Firelight 2 - Flammende Träne (German Edition)
das Herz. Weil ich dafür verantwortlich bin. Zumindest teilweise. Und weil ich ihr nicht versprechen kann, dass wir in Frieden leben können. Zumindest jetzt noch nicht.
»Es gibt noch etwas, was ich tun muss, bevor wir uns auf die Suche nach Mum machen können. Und ich habe die große Hoffnung, dass du mir dabei hilfst.« Tamras Gabe könnte unter Umständen über Leben und Tod entscheiden.
Skeptisch sieht sie mich mit ihren fahlen Augen an. »Und was?«
»Ich werde Miram retten.« Und dann bin ich mit dem Rudel quitt und im Reinen. Mit Cassian. Mit mir selbst.
Tamras Augen weiten sich. »Miram? Aber ist sie denn nicht bei den Enkros?«
Ich nicke. »Aber sie haben sie noch nicht umgebracht, glaube ich zumindest. Sie werden sie noch eine Weile am Leben lassen und erst ein paar« – ich schrecke vor dem schlechten Beigeschmack des Wortes Experimente zurück – »Beobachtungen machen wollen.«
»Du bist also der Meinung, dass du da einfach reinspazieren kannst, wo auch immer sie gefangen gehalten wird, und sie dann nett fragst, ob sie Miram rausrücken?«
Ich lege den Kopf schief und sage langsam: »Nein, aber ich glaube, dass ich sie da irgendwie rausholen kann. Mit Wills Hilfe. Und mit deiner. Das bin ich ihr schuldig.« Ihr und Cassian, schießt es mir durch den Kopf.
»Das bist du ihr schuldig ? Miram? Sie hat sich immer wie der allerletzte Idiot verhalten.«
»Sie wäre nie in Gefangenschaft geraten, wenn ich nicht da draußen im Wald auf Will gewartet hätte.«
Tamra lässt sich das durch den Kopf gehen und wirft mir einen anerkennenden Blick zu.
»Also«, sage ich, »lass uns doch einfach zu ihrem Hauptquartier fahren, sie etwas näher unter die Lupe nehmen … und dann sehen wir weiter.« Ich beiße mir auf die Lippen und hoffe, dass sie meine Gedanken nicht errät. Dass ich, sobald ich das Hauptquartier der Enkros im Blick habe, auf jeden Fall reingehen werde. Ich werde auf gar keinen Fall einen Rückzieher machen. Ich werde Miram da rausholen … und vielleicht nebenbei ein bisschen Schaden anrichten. Dabei wird mir ganz heiß und ich fühle mich stärker, ermutigt. Die Vorstellung, ihr ganzes Hauptquartier auseinanderzunehmen, versetzt mir einen unglaublichen Kick.
»Einverstanden«, willigt sie ein, doch in ihrer Stimme schwingt ein deutliches Zögern mit und erinnert mich an die vielen Male, als ich sie zu etwas überredet habe, das sie eigentlich gar nicht wollte.
»Mum hat uns einen Zettel dagelassen«, sage ich und bin froh, ihr wenigstens ein paar gute Neuigkeiten überbringen zu können.
Ihre Augen leuchten auf. »Wo denn? Was steht drauf?«
»Ich habe ihn vernichtet. Ich wollte nicht, dass irgendjemand ihn findet, aber darauf stand ›Erinnere dich an die Palme‹.«
»›Erinnere dich an die Palme‹? Was soll das denn heißen?«
Die Enttäuschung versetzt mir einen Stich ins Herz. Tamra kann damit auch nichts anfangen. »Ich weiß es nicht, aber sie hat offensichtlich gedacht, dass wir uns etwas darunter vorstellen können. Ich bin mir sicher, wir werden es irgendwie herausfinden.«
»Bestimmt.« Sie nickt und ihre Stimme klingt jetzt kräftiger, nicht mehr ganz so elend, und ich bin so unglaublich erleichtert darüber, dass uns Mum einen Hinweis hinterlassen hat, einen Rettungsring in einem wilden Ozean. Etwas, woran wir uns klammern können.
Tamras ruhiger Blick ruht auf mir. »Wann gehen wir los?«
»Will wird in drei Tagen hierherkommen, um sich mit mir zu treffen.«
»In drei Tagen«, murmelt sie und wirkt enttäuscht. »Und dann müssen wir erst Miram finden und sie hierher zurückbringen, bevor wir nach Mum suchen können? Sollen wir sie wirklich so in der Luft hängen lassen? Für ein Mädchen, das wir noch nicht mal leiden können?«
»Na ja, noch haben wir keine Ahnung, was Mums Botschaft auf dem Zettel überhaupt bedeutet. Wir wissen gar nicht, wo wir suchen sollen. Und Mum weiß bestimmt, dass wir nicht so bald von hier wegkönnen. Sie wird die Hoffnung nicht so schnell aufgeben.«
Tamra fixiert mich mit den Augen. »Dann wirst du also noch drei Tage länger mit Cassian zusammenwohnen?« Der anklagende Ton in ihrer Stimme zerreißt mich innerlich. Als hätte ich mir das ausgesucht oder es mir sogar gewünscht. Das ist das erste Mal, dass sie Cassian zur Sprache bringt.
Es ist mehr als unangenehm, mit ihr über den Jungen zu reden, von dem sie ihr ganzes Leben lang besessen war – und der jetzt zufällig mit mir verheiratet ist.
Meine Gedanken schweifen
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