Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
stehen, der Verkäuferin ein Liebesspielzeug zu reichen und dann dafür zu bezahlen, ohne dabei vor Peinlichkeit im Boden zu versinken. Schließlich gibt es nur eine einzige Verwendungsmöglichkeit dafür, und die Vorstellung, dass jemand anderes das weiß, ist mehr, als ich ertragen kann.
In diesem Moment biegt Mr R. mit seiner Freundin nach links, und wir überqueren einen dunklen Platz, anschließend geht es eine weitere Straße entlang, und dann befinden wir uns plötzlich in einer Gasse, die nur von einer einzigen Laterne erhellt wird, deren Licht orange leuchtet. Es ist, als reise man in der Zeit zurück: hohe, schmale Regency-Häuser, etwas abseits von der Gasse, jedes hinter Eisengittern und mit einer Metalltreppe, die zum Keller führt. Ich weiß nicht, ob es sich um Privathäuser, Hotels oder Bürogebäude handelt. Die eleganten Fenster sind größtenteils mit Holzjalousien verschlossen; bei einigen beweisen schmale, goldene Ritzen, dass dahinter Licht und Leben herrschen.
Das Paar vor mir nähert sich einem der dunkelroten Backsteinhäuser und steigt die Treppe zum Keller hinunter. Ihre Schritte hallen auf den Metallstufen wider. Einen Augenblick später öffnet sich eine Tür, und sie verschwinden im Innern. Als ich sicher bin, dass sie wirklich das Haus betreten haben, gehe ich zum Geländer und luge hinunter. Unten sind zwei große Fenster, ohne Jalousien, da sie zu tief liegen, als dass man sie von der Straße aus sehen kann. Ich stelle fest, dass der Raum dahinter nur schwach beleuchtet ist. Menschen bewegen sich darin. Was ist das für ein Ort? Eine Bar? Ein Privathaus?
Ich habe keine Ahnung und bin viel zu schüchtern, um jetzt noch weiter zu forschen. Plötzlich sagt eine sonore Stimme: »Entschuldigen Sie, bitte«, und ein Mann in einem schicken Anzug geht an mir vorbei, steigt zielsicher die Treppe hinunter und betritt das Haus. Ich trete einen Schritt zurück, komme mir albern vor. Ich kann ihnen nicht länger folgen, aber ich kann auch nicht hier draußen auf sie warten. Ich muss mich ganz allein auf den Rückweg machen, aber ich habe das Gefühl, dass die Oxford Street ganz in der Nähe liegt, und wenn ich die finde, dann schaffe ich es von dort auch nach Hause.
Du benimmst dich wirklich albern, ermahne ich mich streng. Aber ich kann nicht anders. Ich habe das Gefühl, dass ganz in meiner Nähe eine Welt voller Abenteuer existiert, und ich möchte unbedingt dazugehören. Mir ist sie verschlossen, aber Mr R. und seiner Freundin steht sie offen. Sie führen ein Leben, das tausend Mal aufregender ist als meines, als alles, was ich in meinem ruhigen Provinzleben jemals kennengelernt habe. Ich sollte sie ihrer Welt überlassen, aber das kann ich nicht. Es ist, als ob ich einen winzigen, funkelnden Faden entdeckt habe, und jetzt kann ich nicht anders, als daran zu ziehen, gleichgültig, wie sehr sich das Gewebe meines Lebens dadurch auflösen wird.
Ich knöpfe den Regenmantel auf und schlage den Kragen herunter.
Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.
Ich gehe den Weg zurück, den ich gekommen bin, schaue so lange auf die Straßenschilder, bis ich einen Straßennamen von meinem früheren Studium des Stadtplans wiedererkenne. Ich folge dem Weg, der meiner Meinung nach zur Oxford Street führen müsste, und komme neben all den Cafés und Restaurants an einem Laden vorbei, der noch geöffnet hat. Es scheint eine Buchhandlung zu sein, in der aber auch netter Krimskrams verkauft wird, und einem Impuls folgend trete ich ein.
Eine grauhaarige Frau begrüßt mich lächelnd und überlässt mich dann betont mir selbst, damit ich mich umschauen kann. Gleich darauf weiß ich auch, warum: In den Büchern geht es um alle möglichen Themen, aber ausnahmslos immer sind es Erotika – erotische Romane, Bild- und Gedichtbände. Ich schlendere durch die Regalreihen, schaue mir die Titel an und widerstehe dem Impuls, eins der Bücher aufzuschlagen. Ich kann das nicht, nicht wenn jemand da ist, der sieht, was mich interessiert. Ich entferne mich von den Büchern und betrachte die schönen Zeichnungen an der Wand, dann schnappe ich nach Luft und werde rot und schaue mich rasch um, weil ich sehen will, ob das jemand bemerkt hat. Die Zeichnungen zeigen in aller Deutlichkeit sexuelle Darstellungen. Die Körper sind kopflos. Der Künstler konzentriert sich nur auf den Torso seiner Modelle und die Art, wie sie miteinander vereint sind: eine Frau sitzt mit gespreizten Beinen auf einem Mann, ihr Rücken ist durchgebogen,
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