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Firebird

Firebird

Titel: Firebird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Erste anzurufen, falls du Erfolg hast?«
    »Natürlich, Shara.«
    Ich rief Karen Howard an. »Nein« , sagte die. »Er hatte ein Notebook. Hat es oft mit sich herumgetragen. Aber es war nicht unter den Sachen, die ich in dem Nachlass gefunden habe.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Ich sehe noch einmal nach und melde mich dann bei Ihnen.«
    Ich weiß nicht recht, warum, aber mir war nicht sonderlich danach, mich wieder den gewöhnlichen Büroarbeiten zu widmen, mit denen ich mich bis dahin den ganzen Tag befasst hatte. Ich ließ mich auf meinen Stuhl sinken und ertappte mich dabei, über Gabriel Benedict nachzudenken, Alex’ Onkel, der mich für das archäologische Team angeheuert hatte, das er geleitet hatte. Damals hatte ich den größten Teil meiner Zeit draußen an den Fundstätten zugebracht, nicht im Büro. Aber wenn wir daheim gewesen waren, dann war dies unser Hauptquartier gewesen, und ich hatte hinter demselben Schreibtisch gehockt. Über eine Seite des Schreibtischs zog sich ein Kratzer, den er und einer seiner Kollegen hinterlassen hatten, als sie nicht aufgepasst und einen Spaten über die Oberfläche gezogen hatten. Die schadhafte Seite stand nun direkt vor der Wand, wo niemand sie sehen konnte.
    Auf dem Bücherregal war ein Bild von Gabe und mir. Er hielt eine Kelle in der einen und einen Knochen in der anderen Hand, ich stützte mich auf einen Spaten. Er war mehr für mich gewesen als ein Boss. Er war ein Freund gewesen. Drei Jahre hatte ich mit ihm verbracht, hatte ihn und seine Kollegen zu fernen Orten überall im Orionarm geflogen. Natürlich hatte ich gewusst, dass Zivilationen aufstiegen und zerfielen, dass Städte ihre Zeit im Sonnenschein genießen durften, ehe sie, aus einer Vielzahl möglicher Gründe, der Vergessenheit anheimfielen und schließlich im Boden versanken. Jeder weiß das. Aber ich hatte die Implikationen nicht begriffen, bis Gabriel Benedict mich als Direktorin des Transportwesens angeheuert hatte. Der Titel war nur ein Witz: Ich war die Pilotin der Fleury Archäologie-Initiative; benannt nach Ann Fleury, die die Organisation gegründet hatte in dem Bemühen, die Integrität historischer Stätten zu erhalten, dafür zu sorgen, dass sie anständig beaufsichtigt wurden, und um Leute fernzuhalten, die ein wirtschaftliches Interesse an den Artefakten zeigten.
    Was, natürlich, auf Alex zutraf. Und damit heute letztendlich auch auf mich.
    Das war der Grund, warum Gabe so enttäuscht von seinem Neffen gewesen war. Alex hatte seine Eltern nie gekannt. Beide waren Historiker gewesen. Seine Mutter war bei seiner Geburt gestorben. Sie war eine von drei Frauen, die in diesem Jahr weltweit bei der Geburt eines Kindes zu Tode gekommen waren. Sein Vater war ein Jahr später im Zuge einer Reise zu den Ruinen von Kashnir umgekommen, als ihn ein Schwarm wütender Drachenbienen angegriffen und gestochen hatte. Das Kind, das er vorübergehend in die Obhut von Gabriel und seiner Frau Elaine gegeben worden war, blieb von da an bei ihnen.
    Elaine war längst fort, als ich Gabe kennenlernte. Sie war mit irgendjemandem davongelaufen. Keine Ahnung mit wem, Details habe ich darüber nie erfahren. Aber ich kann mir nicht vorstellen, mit wem sie es hätte besser treffen können als mit Gabe.
    Alex wuchs also, wie er zu sagen pflegte, auf Grabungsstellen heran. Er erbte die Leidenschaft, die seine Familie der Geschichte entgegenbrachte. Aber statt in Gabes Fußstapfen zu treten, beschloss er, dass es da draußen genug Artefakte für alle gäbe. Es gab einen ernst zu nehmenden Markt für Antiquitäten, besonders für solche, die mit historischen Persönlichkeiten oder Ereignissen in Verbindung standen. Und Alex sah keinen Grund, nicht damit Kasse zu machen.
    Kurz, nachdem ich angefangen hatte, für Gabe zu arbeiten, erfuhr ich, dass er einen Neffen hatte. Als ich mich ganz unschuldig erkundigte, ob Alex auch Interesse an der Archäologie habe, hatten sich Gabes Züge verfinstert, und er hatte den Kopf geschüttelt. »Nein«, hatte er gesagt. »Absolut nicht.«
    Ich habe ihn nie wieder darauf angesprochen. Seine Kollegen klärten mich auf. »Alex ist ein Grabräuber«, erklärte mir einer von ihnen. »Man könnte sagen, er ist nicht so ganz der Sohn, den Gabe sich gewünscht hätte.«
    Irgendwann legten sie ihre Meinungsverschiedenheiten bei, doch ihre Beziehung blieb distanziert. Ich bin Alex in dieser Zeit nie begegnet, und Sie können sich vorstellen, dass ich keine sonderlich gute Meinung von ihm hatte und sein

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