Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
übers Haar streicht. Mir wird warm ums Herz. Jabel ist zwar ihre Tante, aber sie ist nicht gerade der warmherzige, freundliche Typ. Es ist schön, einen Beweis für ihre Liebe zu ihrer Nichte zu sehen.
Jabels Markenzeichen ist ihr scharfer, wachsamer Blick. Ganz ähnlich dem ihres Sohnes, Corbin. Sie ist ein Hypnosdraki und ihre Gabe war mir schon immer etwas unheimlich. Schwer zu glauben, dass sie und Mum einmal beste Freundinnen waren. Aber diese weichere, nettere Seite an ihr straft mich Lügen und ich bin froh, dass Miram bei ihr Trost findet.
Doch dann passiert es.
Mir bleibt keine Zeit, etwas zu unternehmen oder auch nur ein Geräusch zu machen. Wir haben keine Gelegenheit, Miram mit Rufen zu warnen oder auch nur zu verstehen … zu verarbeiten, was da gerade vor sich geht, bevor es zu spät ist.
Wir können nur untätig dabei zusehen, wie Jabel ein Messer aus dem Ärmel zieht und Miram damit in den Rücken sticht.
Tamra neben mir stößt einen erstickten Schrei aus, als Jabel die Klinge in Mirams Rücken dreht, sie wieder herauszieht und ein zweites Mal zusticht. Dann stößt sie Miram in den Fluss. Ich sehe mit weit aufgerissenen Augen zu. Mein Mund öffnet sich zu einem lautlosen Schrei. Mein Herz setzt einen Schlag aus, ehe es schmerzhaft und viel zu schnell gegen meine Brust hämmert.
Hinter mir ist ein Knacken zu hören. Ich drehe mich um und sehe Corbin dort stehen. Entsetzen ist in seinem Gesicht zu lesen, als er über unsere Köpfe hinweg zu seiner Mutter blickt. Zu seiner Cousine.
Ganz offensichtlich wusste er nichts von den Plänen seiner Mutter und hat auch nicht für möglich gehalten, dass sie zu so etwas fähig ist.
Er steht mit blassem Gesicht da und in diesem Augenblick ist er wieder der Junge, mit dem ich aufgewachsen bin. Und er hat gerade mit ansehen müssen, wie seine eigene Mutter seine Cousine ermordet hat. Ich greife nach seiner Hand. Er entreißt sie mir und schüttelt heftig den Kopf. Er kann nicht glauben, was er da gerade gesehen hat. »Nein«, krächzt er. »Nein!«
Er macht kehrt und hastet durch das Gebüsch davon, flieht vor dem, was er nicht ertragen kann. Blinzelnd und erstaunt sehe ich ihm nach. Irgendwie hatte ich erwartet, dass er Jabel zur Rede stellen würde. Immerhin ist sie seine Mutter. Vor ihr kann er gar keine Angst haben – oder etwa doch?
Ich drehe mich zum Fluss und sehe, wie die schnell fließende Strömung Mirams Körper davonträgt, als wäre er schwerelos. Ich kann mich nicht bewegen, kann nur völlig schockiert dabei zusehen, wie sie auf dem Wasser an uns vorbeisaust. Ihre Augen sind leer und starren blind in den Himmel.
Schnell schlage ich mich seitlich in die Büsche und muss mich übergeben. Ich zittere am ganzen Körper und versuche mit tauben Fingern, mich an den dornigen, silbrig grünen Blättern festzuhalten. Will kommt näher und wirft einen Blick auf den Fluss, um festzustellen, was mich dazu gebracht hat, mir die Seele aus dem Leib zu würgen.
Ich hebe den Kopf und gehe zurück zu den anderen. Meine Gliedmaßen zittern, als wir zusehen, wie Mirams Mörderin am Ufer des Flusses in die Hocke geht und ihr Messer im Wasser abwäscht, als wäre es das Normalste der Welt. Jabels Gesicht wirkt ruhig und klar und es ist absolut nichts darin zu lesen, kein Gefühl, kein Bedauern über den Mord, den sie gerade begangen hat. Und plötzlich wird es mir klar und ich spüre die Wahrheit tief in mir: Das ist auch die Person, die meinen Vater hintergangen hat. Es war nicht Severin, sondern seine Schwester.
»Was machen wir jetzt?«, flüstert Tamra mit erstickter Stimme.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals ein Draki einen anderen kaltblütig ermordet hätte. Das ist noch mal etwas ganz anderes, als meinen Vater in eine Falle zu locken, damit er in Gefangenschaft gerät. Es entbehrt jeder Menschlichkeit. Miram war Jabels Nichte. Vielleicht sind solche Dinge früher vorgefallen, in der Zeit der Großen Kriege, als wir noch primitive, gegeneinander Krieg führende Stämme waren – vielleicht haben wir uns damals ohne Weiteres gegenseitig umgebracht. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt sind wir zivilisierter. Zumindest hat man mir das immer beigebracht. Menschen sind Mörder und begehen Verbrechen gegen ihresgleichen. Wir nicht.
»Sie darf nicht einfach so damit davonkommen«, verkünde ich grimmig. Ich drehe mich zu Will um. »Findest du zu deinem Auto zurück?«
»Was?« Er blinzelt verständnislos.
Vielleicht liegt es an irgendetwas in
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