Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
anderen Drakis in Augenschein. Vor Lias Zelle bleibt sie schließlich stehen. Jetzt bekomme auch ich sie zum ersten Mal wirklich zu Gesicht. Sie ist noch sehr jung – der kleinste Draki, den ich je gesehen habe – und ich weiß, dass Tamra tief betroffen davon ist, jemand so Junges hier zu sehen.
»Jacinda, ich glaube, ich hab’s.« Wills Stimme lenkt meine Aufmerksamkeit von Lia ab. Er zeigt auf eine Reihe Schalter, die alle eine Nummer tragen. Er legt den Hebel mit der Nummer drei um. Die Tür der Zelle, vor der Cassian steht, gleitet auf.
Miram stürzt heraus und fällt ihrem Bruder schluchzend in die Arme. Ich lächle und mir wird warm ums Herz, als ich zusehe, wie Cassian sie hochhebt und fest umarmt. Cassian ist überglücklich, dass sie noch am Leben ist, das kann ich spüren.
»Jacinda.«
Ich sehe hinüber zu Tamra. Sie hat sich zu mir umgedreht, deutet jedoch auf Lias Zelle hinter ihr. Der Wunsch in ihren eisblauen Augen ist eindeutig: Sie will das Mädchen befreien.
Ich werde noch viel mehr als das tun. Mit einem Nicken lege ich mit beiden Händen alle verbleibenden Schalter gleichzeitig um.
Als sich die Zellen öffnen, warten die Draki nicht erst auf eine Einladung, sondern stürmen alle auf einmal aus ihren Gefängnissen. Die meisten fliegen wortlos an uns vorbei und denken nur daran, endlich hier rauszukommen. Einer, der wie Roc aussieht, ein Onyxdraki, blinzelt und nickt zum Dank, als er an uns vorbeisaust.
Lia bleibt zurück und ihre großen blauen Augen blicken unsicher von mir zu Tamra und wieder zurück.
Ich entferne mich von dem Schaltbrett und gehe auf sie zu. »Komm. Du solltest bei uns bleiben.« Mir war nicht klar, dass ich das sagen würde, bevor die Worte meine Lippen verlassen, aber eigentlich ist es offensichtlich für mich. Natürlich werde ich sie nicht allein zurücklassen.
Plötzlich ändert sich die eintönige Ansage der Maschinenstimme.
Warnung. Bitte ziehen Sie sich unverzüglich ins Treppenhaus zurück. Operation Lilith beginnt in fünf Minuten.
Operation Lilith? Die Enkros müssen unversehrt entkommen und jetzt zu Plan B übergegangen sein. Was auch immer dieser Plan beinhalten mag, er wird kaum zu unserem Vorteil sein.
»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir von hier verschwinden«, verkündet Will.
Ich nicke und wir stürmen alle Richtung Ausgang und Treppenhaus, da es ganz offensichtlich einen Grund dafür gibt, dass niemand die Aufzüge benutzt. Selbst wenn sie funktionieren sollten, ist es in einer Notfallsituation wahrscheinlich keine besonders gute Idee, auf sie zurückzugreifen. Bei einem Stromausfall säßen wir in ihnen fest.
»Wartet!«
Wir halten inne und sehen, wie Lia zurück zu dem Schaltbrett rennt. Sie blickt lange auf die offenen Zellen und wendet sich dann den Steuerungsknöpfen zu.
»Komm schon!«, rufe ich. Fünf Minuten sind schnell vorbei.
Mit einem kräftigen Nicken, das wie das Treffen einer Entscheidung wirkt, legt sie einen Schalter um.
Die hinteren Zellenwände versinken im Boden und geben den Blick auf das satte Grün des künstlichen Waldes frei.
Ich stürme zu ihr hin. »Was machst du denn da?«
Sie packt mich am Handgelenk und hält mich davon ab, den Schalter erneut zu betätigen und die Wand wieder hochzufahren, die uns von dieser Welt abschirmt … und von ihm .
»Wir können ihn nicht einfach hier drin festsitzen lassen«, sagt sie feierlich. Ihre großen Augen, die mich so sehr an Az erinnern, sehen zu mir hoch, in mich hinein , und sie scheint genau zu wissen, was sie sagen muss, um mich zu erweichen.
»Er wird uns umbringen.« Doch selbst als ich diese Worte laut ausspreche, bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, dass sie wirklich stimmen. Wenn er erst einmal frei ist, sind wir ihm wahrscheinlich ziemlich egal und er wird sich nicht damit aufhalten, auf uns loszugehen.
Sie schüttelt den Kopf. »Das glaube ich nicht. Er wird sich voll und ganz darauf konzentrieren, von hier zu fliehen, genau wie wir.«
Ich neige den Kopf und mustere sie. Sie ist ziemlich klug für ihr Alter.
»Er ist verrückt«, flüstert Miram Cassian fiebrig zu.
»Wovon redet sie?«, will Cassian wissen.
»Da drin ist noch ein anderer Draki …« Ich breche ab und starre in Lias Augen. Die senkrechten Pupillen zittern, so fest ist sie entschlossen, dem Grauen zu helfen … und ich bin eigentlich einer Meinung mit ihr.
Er verdient es nicht, gefangen gehalten zu werden, genauso wenig wie jeder andere Draki. Genauso wenig wie ich.
Ich werfe
Weitere Kostenlose Bücher