaßen eine Vorliebe für gute Unterhaltung hatten, sammelten sich still, um zuzuhören. Als Carroway die letzten Noten auf seiner Leier zupfte und seinen Kopf senkte, brach der ganze Raum in Applaus aus.
Das nächste Lied trug ebenfalls Carroways Handschrift, auch wenn es andere Musikanten waren, die es aufführten. Eine ganze Reihe Lieder aus Isencroft, um die Verlobte des Königs zu ehren, wurde gesungen, dazu gab es Tänzer, die sich in weichen Seidentuniken und -hosen bewegten, wie sie im südlichen Isencroft getragen wurden. Dieser Teil der Unterhaltung kam beim Publikum gut an. Tris wusste, dass Carroway schon begonnen hatte, Lieder über Isencroft im Palast aufzuführen und einzuüben, um den Hof so auf eine ausländische Königin vorzubereiten.
Zwischen den Gängen stellte Zachar dem König rund ein Dutzend Gäste vor. Während sich die Menschen für die Vorstellung aufreihten, stand Soterius links von Tris – nah genug, um ihn mit seinem Schwert zu schützen, falls es Ärger geben sollte.
Tris sah über die nächste Gruppe, die schon auf ihre Audienz wartete. Lord Acton war der Erste. Es gab Gerüchte, dass er allein mit dem ihm eigenen Blick und einem kurzen Wort der Entlassung ein ganzes Regiment von Jareds Soldaten verscheucht hatte. Acton verbeugte sich tief, als er vor den Thron tat. Das Alter verlangsamte seine Schritte.
»Erhebt Euch, alter Freund.«
»Es ist gut zu sehen, dass Ihr die Krone tragt, König Martris«, sagte Acton mit einer Stimme, die so klar und kräftig war wie die eines jungen Mannes. »Einige unter uns glauben, dass dies immer schon der Wille der Lady war.«
»Mein Vater hat oft davon gesprochen, wie sehr er Euch vertraute. Ich tue das auch.«
»Die Tage sind vorbei, in denen ich in die Schlacht reiten konnte wie seinerzeit mit Bricen. Aber wenn ich Euch sonst irgendwie dienen kann, dann lasst es mich wissen.«
»Ich danke Euch.«
»Ein schönes Fest Euch, mein König«, ließ sich der nächste Adlige in dieser Reihe vernehmen. Tris versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er misstraute Graf Guarov ebenso sehr, wie er Acton vertraute. Tris wusste, dass Soterius Spione in Guarovs Landhaus hatte. Es waren allerdings keine Verbindungen zu Curane gefunden worden – noch nicht. Dennoch hatte Guarov es fertiggebracht, Jareds Herrschaft bemerkenswert unbehelligt zu überstehen. Er hatte nicht offen mit Jared zusammengearbeitet, aber es gab viele, die ihn verdächtigten, dass er andere, geheimere Wege gefunden hatte, dem Thronräuber zu dienen. Es gab auch Gerüchte, dass Guarov ordentlich unter Jared verdient hatte, indem er ihm zu einem stolzen Preis seine Waffenschmiede, seine Bauern und Handwerker auslieh, wann immer der König es gewünscht hatte. Tris nahm Guarovs Loyalitätsschwüre mit steinernem Gesicht entgegen.
Doch sein Gesicht hellte sich auf, als Lady Eadoin auf ihn zukam. Die schon etwas ältere Dame hielt sich am Arm einer faszinierenden jungen Frau fest. Eadoin und ihre Begleiterin versanken in einem tiefen Knicks. Lady Eadoins Blutlinie war königlich und reichte weiter zurück, als selbst Menschen mit hervorragendem Gedächtnis zählen konnten, sie war sogar älter als die Bricens. Eadoin war die Letzte einer großen Adelsfamilie. Selbst kinderlos, war sie die größte Mäzenin von Margolans Barden.
»Mein König und Herr«, sagte Eadoin. Ihrer Stimme war der schwere Akzent des alten margolanischen Adels anzuhören.
»Gnädige Frau«, lächelte Tris.
»Es ist gut für Margolan, wieder eine junge Königin zu haben. Das königliche Kinderzimmer muss wieder gefüllt werden.«
»Alles zu seiner Zeit, My Lady.«
Ein Lächeln spielte um Eadoins Lippen. »Natürlich, mein König. Mein Seher sagt voraus, dass es im kommenden Jahr, dem Jahr Eurer Hochzeit, reiche Ernte und guten Wein geben wird. Solche Voraussagen sind gut fürs Kinderkriegen, wisst Ihr.«
»Euer Wunsch ist sehr freundlich.«
»Unserem Königreich wird es am besten gehen, wenn
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