Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
graben sich in den Boden, während ich mit den Augen den Himmel absuche. Blätter scheinen ein Kinderlied im Wind zu flüstern, doch Cassian ist nirgendwo zu sehen. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Aber ich weiß, dass er hier ist. Ein dunkler Geist, der auf der Lauer liegt, uns beobachtet und sich für seinen nächsten Schritt bereit macht, der nur auf den richtigen Moment wartet – den unvermeidlichen Angriff. Das weiß ich nicht nur, weil ich ihn gut kenne, sondern weil ich ihn auch spüren kann. Ich spüre, wie seine todbringende Entschlossenheit sich in mir ausbreitet wie Gift. Unaufhaltsam.
Mein Blick fällt kurz auf Mirams glasige Augen. Den Bruchteil einer Sekunde hat es den Anschein, als würde sie mich geradewegs anstarren – durch mich hindurchstarren . Aber in ihr befindet sich kein Leben mehr. Sie kann mich nicht sehen. Jetzt, da sie tot ist, wird Cassian nicht einen einzigen dieser Jäger mit dem Leben davonkommen lassen. Er glaubt, dass sie für Mirams Tod verantwortlich sind, und würde lieber selbst sterben, als auch nur einen von ihnen entkommen zu lassen. Sie werden alle für den Mord an seiner Schwester bezahlen. Xander war erst der Anfang.
Dann blinzle ich und komme wieder zu mir. »Will.« Sein Name klingt laut, misstönend und schrill in der schockstarren Stille, die uns umgibt.
Mehrere Jäger werden von dem Geräusch aufgeschreckt, blicken zu mir und richten reflexartig ihre Waffen auf mich. Ihre Augen wirken wild und ihre Bewegungen sind panisch und ruckartig. Ich schlucke die brennende Glut in meinem Mund hinunter, spüre, wie Rauch meine Nase anfüllt, und hoffe, dass sie nichts davon mitbekommen.
Als wäre meine Stimme der Auslöser gewesen, flucht Angus plötzlich laut und dreht sich wie ein Irrer im Kreis. »Komm raus! Komm schon raus und zeig dich, du Abschaum!«
Er fängt an zu schießen. Nicht mit einer Betäubungspistole, sie sind alle zu anderen Waffen übergegangen: Gewehre, Armbrüste. Ihr Ziel ist es jetzt nicht mehr, Gefangene zu machen. Jetzt wollen sie töten. Genau wie Cassian.
Feuer brennt in meiner Luftröhre und ich schaffe es nicht mehr, gegen meine Angst anzukämpfen.
»Will«, sage ich noch einmal, während meine Stimme schon deutlich nach Drakisprache klingt, und gebe damit zu erkennen, dass ich bereits halb verloren bin.
Will greift nach meiner Hand und seine Finger verschränken sich eng mit meinen. Er nickt scharf in Richtung Bäume und ich nicke zurück, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden habe.
Zusammen rennen wir los.
»Hey!« Angus schreit hinter uns her und ich höre das Stampfen laufender Schritte. Jemand ist uns auf den Fersen. Ein schneller Blick über die Schulter bestätigt meinen Verdacht. Es ist einer der Jäger – der ältere mit dem ernsten Gesicht und den kalten Augen.
Kurz darauf blitzt wieder etwas Dunkles vor mir auf, wie ein großer schwarzer Schleier, der auf uns herabgeworfen wird. Cassian. Er ist wieder da und füllt die Dämmerung aus.
Um uns herum sind Schüsse zu hören, doch das hält Cassian nicht davon ab, den Jäger vom Boden hochzureißen und mit ihm in den Bäumen zu verschwinden.
Überall bricht Chaos aus, als die Jäger einander fieberhaft Befehle zurufen. »Er wird sich jeden einzelnen von uns schnappen!«
»Wir müssen von hier verschwinden!«
»Vergiss es! Wir müssen hinter ihm her und ihm den Garaus machen!«
Wir sind schon fast an den Bäumen angelangt, als ein plötzlicher Windstoß meine Haare emporwirbelt und sie mir ins Gesicht weht. Ich blicke in den Himmel hinauf und sehe, wie ein weiterer Draki zu uns herabstößt.
»Nein!«, schreie ich panisch. Corbin.
Er packt mich am Arm und reißt mich vom Boden hoch. Aufgebracht strample ich in der Luft mit den Beinen.
Will ruft und springt hoch und versucht, mich zu fassen zu bekommen. Aber ich bin bereits zu weit oben.
Die Jäger wenden ihre Aufmerksamkeit jetzt mir und Corbin zu. Kugeln und Pfeile fliegen uns um die Ohren.
Will ruft panisch: »Passt auf, dass ihr nicht aus Versehen Jacinda erwischt!«
Das scheint ihnen jedoch nicht allzu viele Sorgen zu bereiten. Ein Pfeil zischt so dicht an mir vorbei, dass er meine Haare streift. Er verfehlt mich – und trifft Corbin mitten in die Brust. Instinktiv packt er den Pfeil, der sich tief in seinen Muskel gebohrt hat, am Schaft. Zwischen seinen Fingern sickert dickes purpurnes Blut hervor.
Corbin heult schmerzerfüllt auf und wir trudeln durch die Bäume nach unten. Er schlägt hart auf dem Rücken
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