Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
fest.
»Ja«, nuschle ich, während ich mit einem Knacken meine Limodose öffne und so tue, als würde mir das nichts ausmachen. Weil es mir wirklich nichts ausmacht.
Ehrlich!
Es ergibt Sinn, dass sie sich hier wohlfühlt. Wenn man’s genau nimmt, ist sie so gut wie ein Mensch. Schon immer hat sie Ausflüge in die Stadt geliebt – und alle anderen Stippvisiten in die Außenwelt, fort vom Rudel.
»Das ist genau ihr Ding«, murmle ich.
»Was?«
»Sich anzupassen«, antworte ich und nehme einen Schluck von meiner Orangenlimonade. Genau die Art von Chemiegetränk, die uns Mum nie erlaubt! Die Zitronensäure brennt und kitzelt mich im Hals, während mir das intensive Aroma in die Nase steigt.
»Warum sitzt du nicht da drüben bei all den Schönheiten?«
Ich zucke mit den Achseln.
»Das wäre kein Problem für dich«, wirft Brendan leise ein und pult an der Rinde seines Sandwichs herum. Auf seinen Lippen erscheint ein kleines, schüchternes Lächeln. »Du bist genauso hübsch wie sie.«
»Was sonst, du Intelligenzbestie?!« Catherine stößt ihm scherzhaft in die Seite. »Die beiden sind Zwillinge.«
Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht und ich verharre mit einer Pommes auf halbem Weg zu meinem Mund. »Ist das alles? Man muss nur gut aussehen, um mit denen rumzuhängen? Du bist auch hübsch. Anscheinend gehört doch mehr dazu.« Ich beiße in meine Pommes, klappe meinen Burger auf und begutachte die fragwürdige Frikadelle darin. Ich verziehe die Nase und klatsche die Brötchenhälfte lieber schnell wieder zu.
»Jedenfalls sollte deine Schwester besser aufpassen.«
Der schweigsame Brendan fügt hinzu: »Sie werden sie zu einer von ihnen machen.«
Als wären sie Vampire! Trotzdem jagen mir seine Unheil verkündenden Worte einen kleinen Schauer über den Rücken.
Dann schüttle ich das ungute Gefühl ab. Tamra ist meine Schwester, wir lieben uns und würden uns nie gegenseitig wehtun. Und nichts wird das je ändern. Vielleicht ist ihre Zeit jetzt endlich gekommen, dass auch sie mal irgendwo dazugehört.
Catherine nickt und wirft sich den überlangen Pony aus den meerblauen Augen. »Er hat recht. Du solltest aufpassen, dass sie nicht so wird wie die.«
Ich sollte vieles. Ich sollte zum Beispiel nicht hier sein. Ich sollte mich nicht in dieser neuen Welt verlieren müssen. Meine Schwester hat Freunde gefunden – soll ich das ernsthaft verhindern? Wo es sie doch glücklich macht?
Catherine wedelt mit ihrem Burger in der Luft herum. »Ich warne dich, diese Mädchen sind wie ein Rudel Wölfe.«
Weil ich keine Lust habe, mir darüber Gedanken zu machen, weil ich einfach nur diesen Tag hinter mich bringen und endlich entscheiden will, was ich mit Will anfange, reiße ich einen blöden Spruch: »Du bist ja richtig in Fahrt! Lass mich raten – ich wette, du hast die Cheerleader-Prüfung nicht bestanden!«
Brendan grunzt.
Catherine bleibt der Mund offen stehen. Ihre Wangen röten sich und sie zuckt mit den Schultern. »Was soll’s. Sagen wir einfach mal, ich hab mit Brooklyn noch ein Hühnchen zu rupfen.«
»Ehrlich? Hört, hört«, blödle ich weiter.
»Sie waren mal beste Freundinnen«, erklärt Brendan. »Bis zur achten Klasse.«
»Hey, du hast versprochen, das nicht weiterzuplaudern!«, beschwert sich Catherine.
»Ehrlich?«, frage ich noch einmal, aber diesmal meine ich es ernst.
»Ja, na ja. Alles war gut bis zur ersten Woche hier, als die Götter der Chaparral Highschool …«
»Die aus der Oberstufe«, wirft Brendan hilfreich ein.
»… beschlossen, Brooklyn in den Olymp aufzunehmen. Seitdem bin ich bei ihr abgeschrieben.«
Und prompt drängt sich mir der Gedanke an Cassian, an mich und all die anderen Drakis auf, die mit Fähigkeiten gesegnet sind, die das Rudel für unverzichtbar hält. Wir waren die glücklichen Auserwählten. Wir wurden bewundert, geschätzt, während Tamra quasi unsichtbar war. Sie und all die anderen, die sich nie verwandelt haben.
Schon komisch. Hier bin ich die Unsichtbare, die in den Augen der Mitschüler komisch ist. Ein Mädchen, das sich in seiner Haut nicht wohlfühlt – zumindest nicht in seiner menschlichen Haut – und in seiner Umgebung nicht zurechtfindet. Ein Mädchen, das weder weiß, wie man sich unterhält, noch benimmt oder anzieht.
Plötzlich will ich nur noch dringender heim. Nach Hause zum Rudel. Auch wenn man mich dort bevormunden will. Wenigstens bin ich dort noch ich selbst.
Langsam, aber sicher macht sich eine Gewissheit in mir breit
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