Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
Lächeln umspielt Severins Lippen. »Das war ohnehin stets ihr Wunsch.« Das fügt er geradezu genüsslich hinzu.
»Wartet«, schreie ich verzweifelt, »ich gehe mit ihr! Verbannt mich auch.«
Severins Lippen verziehen sich zu einem grausamen Lächeln. »Du kannst dir deine Strafe nicht aussuchen. Außerdem« – er taxiert mich eiskalt von Kopf bis Fuß und ich fühle mich seinem durchdringenden Blick schutzlos ausgesetzt – »hast du noch einen Zweck zu erfüllen.«
Tamra fängt an zu fluchen und ein Schimpfwort nach dem anderen verlässt ihre Lippen. Az klammert sich an ihren Arm und hält sie zurück.
Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Seine unterschwellige Drohung, dass er mich mit jemandem paaren wird, das unmittelbar bevorstehende Stutzen meiner Flügel oder Mum zu verlieren. Jede einzelne Möglichkeit ist auf ihre ganz eigene Art schrecklich.
Alles tötet einen Teil von mir.
Dazu kommen noch Will und die Tatsache, dass ich gezwungen bin, unseren gemeinsamen Traum zu vergessen und die Schuld an Mirams Schicksal zu tragen – das ist zu viel. Was kann denn noch passieren? Wie viel mehr kann ich ertragen?
Ich erstarre, als alles wie in einem Kaleidoskop an mir vorbeirauscht. Mein ganzes Leben ist vollkommen außer Kontrolle geraten und ich stecke mittendrin.
Ich sehe mich um und blicke durch ein Fenster nach draußen in Nidias alles verhüllende Nebelschwaden. Ich stelle mir vor, wie es wäre, einfach in diesen Nebel hineinzufliegen, mit Mum und Tamra zusammen zu entkommen.
Aber das ist nur ein Traum.
Severin winkt zwei Wachmänner mit ihren abscheulichen Armbändern herbei, damit sie Mum wegbringen. »Passt auf, dass sie nur Kleidung mitnimmt. Sie darf keinerlei Schmuck mehr am Körper tragen.«
»Mum!«, schreit Tamra und wirft dann Severin einen verzweifelten Blick zu. »Warte! Bitte lass mich mit ihr sprechen. Ich möchte nur einen kurzen Augenblick allein mit ihr –«
»Damit sie dir sagen kann, wo du sie findest?« Severin schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, aber das geht nicht. Wie ich bereits sagte, sie ist jetzt ein Mensch und Drakis pflegen keinen Umgang mit Menschen.« Bei diesen Worten sieht er mich anklagend an.
Auf sein Fingerschnippen hin wird Mum weggeschleppt.
Ich presche vor, doch eine eiserne Hand auf meinem Arm hält mich zurück. Ich versuche, Blickkontakt mit Mum herzustellen. Ihr irgendetwas mitzuteilen, irgendetwas von ihr zu erfahren. Wohin wird sie gehen? Was wird sie machen?
Wie soll ich sie nur jemals wiederfinden?
Werde ich sie überhaupt jemals wiederfinden?
»Bringt das Schneidewerkzeug auf das Podium.«
Dieser Befehl lässt erneut ein Raunen durch die Menge gehen. Noch mehr verschwommene Bilder, noch mehr Gemurmel. Ich recke den Hals, kann Mum in dem hektischen Treiben aber nirgendwo mehr entdecken.
Sie packen mich an beiden Armen und zerren mich zu einem Holzblock, der sich ein paar Meter entfernt auf dem Podium befindet und mir jetzt zum ersten Mal auffällt. Niemand hört auf meine Schwester, als sie die Männer anfleht, aufzuhören.
Sie zwingen mich auf der Holzoberfläche in die Knie.
Anscheinend wollen sie nicht, dass irgendjemand das Schauspiel verpasst. Und mir wird plötzlich klar, dass die Dinge hier im Rudel eben so laufen. Zumindest, solange Severin Alphadraki ist. Seine Macht gründet sich auf Angst, Einschüchterung und Drohungen, die sowohl offen als auch indirekt geäußert werden. Und so wird es auch bleiben, solange er das Sagen hat.
Mir wird befohlen, mich zu verwandeln.
Ich hebe das Kinn und starre unentwegt geradeaus. Sie können mich nicht dazu zwingen. Der Befehl wird wiederholt, diesmal lauter. Ich gehorche noch immer nicht.
Weshalb sollte ich es ihnen leicht machen? Verbissene Genugtuung durchflutet mich, als sich Severins Gesicht vor Zorn tiefrot verfärbt. Sein massiger Körper lässt sich neben mir nieder und ruft mir seine Stärke und Macht in Erinnerung.
Er legt mir seine riesige Hand auf den Hinterkopf und flüstert mir harte Worte ins Ohr. »Ich bin sicher, dass ich deine Schwester dazu bringen kann, sich zu verwandeln. Sie ist noch so unerfahren. Es wäre ein Leichtes, ihr Angst einzujagen. Also, wie sieht es aus? Du? Oder Tamra? So oder so werden hier jetzt jemandem die Flügel gestutzt.«
Ich drehe mich um, sehe ihm ins Gesicht und Hass dringt in hitzigen Wellen aus jeder Pore meiner Haut.
Ich flüstere heiser: »Das würdest du nicht –«
Seine Finger bohren sich tief in meinen Schädel. »Sie kann auch, ohne
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