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Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)

Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)

Titel: Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Jordan
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gewöhnen.«
    Ich starre ihn sprachlos an. Zeit? Denkt er allen Ernstes, dass alles nur eine Frage der Zeit ist? Gewöhnt sich vielleicht ein Gefängnisinsasse jemals an seine Zelle? Oder glaubt er etwa, dass ich mit der Zeit unsere Verbindung mit etwas anderem verwechsle? Mit etwas Tiefergehendem?
    »Ich weiß, dass du dir Sorgen machst wegen heute Nacht.«
    Natürlich weiß er das. Wir sind schließlich miteinander verbunden. Er weiß, welche Angst in mir tobt und mich schier zur Verzweiflung bringt.
    »Ich werde dir die Zeit geben, die du brauchst, Jacinda. Ich habe Geduld. Wir haben alle Zeit der Welt für … was auch immer wir tun wollen.«
    Dann bekomme ich also eine Schonfrist. Aber für wie lange? Wie lange kann ich ihn hinhalten? Cassian würde mich nie zu etwas zwingen, aber wie soll ich dem Rudel, das uns mit Argusaugen beobachtet, glaubhaft vorspielen, dass wir unsere Ehe auch wirklich vollzogen haben? Schlimmer noch: Wie kann ich Severin davon überzeugen?
    Wie lange werde ich durchhalten, bevor ich klein beigebe, den Weg des geringsten Widerstands wähle und vergesse, was ich wirklich will … wer ich wirklich bin? Wann werde ich Will vergessen?
    Wills Gesicht kommt mir in den Sinn und plötzlich fällt mir die Antwort auf diese Frage ganz leicht: niemals.
    Ich muss gar nicht sonderlich lange so tun, als wären Cassian und ich wirklich Mann und Frau. Ich atme tief durch. Eine Woche. Nur eine Woche und dann bin ich frei.
    Ich schlüpfe unter die Bettdecke, seufze und schmiege mich genießerisch an mein vertrautes, fülliges Kopfkissen. Die Daunendecke verströmt einen ganz leichten Lavendelduft und erinnert mich an Mum. Die Leuchtsterne an meiner Decke sind noch immer nicht verloschen, nach all diesen Jahren. Sie sind immer noch da, obwohl Dad längst verschwunden ist. Wie konnte das nur passieren? Wie konnte ich so viele geliebte Personen verlieren? Dad, Mum.
    Ich presse mein Gesicht in das Kissen und dämpfe mein tieftrauriges Schluchzen. Mit Will wird mir das nicht passieren. Ihn werde ich nicht auch noch verlieren. Genauso wenig wie meine Schwester.
    Morgen werde ich zu Tamra gehen und ihr alles erzählen. Alles. Schluss mit der Geheimniskrämerei.
    Ich werde ihr erzählen, dass Will in einer Woche draußen vor der Rudelsiedlung auf mich warten wird. Ich werde sie bitten, mitzukommen, wenn ich mich mit ihm treffe. Ich werde sie fragen, ob sie mit uns weglaufen will. Wir könnten zusammen irgendwohin fliehen. Und natürlich Mum wiederfinden.
    Bei dieser Vorstellung zittere ich etwas. Ich habe ein wenig Angst davor, meiner Schwester alles zu beichten. Ich habe Angst, auch sie noch zu verlieren. Das könnte ich einfach nicht ertragen.
    Ich klammere mich fester an mein Kopfkissen und versuche, mir einzureden, dass das nicht passieren wird. Tamra ist sicher so enttäuscht vom Rudel, dass sie gern mit uns mitgehen wird. Sie haben Mum verbannt. Mir haben sie um ein Haar die Flügel gestutzt. Und jetzt haben sie auch noch den einzigen Drakijungen, der ihr je etwas bedeutet hat, mit mir verheiratet. Weshalb sollte sie also noch hierbleiben wollen?
    Ich schmiege meine Wange gegen das weiche Kissen und schiebe eine Hand darunter – und spüre plötzlich hartes, raschelndes Papier unter meinen Fingerspitzen.
    Mein Herz pocht wie wild in meiner Brust, als sich meine Faust um den Zettel schließt. Ich setze mich auf, schalte meine Nachttischlampe ein und streiche mir gespannt die nassen Haare aus dem Gesicht, die mir die Sicht versperren.
    Es ist nur ein winzig kleines Stück Papier. Es sieht aus, als wäre es hastig aus einem alten Briefumschlag herausgerissen worden. Fünf Wörter stehen da in Mums Handschrift, eilig aufs Papier gekritzelt:
    Erinnere dich an die Palme.
    Das ist ein Hinweis, ein Tipp. Ich drücke den Zettel an die Brust und meine Augen blicken angestrengt im Raum umher. Mum hat mir diesen Zettel dagelassen, um mir zu sagen, wo sie hingeht. Wo ich sie finden kann!
    Doch die Nachricht ergibt nicht das kleinste bisschen Sinn für mich.
    Trotzdem schöpfe ich Hoffnung und ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Mum ist irgendwo da draußen und wartet auf mich. Sie hätte diese Worte nicht geschrieben, wenn sie nicht der Überzeugung gewesen wäre, dass ich herausbekomme, was sie damit meint.
    Meine Finger schließen sich fester um das Stück Papier. Ich werde mich schon noch an diese Palme erinnern. Wenn nicht ich, dann Tamra. Und zusammen werden wir unsere Mutter wiederfinden. Ich gebe mich

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