Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
vor ihrer Tür standen, nicht gesehen zu werden. Sie hatte ihr aufwendiges Gewand gegen ein bequemeres getauscht und ihr Haar war wieder in einen einfachen Zopf geflochten. Sie tapste den hinteren Flur hinunter, der in der Regel für die Dienerschaft reserviert war. In der Hand hielt sie ein Stück Papier, das Tris ihr zugesteckt hatte. Triff mich nach dem dritten Glockenschlag am Herd in der Küche .
Auf der Treppe lauschte sie einen Moment, um sicherzugehen, dass die Küche leer war. Die großen Kochfeuer waren beinahe erloschen und die Küche war warm von der glühenden Asche. Töpfe, Pfannen und Serviertabletts warteten auf die Fortsetzung der Festlichkeiten am nächsten Morgen. Pasteten und Kuchen standen auf einem Tisch am Rand bereit und eine Ladung frischer Äpfel, Kohlköpfe und Kartoffeln wartete in Eimern darauf, dass die Köche morgen früh wiederkamen.
»Hungrig, mein Liebes?«
Kiara wirbelte herum und sah eine gebeugte alte Frau, deren Grinsen ihre fleckigen Zähne zeigte. »Suchst du nach einem Stückchen Brot oder etwas Käse und Würstchen?«
»Nein danke«, sagte Kiara. »Ich wollte hier nur jemanden treffen …«
»König Martris wird diese Treppe jetzt jeden Moment herunterkommen, denke ich. Das hat er schon als kleiner Junge getan – sich hier heruntergeschlichen, um etwas zum Essen zu stibitzen oder das zu verbinden, was dieser Dämon Jared ihm angetan hatte. Ich bin Bian. Ich habe nach dem König gesehen, seit er geboren wurde. Und ich werde das Gleiche für Eure Kleinen tun, wenn sie kommen.« Sie lachte. »Oh ja, mein Liebes, ich erkenne Euch auch ohne Eure hübschen Kleider. ’s wurde auch Zeit, dass unser Junge eine Braut für sich fand. Kann Euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass er sich ein Mädchen ausgesucht hat, das etwas Mumm in den Knochen hat. Aber Ihr seid besser vorsichtig, hier mitten in der Nacht so allein herumzuwandern. In einem Schloss von so einer Größe sind immer ein paar Ratten unterwegs, wenn Ihr wisst, was ich meine.« Bian humpelte auf die andere Seite der Küche. Dann ging die alte Frau um eine Ecke und verschwand aus dem Blickfeld.
In diesem Moment hörte Kiara Schritte auf den Stufen. Tris erschien im dämmrigen Licht der Küche. Er trug eine Tunika und Hosen und sah wieder wie der gesetzlose Zeltbauer aus, als den sie ihn auf der Straße nach Westmark getroffen hatte. »Ich sehe, du hast meinen Zettel gelesen.«
»Beim Gedanken daran, was Zachar jetzt sagen würde, schaudert es mich«, sagte Kiara, als Tris näher kam und seine Arme um sie schlang.
»Ich konnte es kaum erwarten, dich allein zu sehen.« Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Sie griff in seine weißblonden Haare, die ihm auf die Schultern fielen, und wickelte sie spielerisch um einen Finger. »Glaubst du, es ist zu spät, um davonzulaufen?«
Kiara seufzte. »Bei der Wahrheit der Göttin! Ich wünschte, wir könnten das tun. Ich kann in diesen Gewändern nicht atmen und mich kaum bewegen. Ich trage lieber eine Rüstung! Was würde ich nicht darum geben, mich einfach zur Hintertür hinauszuschleichen, ein paar Pferde zu stehlen und mich in irgendeinen Weiler aufzumachen, in dem wir eine Kräuterfrau dazu bringen könnten, uns zu verheiraten.«
»Ich habe dasselbe schon den ganzen Tag gedacht. Du musstest wenigstens nicht jedem Adligen in den Winterkönigreichen die Hand schütteln. Ich habe mich selbst heiser geredet und trotzdem nichts gesagt.« Er nahm seine Hand in ihre. »Und was das Davonlaufen angeht, ich bin dem so nahe gekommen, wie ich kann. Es ist Tradition, die morgige Nacht hier in Shekerishet zu verbringen. Aber danach, wenn die Gäste uns alle verlassen, habe ich arrangiert, dass wir auf Vaters Jagdschloss gehen können. Nur wir und ein paar Dutzend Wachen.«
»Wenigstens werden die Wachen dieses Mal auf unserer Seite sein. Und wir werden einmal einen Raum ganz für uns haben!«
Er küsste sie wieder und Kiara überließ sich ganz dem Moment. Es schien ihr, als sei es eine Ewigkeit her, dass sie seine Berührung gespürt hatte. Sie lösten sich nach einer langen Weile wieder voneinander. Sie drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken an seine Brust. Er schlang die Arme um sie herum. Sie sahen auf das Feuer und waren zufrieden mit der Gegenwart des anderen.
»Also ist es wahr, du wirst in den Krieg ziehen müssen?«
»Lord Curane hat sich in seiner Burg in den Südlichen Ebenen verschanzt. Er hat Männer bei sich, die Jared unterstützten – Adlige, Magier und
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