Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
versuchte, sich selbst aus ihrer düsteren Stimmung zu reißen. Das Unternehmen dieser Nacht ging ihr näher, als sie eigentlich zeigen wollte. Isencrofterin zu sein bedeutete, ein Schwert führen zu können, doch sie hatte keine Illusionen über die Gefahren eines solchen Abenteuers.
Cam brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Soll sie doch. Sie geht ja doch bald nach Dark Haven und ich werde die Gardinenpredigten vermissen, die meist mit ihren Heilungen verbunden sind.«
Kiara lächelte. »Ich bin sicher, dass Besucher bei ihr immer willkommen sind.«
Cam lachte leise. »Jonmarc hat ein Auge auf Carina geworfen, seit wir in Lintons Karawane waren. Ich werde bis nach der Hochzeit mit einem Besuch warten.«
»Wessen Hochzeit? Meine oder ihre?«
Cam sah sie von der Seite an. »Beide.«
Sie schwiegen wieder, bis der Wald hinter ihnen lag und der schmale Weg in die Hauptstraße mündete. Kiaras Atem dampfte in der kalten Luft und die Wärme ihres Schlachtrosses war alles, was die Kälte davon abhielt, sie zu durchdringen. Vor ihnen lagen jetzt die Lichter von Aberponte, des Palasts von Isencroft, und die Stadt, die ihn umgab, glänzte heller als der Schnee um sie herum. »Glaubst du, dass wir sie bis auf den Letzten erwischt haben?«, fragte sie.
»Das ist jetzt das dritte Räubernest, das wir in genauso vielen Wochen ausgehoben haben. Ich glaube nicht, dass die Separatisten eine besonders große Gruppe sind – sie machen nur viel Lärm und sind fanatisch, was immer eine schlechte Kombination ist. Ich bezweifle, dass wir sie alle haben, aber wir haben sie wahrscheinlich zurückschlagen können. Genug jedenfalls, um deine Hochzeit durchziehen zu können und somit die Frage müßig werden zu lassen.«
Kiara sah über die Stadt. »Ich hätte nie gedacht, dass ich, nachdem ich beinahe ein Jahr versucht habe, Jared zu entkommen, von Margolan heimkommen könnte und dann erleben müsste, dass mein eigenes Volk versucht, mich zu töten.«
»Dein Volk versucht nicht, dich zu töten, Kiara. Sie verstehen, was auf dem Spiel steht und wie schlecht die letzten drei Ernten waren. Sie wissen, dass du alles riskiert hast, um Isencroft nicht in Jareds Hände fallen zu lassen. Und die meisten von ihnen erinnern sich an die Geschichten aus den alten Tagen, als die Räuber noch jedes Frühjahr kamen und alles plünderten, was sie nur in die Finger bekamen. Sie kümmern sich nicht darum, wie viele der Leute hungern und sie werden nicht an vorderster Front stehen, wenn die Piraten ins Land einfallen. Das sind nur Worte für sie.« Er schüttelte den Kopf. »Vaters Ländereien waren nah genug an der Küste der Nördlichen See. Ich weiß, wie es war, wenn die Piraten kamen. Einmal reicht. Nie wieder.«
»Alles ändert sich, Cam.« Unter den Hufen ihrer Pferde war der fest getrampelte Schnee so hart wie Stein. Der tägliche Verkehr nach Aberponte hatte dafür gesorgt. »Als ich auf die Reise gegangen bin, dachte ich, ich könnte alles wieder so richten, dass es wie früher vor Vaters Krankheit sei. Aber so funktioniert es nicht.«
»Das tut es nie.«
Kiara und Cam hatten kaum Zeit gehabt, die Pferde den Stallburschen zu übergeben und ihre Rüstungen auszuziehen, als auch schon ein Page mit dem Wunsch des Königs kam, sie möchten doch gleich zu ihm kommen. Cam humpelte, aber er lehnte jede Hilfe ab. Kiara hielt ihren linken Arm eng an ihrem Körper, sie war sich mittlerweile schmerzhaft bewusst, dass er geschwollen war. Voller Ruß, schweißüberströmt und blutbespritzt machten sie sich auf den Weg zum Thronsaal. Jae hatte sich auf Kiaras Schulter niedergelassen.
»Gut, dass Donelan nicht erwartet, dass wir uns standesgemäß anziehen.«
»Vater besteht selten auf dem Protokoll.«
Sie waren nicht überrascht, sowohl Cams Schwester Carina Jesthrata als auch den Seneschall Allestyr bei König Donelan warten zu sehen. Carina eilte auf sie zu, als Cam sich gegen eine Wand stützte, und Donelan bat sie, sich zu setzen. Jae flog auf den Boden und watschelte hinüber zum warmen Kamin.
»Nun?«
»Der Geheimdienst hatte Recht«, sagte Kiara. »Das Gehöft war bewaffnet – und es waren räuberische Separatisten. Wir haben die Überlebenden mitgebracht, um sie vor Gericht zu stellen.«
Carina arbeitete bereits an der tiefen Wunde in Cams Bein. Kiara warf einen Blick auf den Wasserkessel, der auf dem Kaminfeuer des Saales köchelte. Carina hatte sich angesichts ihrer Ankunft auf das Schlimmste vorbereitet.
Sie goss eine violette
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