Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
sehe ich Bürogebäude, wie sie Leute mögen, die mit Film, Fernsehen, Werbung und Marketing zu tun haben, aber darum herum gibt es unzählige Bars und Restaurants. Überall sind Menschen in allen möglichen Outfits, von lässig und leger bis hin zu schick und edel. Spezialitäten aus aller Herren Länder werden serviert, und man trinkt Wein, Bier oder Cocktails an Tischen auf dem Gehweg. In der Luft liegt ein seltsames Aroma aus Sommerabend gemischt mit der Bitterkeit von Autoabgasen, Zigarettenrauch und den Kochgerüchen Hunderter von Restaurants. Hier summt es vor Aktivität, die bis in die frühen Morgenstunden bestimmt nicht an Schwung verlieren wird, lange nachdem die Theater und Pubs bereits geschlossen sind.
Aber mir wird klar, dass dies nicht einfach nur ein Ort ist, der der Arbeit und dem Konsum gewidmet ist. Hier geht noch etwas anderes ab. Der erste Hinweis erschließt sich mir, als wir an einem Sexshop vorbeikommen, einer der hochklassigeren Läden, die in erster Linie Federboas, unartig geformte Pralinen und gewagte Unterwäsche für Junggesellinnenabschiede verkaufen. Obwohl es auch hier einen Anteil leuchtend bunter, vibrierender Plastik gibt, scheint man hier überhaupt nicht an Sex interessiert, sondern mehr an der Verulkung von Sex. Aber bald schon sehe ich einen Laden, in dem völlig andere Sachen verkauft werden. Die Schaufensterpuppen in den beleuchteten Fenstern stecken in glänzenden Plastikstiefeln, mit Reißverschluss oder zum Schnüren und mit schwindelerregend hohen Absätzen. Dazu Netzstrümpfe, Spitzenhöschen, die im Schritt offen sind, Strumpfhalter mit Nieten und lederne Büstenhalter, einige mit Nieten, andere mit Stacheln, aber alle mit Aussparungen für die Brustwarzen. Die Mannequins tragen Ledermützen beziehungsweise -masken und halten Peitschen in den Händen. Im Laden sehe ich noch mehr solcher Outfits und auch noch andere Unterwäsche, und einen Augenblick lang bin ich versucht, hineinzugehen und einiges davon zu berühren.
Kaum habe ich all das wahrgenommen, komme ich schon an einem anderen Ladengeschäft vorbei, dieses Mal an einer Buchhandlung. Im Schaufenster sind künstlerisch wirkende Schwarz-Weiß-Bände ausgestellt, doch sie widmen sich ungeniert dem nackten, menschlichen Körper – dem menschlichen Körper in allen möglichen seltsamen Ausrüstungen für Sexspiele, dem menschlichen Körper in enger Umarmung mit einem anderen menschlichen Körper, dem menschlichen Körper in Stellungen, die eine magische Anziehungskraft auszustrahlen scheinen und mich gleichzeitig verwirren und erregen …
Auf den Gehwegen wimmelt es von Menschen. Mr R. und die Frau gehen immer noch vor mir, und ich versuche, die beiden im Blick zu behalten, während ich gleichzeitig meine Aufmerksamkeit auf den Sexshop richte, an dem ich gerade vorbeikomme, wunderschön gestaltet, mit goldenen Engelsflügeln über der Tür, aber dennoch ein Sexshop, und neben dem Eingang steht die Warnung, dass man zum Betreten des Ladens über 18 sein muss und von pornographischen Darstellungen nicht brüskiert sein darf.
Ich weiß jetzt, wo ich bin. Das muss Soho sein.
So naiv, dass ich noch nie von dem berühmten Rotlichtviertel in London gehört hätte, bin ich nicht, aber seine zwielichtigen Tage liegen sichtlich schon lange hinter ihm. Das Viertel hat nichts Verstohlenes oder Schmuddeliges mehr an sich. Die Straßen riechen nach Geld und Glamour, und man trifft hier auf alle möglichen Leute, die allen nur möglichen Lebensweisen frönen, und keiner dieser Menschen scheint auch nur im Geringsten an der krassen Zurschaustellung sexuellen Zubehörs Anstoß zu nehmen. Es ist einfach nur ein weiterer Aspekt menschlicher Genüsse.
Dennoch komme ich mir angesichts all dessen wie ein Landei vor. Offen gestanden habe ich so etwas noch nie gesehen, und es ist für mich irgendwo komisch, solche Dinge in aller Öffentlichkeit zu betrachten. Adam und ich fanden es schon peinlich, vor anderen auch nur zu knutschen, und selbst wenn wir allein waren, sprachen wir nie über das, was genau wir da miteinander anstellten. Ich kann mir nicht ausmalen, in einen solchen Laden zu treten und ganz lässig das eine oder andere zu kaufen, weil das alle Anwesenden wissen ließe, dass ich Sex habe, dass ich dieses Spielzeug oder jenes Zubehörteil tatsächlich verwende. Also, Körperfarbe aus Schokolade ist eine Sache, ein riesiger, pulsierender Vibrator ist etwas ganz anderes. Ich kann mir nicht vorstellen, an der Kasse zu
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