Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
sie nicht mehr da ist. Dass sie sie verbannt haben. Ich beiße noch ein wenig härter auf dem salzigen Rand meines Daumens herum und genieße den Schmerz. Ich kann mich jetzt nicht damit aufhalten, über Vertrauensbrüche nachzudenken. Das wird mich nur noch wütender machen und mir die Gedanken verschleiern, und gerade jetzt muss ich einen kühlen Kopf bewahren.
»Du willst sie nach Hause bringen?« Tamra lehnt sich enger an Deghan und ich frage mich, ob ihr das bewusst ist. »Zurück ins Rudel, obwohl die Jäger sie überall finden können? Hältst du das wirklich für so klug?«
»Nicht direkt in die Siedlung. Miram kann sich irgendwo in der Nähe versteckt halten … in den Bergen«, sage ich und meine Gedanken rasen. »Wenn irgendwelche Jäger sie dorthin verfolgen, ist das kein großes Risiko. Sie wissen bereits, dass dort in der Gegend Drakis leben.«
Damit beziehe ich mich natürlich auf Wills Familie.
Will starrt mich an, mit unergründlichem Blick, und ich frage mich, was ihm wohl gerade durch den Kopf geht. Bei Cassian weiß ich zumindest, was er spürt. Doch im selben Moment habe ich Gewissensbisse dabei, die beiden so miteinander zu vergleichen. Mir zu wünschen, dass meine Beziehung zu Will in irgendeiner Weise dem ähnelt, was mich mit Cassian verbindet. Will und ich sind wirklich zusammen, ein echtes Paar. Cassian und mich verbindet lediglich eine Manipulation, das Ergebnis einer erzwungenen Heirat. Sonst nichts.
Cassian nickt. »Ja. Das könnte funktionieren.« Er geht zu seiner Schwester hinüber und drückt sanft ihre Schulter. Sie sieht zu ihm hoch und zeigt damit endlich, dass sie mitbekommt, was hier vor sich geht. »Es kommt alles in Ordnung, Miram. Wir gehen nach Hause … wir kriegen das schon wieder hin.«
Sie nickt und beugt sich zu ihm hinüber. Er legt ihr einen Arm um die Schulter und streicht ihr mit der Hand über das sandbraune Haar, als wäre sie ein Kind. Und dann wird mir klar, dass sie das im Grunde auch noch ist. Älter als Lia, aber nicht stärker. Bei dem Gedanken an Lia zucke ich zusammen. Hat sie vielleicht schon ein Jäger gefangen genommen? Was ist mit dem Rest der befreiten Drakis? Roc und die anderen? Sind auch sie bereits gefangen genommen worden? Oder sogar Schlimmeres?
Ich atme tief und schwer aus. Ich kann mir nicht auch noch Sorgen um sie machen. Wir haben genug eigene Probleme. Miram in Cassians Armen erfüllt mich mit solcher Verzweiflung … Es ist unmöglich, sich nicht davon beeinflussen zu lassen. Sich keine Sorgen um sie zu machen. Ganz besonders, da Cassians Gefühle mich von allen Seiten her bombardieren. Wut. Niederlage. Furcht und Sorge.
»Okay. Hier können wir nicht bleiben.« Wills Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und katapultiert mich zurück in die Realität. Ich löse den Blick von Cassian und Miram. Er sieht mich so wissend an, dass ich vor Schuldbewusstsein rot anlaufe und mir ganz heiß wird. Ich hasse es, dass auf immer und ewig diese Verbindung zwischen mir und Cassian bestehen wird. Dass das etwas ist, was Will und ich nie teilen werden. Wenn ich schon eine solche Verbindung zu jemandem habe, dann sollte es Will sein. Aber das ist unmöglich. Das war es schon immer.
»Los, Leute, wir müssen weiter.«
Wir steigen alle in den Transporter. Diesmal sitze ich vorne bei Will. Es ist eine Erleichterung, nicht in die Gesichter der anderen sehen zu müssen, ganz besonders nicht in Mirams. Da ist zu viel Schmerz und Reue, wenn ich sie ansehe und daran denke, was die Enkros ihr angetan haben. Sie ist immer noch eine Gefangene, auch wenn sie jetzt bei uns ist. Vielleicht wird sie immer eine sein.
Wir holpern die ausgefahrene Straße entlang und wirbeln Staub um uns herum auf, während wir zurück Richtung Autobahn fahren. Will fasst zu mir herüber und nimmt meine Hand. Ich atme tief aus; mir war gar nicht bewusst, dass ich die Luft angehalten habe. Meine Finger schließen sich um seine Hand und drücken sie ganz fest. Ich brauche ihn so sehr, dass es fast körperlich wehtut. Die Angst, ihn zu verlieren, hat immer schon an mir genagt wie ein knurrendes Raubtier, das nach meinen Fersen schnappt. Aber jetzt überzieht sie meinen Rachen mit einem sauren metallischen Film. Und ich weiß auch, wieso.
Ich denke darüber nach, Cassian und Miram zu helfen, zum Rudel zurückzukehren. Und wenn ich das tue, verliere ich Will vielleicht für immer.
15
W ill und ich sagen kein Wort. Irgendwie scheinen wir beide zu wissen, dass das Gesagte alles
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