Firkin 03 - Das Wurmloch ins Biblioversum
Wasser, spritzten die brutzelnden Karkassen, und niemand hörte oder sah die drei Besucher eintreten.
Die Küchenbrigade des Cranachischen Reichspalasts war viel zu sehr mit der Arbeit beschäftigt, werkelte so fieberhaft, daß keiner den Ankömmlingen Beachtung schenkte. Und das, obwohl die Besucher in meterlange, wallende indigoblaue Talare gewandet waren und etwas gewissermaßen Religiöses an sich hatten.
Die drei Hohenpriester der Hochkirche von Sankt Mammon dem Ungewaschenen schritten zielbewußt durch die schweißtreibende kulinarische Sauna und schnurstracks auf einen Mann und mehrere Dutzend aalähnlicher Fische zu, auf den Mann, der ihnen ermöglichen sollte, Cranachan erfolgreich zu schröpfen. Ganz Cranachan.
Zuveth, der frisch designierte Königliche Fischkoch, spülte sein Zerwirkmesser ab und machte sich dann über das wimmelnde Neunaugenknäuel her – die erste Tranche für die königliche Servierplatte. Zuveth war überglücklich, war überwältigt von der plötzlichen und völlig unerwarteten schicksalhaften Veränderung in seinem Leben, war außer sich vor Freude, weil er jetzt die Position innehatte, die er sich immer gewünscht hatte. Und das alles mit einem einzigen, kurzen Gebet! Natürlich war es schade um Herrn Ringshey! Tragische Geschichte!
Niemand wußte eigentlich, wodurch er sich den Zorn des Appropriators zugezogen hatte. Was der Cranachische Merkur dazu veröffentlicht hatte, waren Spekulationen, was in der Öffentlichkeit geredet wurde, Mutmaßungen, aber einen verläßlichen Anhaltspunkt hatte niemand. Außer Bharkleed, Flaezz und Wenzl. Und, natürlich, Ringshey selbst. Nur konnte man von dem nichts mehr erfahren.
»Sei gesegnet, Jünger Zuveth«, grüßte Seine Eminenz, Bharkleed der Leidenschaftlich Exaltierte, den Fischkoch, der sich fieberhaft dem Geschäft des Ausweidens widmete. »Außerdem ist es wohl auch angebracht zu gratulieren!«
»Euer Eminenz!« Zuveth war so überrascht, daß es ihm beinahe den Atem verschlug. »Ich, äh, äh, verzeiht, wenn ich mir die Stirn nicht … aber …« Mit einem Kopfnicken wies er auf seine bluttriefenden Hände hin, die eben mit dem Ausräumen eines vor kurzem noch ganz lebendigen Neunauges beschäftigt waren.
»Ist schon in Ordnung. Ich verstehe.« Bharkleed sah mit einem Grinsen über die Angelegenheit hinweg. »Habt Ihr Euch an Eurem neuen Arbeitsplatz schon eingewöhnt?«
»Aber ja! Ich konnt’ es erst gar nicht glauben, als ich gehört hab’, was mit dem alten Ringshey passiert ist.« Zuveth weidete aufgeregt den nächsten Fisch aus.
»Zweifelt niemals an den Schicksalsmächten!« sagte Bharkleed und erhob die Augen zur Zimmerdecke. »Wenn sie mitunter auch sehr seltsame Wege gehen!«
»Nein, ich, äh, wenn ich gesagt hab, daß ich’s nicht glauben konnte, dann hab ich nur gemeint, daß ich mich zu Tode erschrocken hab, wie ich gehört …«
»Aber garantiert nicht so zu Tode erschrocken wie Ringshey«, gluckste Bruder Wenzl und stupste Flaezz in die Seite.
»Hütet Eure Zunge!« Bharkleed blickte Zuveth drohend an und verpaßte Wenzl einen kurzen, schmerzhaften Tritt gegen das linke Schienbein.
»Natürlich, selbstverständlich«, stotterte Zuveth. »Ich will in Zukunft noch vorsichtiger sein.«
»Aufgeblasener Leuteschinder!« murrte Wenzl. Er rieb sich das Schienbein und starrte wie ein bis aufs Blut gereizter Terrier auf Bharkleeds Nacken.
»Ich denke, das tragische Ableben Eures Vorgängers hat Euch gezeigt, daß es sich tatsächlich lohnt, jederzeit auf das Leben im Jenseits vorbereitet zu sein!«
»Bestimmt! Bin ganz Eurer Meinung! Hab sogar mit Ringshey noch über euch Burschen gesprochen, noch an dem Nachmittag, bevor er, äh … Ihr wißt schon.«
»Und? War er interessiert?«
»Kein Stück! Er hat gesagt, Ihr wärt eine Bande unverschämter Betrüger, die einen im Handumdrehen bis aufs Hemd ausziehen! Laß dich bloß nicht mit denen ein! hat er gesagt. Sei bloß vorsichtig, die knöpfen dir sogar noch das Geld ab, das du noch gar nicht verdient hast!«
Bharkleed wurde kreidebleich. »Ha! Ahaha! Möchte wissen, wie er dazu kommt, etwas derartig Lächerliches zu behaupten!«
»Keine Ahnung, Eminenz«, sagte Zuveth, stach mit dem blitzenden Messer zu und schlitzte lässig und mit geschickter Hand dem nächsten Neunauge die weiche Bauchdecke auf. »Keine Ahnung. Aber er war ja auch verrückt, müßt Ihr wissen.«
»So? War er?«
»Und ob! Hat jeder gewußt. Total bekloppt. Hat sich immer mit den
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