Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
Konsequenzen das für so viele andere haben könnte. Für die Drakis und meine Familie …
Gegen so viel Angst komme ich nicht an – ich kann mich nicht gegen einen Instinkt behaupten, der Millionen von Jahren alt ist. Meine Flügel drücken von innen gegen meine Haut, die Membrane wollen sich strecken. Wimmernd kämpfe ich dagegen an und widerstehe, solange ich kann. Es zieht mir in den Knochen, während meine menschliche Haut verschwindet und mein wahres Gesicht anfängt, sich abzuzeichnen. Zuerst meine Nase, die breiter wird und auf der sich die Ansätze von Höckern bemerkbar machen.
Es hilft alles nichts.
Ich gebe nach – zumindest teilweise. Ich schaffe es, der Verwandlung auf diesem dreckigen Kloboden Einhalt zu gebieten, aber nicht lange.
Meine einzige Chance ist es, durch die Nase auszuatmen. Vorsichtig recke ich den Hals, drehe den Kopf und hauche ihnen allen meinen dampfenden Atem ins Gesicht.
Endlich lassen sie mich los und taumeln kreischend davon, während ich wieder zu Boden sinke.
Als ich mich aufrapple, erhasche ich einen kurzen Blick auf mein Spiegelbild: Meine Haut schimmert rotgolden. Meine Gesichtszüge sind kantiger und meine Nase scheint mit kleinen Buckeln versehen. Mein Gesicht wandelt Form und Farbe, als betrachte man es durch flackernden Feuerschein.
Keuchend rette ich mich in eine der Kabinen und knalle die Tür hinter mir zu. Hastig schnappe ich nach Luft, um meine Lungen abzukühlen.
Und ich hoffe, hoffe so inständig, dass keiner der anderen gesehen hat, was mir der Spiegel gezeigt hat.
25
I ch presse meine Hände gegen die Tür und starre mit gesenktem Kopf auf meine verschrammten Schuhspitzen. In tiefen Zügen atme ich durch die Zähne ein, während sich mein kribbelnder Rücken wölbt. Ich konzentriere mich, um meine Flügel zurückzuhalten, die darauf brennen, durchzubrechen, sich auszubreiten und mein T-Shirt zu zerreißen.
Hechelnd setze ich mich gegen all meine Instinkte, gegen jede Faser meines wahren Selbst zur Wehr. Meine Arme zittern und meine Muskeln fangen an zu brennen. Es fällt mir so schwer, nun, da ein kleiner Teil von mir schon zum Vorschein gekommen ist. Der Rest von mir will sich auch nicht länger einsperren lassen.
Was für eine Ironie! Hier sitze ich und gebe alles dafür, ein Mensch zu bleiben und meinen Draki niederzuringen.
Doch jetzt darf es einfach nicht sein. Nicht jetzt! Ich werfe den Kopf in die Höhe. Vor der Tür überschlagen sich die Stimmen, aber sie dringen nicht wirklich in mein Bewusstsein. Ich bin viel zu beschäftigt damit, die flutende Hitze im Zaum zu halten.
Dann höre ich es.
Höre ihn .
Die eine Stimme, die selbst im Tod noch zu mir durchdringen würde. Diese Stimme rührt an etwas in meinem Inneren, schürt das Feuer.
Meine Angst nimmt zu.
»Geht weg!«, flehe ich und meine Stimme klingt bereits zäh, entstellt von Ruß und Rauch. Ich bewege meinen Kiefer, meinen Hals, versuche, den Wandlungsprozess meiner Stimmbänder aufzuhalten.
Er darf nicht hierbleiben! Er darf mich nicht so sehen!
»Geht’s dir gut?« Will klopft heftig gegen die Tür. »Haben sie dir wehgetan?«
»Ihr wehgetan?«, schnaubt Brooklyn. »Sieh dir mal meinen Arm an! Sie hat mich in Brand gesetzt! Ich hab sie kaum angeschaut, da ist sie schon auf mich losgegangen! – Komm sofort da raus!« Ein Tritt lässt die schmale Tür erzittern, dass mir ein Ruck durch meine Hände und Arme fährt. Erschrocken weiche ich zurück.
Mein Gesicht strafft sich, die Wangenknochen werden spitzer, dehnen sich – die Knochen verändern ihre Position. Ich komme nicht länger dagegen an. Uralte Instinkte übernehmen die Kontrolle – ich brauche mehr Zeit.
Warum musste er gerade jetzt hier auftauchen?
Schon drücken sich meine Flügel durch die Haut, nur ein bisschen, aber genug, dass mein T-Shirt reißt.
Der Baumwollstoff entlang meiner Schultern lockert sich und rutscht mir die Arme hinunter. Dann entfalten sich meine Flügel zu ihrer vollen Größe, recken sich hinter meinem Rücken, aufgeregt und wild darauf zu fliegen. Auch wenn ich mich noch nicht ganz verwandelt habe, sind meine Flügel schon kräftig genug, mich in die Höhe zu heben.
Meine Sohlen verlassen den Fliesenboden.
Erschrocken stemme ich mich zu beiden Seiten gegen die rutschigen Wände der kleinen Kabine und bemühe mich, die emsig flatternden Membranen zu beruhigen. Hitze durchströmt mich. Mit zusammengebissenen Zähnen versuche ich, meinen Körper dazu zu zwingen, sich zurückzuverwandeln,
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