Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
dass er damit recht hat.
Seine Augen funkeln mich von oben herab an. »Immer noch unberührt.« Daraufhin lächelt er grausam. »Was bedeutet, dass es immer noch eine Chance für uns beide gibt.«
Ich schnaube verächtlich. »Du bist doch verrückt.«
»Rede dir das nur weiterhin ein. Aber ich kenne die Wahrheit und bald werden sie auch alle anderen kennen, und wenn ich es ihnen im Alleingang beweisen muss. Sie werden sehen, was ich meine. Und dann werde ich genau das tun, wozu mein lieber Cousin zu feige ist.«
Mir bleibt der Atem weg, als ich fassungslos in sein Gesicht blicke. Hätte ich noch irgendwelche Zweifel daran gehabt, dass ich von hier wegmuss – weit wegmuss –, dann wären sie spätestens jetzt ausgeräumt. Corbin ist irre genug, genau das in die Tat umzusetzen, was er gerade gesagt hat.
Langsam nähert er sich meinem Gesicht … als ob er mich tatsächlich küssen wollte. »Ich werde dich weiterhin für mich beanspruchen.«
Ich denke nicht nach, sondern handle einfach instinktiv. Ich öffne die Lippen und stoße die Hitze aus, die in meinem Inneren schäumt und meine Haut zum Glühen bringt.
Heißer Dampf dringt in einem dünnen Band aus meinem Mund. Genugtuung überkommt mich, als ihn der siedend heiße Dampf verbrüht. Er brüllt wie am Spieß und hält sich die rechte Hälfte seines Gesichts. Ich nutze die Gelegenheit und schiebe mich an ihm und dem Baum vorbei.
Den Rest des Weges zu Nidias Häuschen lege ich im Laufschritt zurück, begleitet von seinen Rufen.
»Es wird auf dich und mich hinauslaufen, Jacinda. Du wirst mir gehören! Du kannst nicht ewig vor mir davonrennen!«
An Nidias Tür bleibe ich abrupt stehen und widerstehe dem Drang, mit den Fäusten gegen das Holz zu hämmern. Es ist noch früh. Es macht keinen Sinn, auf die Tür einzuschlagen, als wären wilde Tiere hinter mir her.
Mit einer Hand stütze ich mich an der Tür ab und lege die andere auf meine Brust, während ich versuche, wieder zu Atem zu kommen. Als sich die Tür ohne Vorwarnung öffnet, stolpere ich fast kopfüber nach vorn.
Tamra steht mit rot umrandeten Augen vor mir, in denen nichts zu lesen ist, doch ich weiß, dass es ihr genauso schlecht geht wie mir.
»Lass uns von hier weggehen«, platze ich heraus. Einfach so. Ohne Einleitung, ohne Erklärung.
Ich halte den Atem an, warte und hoffe, dass ich nicht komplett danebenliege, wenn ich denke, dass sie ein so risikoreiches Unterfangen tatsächlich in Erwägung ziehen könnte. Dass sie ihren neuen Status innerhalb des Rudels einfach so aufgeben würde. Eine kleine Ewigkeit vergeht, in der ich darauf warte, dass sie mir antwortet, dass sie etwas sagt.
»Wann können wir aufbrechen?«
Ich atme stoßartig aus und weine fast vor Erleichterung. Doch dann fällt mir ein, dass mir das Schwierigste erst noch bevorsteht. Ich muss erklären, dass Will an der ganzen Sache beteiligt ist.
Ich werfe einen Blick über die Schulter und vergewissere mich, dass Corbin auch wirklich weg ist. Dann drehe ich mich zu Tamra um und bedeute ihr mit den Augen, ins Haus zu gehen. Meine Schwester bittet mich herein und führt mich in ihr Zimmer, das zuvor Nidias Gästezimmer war. Es trägt noch nicht ihre Handschrift. Sie hat bisher kaum etwas aus ihrem alten Zimmer bei uns zu Hause hierhergebracht. Sogar Nidias Nähtisch steht noch immer an einer Wand.
Ich setze mich auf das ungemachte Bett, unter mir die zerwühlte Bettdecke.
Tamra schließt sanft die Tür. »Also, wie wollen wir das anstellen?«
Ich versuche, mich zu wappnen, sehe ihr in die Augen und spreche das eine Wort aus, das alles auf einmal erklärt: »Will.«
Sie starrt mich eine Weile lang schweigend an und fragt dann mit überraschend ruhiger Stimme: »Hast du dich in letzter Zeit öfter mit ihm getroffen?«
Ich nicke.
»An dem Tag, als Miram und du …« Sie beendet den Satz nicht. Stattdessen atmet sie tief ein und stellt die Frage, vor der ich mich am meisten fürchte: »Warst du da mit Will verabredet?«
Wieder nicke ich. Sie seufzt und klingt müde dabei.
»Ich hatte dir und Mum eine Nachricht hinterlassen, aber Miram hat sich die Briefe geschnappt und ist mir gefolgt. Dann sind die Jäger gekommen …«
Sie schüttelt den Kopf.
»Bist du sehr böse auf mich?«, frage ich leise.
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich bin alles so leid. Ich bin es leid, sauer zu sein. Ich will einfach nur von hier weg, Mum finden und nie wieder hierher zurückkommen.« Der Schmerz in ihrer Stimme zerreißt mir schier
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