Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
Plötzlich entlädt sich all die aufgestaute Wut wie eine losgelassene Sprungfeder.
In Windeseile stürzen sich die Mädchen auf Catherine, die erschrocken aufschreit. Ich erhasche einen Blick in ihre vor Schreck geweiteten, meerwasserfarbenen Augen, bevor die übrigen Mädchen sie unter sich begraben.
»Catherine!« Ich will sie befreien und bin auf einmal mittendrin in einem unüberschaubaren Wirrwarr aus um sich schlagenden Gliedern.
Jemand rammt mir einen Ellbogen in die Seite, dass mir die Luft wegbleibt. Schmerzhafte Hiebe prasseln auf mein Gesicht ein – vermutlich von einer Faust.
Plötzlich schwillt ein Dröhnen in meinen Ohren an. Tief in meiner Brust erwacht ein Sirren und Beben und dann ist es plötzlich zu spät. Irgendwie lande ich auf dem Boden, als sich ein köstlicher Funken in meinem Innern entfacht. Es züngelt, prasselt und lodert durch mich hindurch wie ein Lauffeuer. Es frisst mich auf.
Wenn meine heiße Haut die kalten Fliesen berührt, zischt es.
Ein spitzer Absatz trifft mich in den Brustkorb. Keuchend weiche ich vor der Wucht und dem Schmerz zurück.
Ich will aufstehen, aber irgendjemand drückt mich sofort wieder zu Boden, wo ich hart mit dem Kinn aufschlage. Blut fließt mir über die Lippen und der Kupfergeruch dringt mir in die Nase. Ich schlucke die salzig-bittere Flüssigkeit hinunter, in der Hoffnung, dass sie die sengende Flut in mir vielleicht abkühlt. Aber es hilft nichts. In mir brennt und raucht es immer mehr. Meine Lungen spucken gleißende Hitze. Heißer Dampf steigt in mir auf, erfüllt meinen Mund und versengt mir die Innenseite meiner Nase.
Beleidigungen und Fausthiebe fliegen umher. Sie spornen sich gegenseitig an, mich zu piesacken. Egal, was sie vorgehabt haben, als sie in die Toilette kamen, inzwischen sind sie nur noch ein hemmungsloser Mob.
»Pack sie dir!«
»Halt sie fest!«
»Krall dir ihre Haare!«
Eine Hand verfängt sich in meinen Haaren und packt grob zu. Eine lange Strähne reißt ab und mir steigen die Tränen in die Augen. Blinzelnd will ich sie vertreiben, um wieder klar sehen zu können.
Ohne nachzudenken, drehe ich den Kopf mitten hinein in die erdrückende Menge, bis ich den Arm gefunden habe, der mich festhält und mir wehtut. Ich öffne die Lippen, atme ein, sammle die Luft in meinen pumpenden Lungen und spucke aus.
Der Schrei macht der Sache ein Ende. Es ist nicht die Art von Schrei, wie man sie in Filmen hört. Nachdem er eine ganze Weile von den Wänden widerhallt, klingt er noch in meinen Ohren nach.
Auf einmal scheint die Welt stillzustehen. Mein Herz krampft sich in meiner rauchschwarzen Brust zusammen. Orientierungslos sehen sich alle um und suchen nach der Ursache.
Alle außer mir.
Ich sehe Brooklyn an, die ganz blass im Gesicht ist. Ihr Mund zittert und der Schmerz lässt ihre Augen glasig werden. Sie sitzt auf dem Fliesenboden, wippt immer wieder vor und zurück und umklammert ihren Arm so fest, dass ihre Fingerkuppen weiß hervortreten. Es riecht nach verbranntem Fleisch.
Die blonde Pyramidenspitze kauert neben Brooklyn auf dem Boden. »Was ist passiert?«
Brooklyns Blick sucht nach mir. »Sie hat mich verbrannt!«
Sie hebt ihre Hand, um die wunde Stelle zu zeigen – wahrscheinlich Verbrennungen zweiten Grades. Die verletzte Haut ist zartrosa und glänzt ölig, die Wundränder sind weiß und verschrumpelt. Alle Augen richten sich auf mich.
Ich verkneife mir, sie zu verbessern. Es ist viel mehr eine Versengung als eine Verbrennung, denn in dem Moment, als der Feuerstoß meinen Mund verlassen hat, habe ich ihn auch schon wieder eingesogen. Er hat sie kaum berührt – sonst wäre es viel schlimmer gekommen.
Catherine betrachtet mich fragend. »Hast du ein Feuerzeug?«
Darauf habe ich keine Antwort.
»Packt sie!«
Sie stürzen sich auf mich. Ich wehre mich nach Kräften und versuche, mich aus dem Haufen an Armen und Beinen zu befreien. Meine Haut bibbert, will sich verwandeln.
Während Brooklyn Befehle erteilt, höre ich Catherine entsetzt meinen Namen rufen.
Wieder blähen sich meine Lungen auf, füllen sich mit Rauch. Wabernde Schlieren steigen in meiner Kehle auf, dehnen meine Luftröhre. So fest ich kann, presse ich die Lippen aufeinander, fest entschlossen, dem Feuer diesmal keinen Weg nach draußen zu gewähren. Doch ich schmecke die Angst in meinem Mund – Angst vor ihnen und Angst um sie. Angst vor dem, was mein Draki ihnen antun könnte, wenn ich diesem Raum nicht bald entkomme. Furcht davor, welche
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