Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
Trenchcoat. Ich schleiche in den Flur und hole ihn. Er liegt kalt und glatt in meiner Hand.
Offenbar darf ich das Boudoir nutzen, so lange ich möchte.
Das ist eine außergewöhnliche Geste, die ich kaum fassen kann. Es bedeutet, wie mir klar wird, dass mein Unterbringungsproblem gelöst ist. Ich kann dorthin, wann immer ich möchte. Gleich, wenn mir danach wäre.
Das Problem ist nur, dass noch alles zu frisch ist. Ich kann momentan noch nicht wieder dorthin – es ist der Ort, an dem ich Dominic das letzte Mal sah. Ich würde mich an die Dinge erinnern, die wir dort taten. Ob die ganzen Sachen noch im Boudoir sind? Die Unterwäsche, die Spielzeuge, der Stuhl? Ich weiß nicht, ob ich ihren Anblick ertrage. Ich verstaue den Schlüssel sicher. Ich werde später entscheiden, was ich tue.
Am nächsten Tag bricht ein Gewitter über London herein, und der Regen prasselt nur so vom Himmel, begleitet von schwerem Donnergrollen und grellen Blitzen. Seit Tagen lag das Gewitter schon in der Luft, und jetzt setzt sich der Druck wolkenbruchartig frei.
Ich bleibe im Haus und beobachte den Regen und denke über das Boudoir nach. Ich muss Celia davon erzählen, und sie wird ganz bestimmten wissen wollen, wie es kommt, dass ich Zugang zu einer Wohnung in ihrem Gebäude habe. Wahrscheinlich wird sie es meinen Eltern erzählen, und das wird zu weiteren heiklen Fragen führen. Aber ich will sie auch nicht anlügen.
Als mein Handy klingelt, nehme ich es eilig zur Hand, hoffe, dass es Dominic sein könnte, aber es ist James.
»Hallo, meine Liebe, verzeihen Sie, dass ich Sie am Wochenende belästige, aber ich habe etwas erfahren, das ich Ihnen erzählen möchte. Können wir uns treffen?«
»Ja gern. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, alles ist gut, aber ich möchte Sie unbedingt sprechen, wenn es geht. Wie wäre es in der Patisserie Valerie am Piccadilly in einer Stunde?«
Ich ziehe mit einem Schirm los, plansche auf dem Weg zum Piccadilly über nassglänzende Straßen. Ich brauche nur wenige Minuten für die Strecke und genieße das ausgeprägte Sonntagsgefühl in der Luft. Es mag immer noch viel los sein, aber es ist trotzdem ein Gang weniger als der übliche Wochentagswahnsinn.
James wartet schon auf mich, als ich ankomme, die Nase in eine Zeitung vergraben. Ein Espresso steht neben ihm. Er schaut auf, als ich eintrete, und lächelt.
»Ah, da sind Sie ja. Hervorragend. Darf ich Ihnen einen Kaffee bestellen?«
Als ich mit einem Latte und Schokocroissant neben ihm sitze, sagt er: »Ich weiß, das klingt jetzt seltsam, aber ich musste Sie einfach sehen. Ich habe heute Morgen mit einem besonders interessanten Kunden von mir gefrühstückt. Er heißt Mark Palliser und ist der persönliche Kunsthändler für einen überaus reichen Mann. Mark musste einige Dinge mit mir besprechen, und da er ein vielbeschäftigter Mann ist, der gelegentlich große Summen Geld in meiner Galerie lässt, stehe ich ihm natürlich auch an einem Sonntag zur Verfügung.«
Ich tunke mein Schokocroissant in den Kaffee und knabbere daran, lasse den süßen Bissen auf der Zunge zergehen. Bis jetzt ist mir noch nicht klar, was das mit mir zu tun hat.
»Wir haben uns im Frühstückszimmer seiner Villa in Belgravia getroffen. Wie nicht anders zu erwarten, besitzt Mark einen exquisiten Geschmack. Zufällig sucht er gerade eine Assistentin, und ich habe Ihren Namen ins Spiel gebracht. Es wäre sehr gut, wenn Sie für ihn arbeiten, Sie würden eine Menge lernen.«
»Ehrlich?« Das ist sehr interessant – ein möglicher Job ist eine ausgezeichnete Nachricht. Aber deswegen wollte er sich mit mir treffen? Hätte das nicht bis Montag warten können?
James fährt fort: »Wir sprachen gerade über Geschäfte, als ein weiterer Besucher eintraf. Mark bat mich, einige Minuten im Wohnzimmer zu warten. Tja, sein Wohnzimmer ist durch einen hübschen Türbogen mit dem Frühstücksraum verbunden, darum konnte ich sehen, wer sein Besucher war, und ich hörte alles, was sie redeten.« Er schaut mir direkt in die Augen. »Es war Dominic.«
Ich schnappe nach Luft. »Dominic? Aber das ist unmöglich – er ist fort. Er ist in Russland.«
»Noch nicht«, sagt James. »Ich glaube, er reist heute Abend ab. Er fliegt mit einem Privatjet. Aus dem, was er und Mark besprochen haben, schließe ich, dass er einige Zeit weg sein wird.«
Mein Herz pocht, und mein Atem wird schneller. »Ich dachte, er ist schon weg. Das hat Vanessa gesagt.«
»Ich fragte mich schon, ob Sie es
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