Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
Sender ein, unter die Kopfhaut.« Reflexartig streiche ich mit den Fingern über die unter meinen Haaren verborgene kahle Stelle über meinem Ohr. Ich nicke in Mirams Richtung. »Das hat die Jäger direkt zu ihr geführt.«
Will beobachtet mich aufmerksam und ihm entgeht nichts – das gilt auch für die Art, wie ich mir über den Kopf streiche. Sie waren so nah dran gewesen, auch mir ihren Stempel aufzudrücken – ihn mir einzusetzen.
»Haben sie dasselbe auch mit dir gemacht? Können sie dich auch aufspüren?«, fragt Cassian.
Ich schüttle den Kopf und lasse die Hand sinken. »Nein. Ihr habt sie aufgehalten.«
»Du hast Glück gehabt«, sagt Deghan in seiner grollenden Drakisprache.
»Und was ist mit dir?« Cassians Kopf schnellt in seine Richtung. »Du hast eine lange Zeit dort verbracht. Sie müssen dir auch so einen Chip eingesetzt haben.«
»Sie konnten nie nah genug an mich herankommen.« Er blickt an seinem stahlgrauen Körper herab. »Wenn es jemand versucht hat, dann …« Er bringt den Satz nicht zu Ende, aber ich verstehe auch so.
»Haben sie dich nie mit einer ihrer Betäubungspistolen bewusstlos gemacht?«, fragt Cassian.
»Sie haben es versucht, konnten aber meine Haut nicht durchbrechen.« Er klopft leicht dagegen. »Hart wie eine Rüstung.«
Plötzlich verstehe ich, warum er so lange überleben konnte – warum er am Leben geblieben ist, obwohl alle anderen aus seinem Rudel gestorben sind. Sie konnten einfach nie an ihn herankommen.
Cassian fährt sich mit den Händen durchs Haar und geht auf einer kurzen, unsichtbaren Linie auf und ab. Er bleibt nur ab und zu stehen, um mit elendem Blick seine Schwester anzustarren, die ein paar Meter entfernt steht und in den dichten Wald hineinschaut. Sie muss gehört haben, was wir gesagt haben, zeigt aber keinerlei Reaktion. Sie hat nicht aufgehört zu zittern, seit sie von den Jägern umstellt wurde. Seit sie erfahren hat, was sie da mit sich herumträgt. Sie wird niemals frei sein, bevor wir nicht einen Weg finden, den Sender aus ihr zu entfernen. Vermutlich würde ich an ihrer Stelle auch zittern. Meine Finger wandern wieder zu der kahl rasierten Stelle auf meinem Kopf. Oder noch schlimmer, wahrscheinlich würde ich mir sogar die Kopfhaut aufkratzen, um das Ding aus mir herauszubekommen.
»Was machen wir jetzt?« Cassian dreht sich zu uns um und sieht jedem Einzelnen von uns ins Gesicht. Das ist der Augenblick, in dem ich sagen könnte – sagen sollte : Was meinst du mit wir?
Doch ich sage gar nichts. Mir gehen nur quälende, nagende Gedanken durch den Kopf. Ich sollte eigentlich von hier verschwinden, das alles hinter mir lassen. Ich habe mein Versprechen gehalten und Miram aus dem Hauptquartier der Enkros befreit. Damit sollte es eigentlich gut sein.
Ich spüre Wills Blick auf mir und weiß, dass er dasselbe denkt. Dass wir endlich frei vom Rudel sein sollten. Jetzt. Die Freiheit ist zum Greifen nah, sie gehört uns fast schon – ich muss nur die Hand danach ausstrecken.
Cassians Blick bohrt sich in mich hinein, doch schlimmer noch sind die Schübe vollkommener Hilflosigkeit, die von ihm ausgehen und wie ein aufgewühlter, angeschwollener Fluss über mich hinwegspülen. Seine Not und seine Verzweiflung vermischen sich mit meinen eigenen Gefühlen … begraben sie unter sich und ertränken sie, bis nur ein flüsterndes Echo von ihnen übrig bleibt. Ich kann sie nicht ignorieren. Ich kann ihn nicht ignorieren.
Wieder schüttelt er den Kopf. »Wir können nicht einfach in ihrem Kopf herumwühlen, um dieses … Ding aus ihr herauszuholen. Damit könnten wir sie umbringen.«
Ich nicke langsam. »Ich weiß. Du musst sie nach Hause bringen und mit den anderen sprechen.« Sosehr ich Severin und vielen der Älteren auch misstraue, sie haben viel mehr Lebenserfahrung als wir. Sie wissen über viele Dinge Bescheid. Ganz besonders Nidia. Vielleicht mussten sie schon einmal mit etwas Ähnlichem fertig werden. »Vielleicht weiß Nidia oder einer der Verdadrakis, was man tun muss«, schlage ich vor.
Eine bessere Lösung fällt mir nicht ein. Wir können Miram schließlich nicht einfach in irgendein Krankenhaus in der Nähe bringen und die Ärzte bitten, das Implantat herauszuoperieren. Ich kaue auf dem Rand meines Daumens herum. Meiner Mum würde jetzt sicher etwas einfallen. Sie hätte bestimmt den Chip entfernen können, ohne dabei das Leben des Patienten aufs Spiel zu setzen.
Dieser Gedanke ruft mir nur umso schmerzlicher in Erinnerung, dass
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