Firkin 04 - Hundstage
als Metallspangen springender Wale mit Emaille-Regenbogen zusammenprallten. Es war etwas zermürbend Bedrohliches an der Art, wie es dem wirbelnden Baldachin des Kilts irgendwie so eben mißlang, die feisten Knie und Stiefel zu bedecken, die unaufhaltbar vorwärtsstampften. Hinter der grünen Riesin strömte eine ähnlich ausstaffierte, Spruchbänder schwenkende Demonstrantenmeute – ein Zug regengebogter Krieger strebte der kaiserlichen Palastfestung entgegen.
Tschini stutzte, als er die üppige Oberweite der legendären Brigitte Bidet sah, die mit den Bändern und Flicken ihrer lebenslangen Feldzüge bestickt war.
»RETTET DEN DRACHEN!« stand auf dem Plakat, das Tschini unter die Nase gehalten wurde. »NEIN ZUM SAURIER-GEMETZEL!« schrie ein anderes. »AUCH ECHSEN LIEBEN DAS LEBEN!«
Herr Murx riß sich die Augenbinde ab und schaute sich um. Er blinzelte, bemüht, das Spruchbandmeer einigermaßen klar zu entziffern. Sein Geist würgte verwirrt, als er las … Rettet den Drachen? Ihn retten? Ja, wußten diese Leute denn nicht, welchen Scheiß ausgewachsene und stinkwütende Drachen anrichten konnten?
»Unterzeichnet dieses Volksbegehren!« kreischte eine üppige, faltige Blondine mit grünem Umhang und dazu passenden Stiefeln und einem Hemd mit der Aufschrift JEDES VIECH IST UNSER BRUDER trug. »Stoppt sofort die Drachenjagd!«
»Ähm … Warum?« stotterte der Ritter.
Die Stirn der petitionsschwenkenden Frau wurde zu einem fragenden V. »Weil es barbarisch ist!« quäkte sie aufgeregt. »Es geht um das Abschlachten unschuldiger Ungeheuer!«
»Unschuldig? Habt Ihr je in Eurem Leben einen Drachen bei einem Wutanfall gesehen? Nun? Ein Dorf, ein Drache … Puff! Ein Drache und ein Aschehaufen! Sie sind tödlich!« rief Murx.
»Sie sind so selten, daß man sie nie sieht!« schrie Frau Bidet und trat vor. Die olivgrüne Strickkappe hatte sie in voller Kampfraserei grimmig über die Augenbrauen gezogen. »Das adlige Lumpenpack hat sie so gejagt, daß sie nun vom Aussterben bedroht sind! Ritter und Heilige springen in ihre blöden Kostüme, saufen ein paar Sherry, und dann geht’s ab in die Wälder!«
»Auch Ungeheuer haben Rechte!« schrie eine Stimme aus der Menge.
»Ich aber auch!« rief Murx zu seiner Verteidigung. »Schließlich muß ich doch auch irgendwie meinen Lebensunterhalt bestreiten! Stallungen und Rüstungen kosten heutzutage ein Heidengeld! Und ich kriege ein paar tausend Kröten, wenn ich einen Drachen uml …«
Seine Stimme verblaßte plötzlich, als ihm klar wurde, daß die Menge seine Rüstung und seine Waffen bemerkt hatte. Und nun erblickte sie auch das stolz zur Schau getragene Emblem, das ihn als wahlberechtigtes Mitglied der ›Uralten und Edlen Gylde der Pestkontrolleure‹ auswies.
»Drachentöter! Mörder!« kreischte die Menge und fing sogleich wild an zu kochen. Fettu Tschini packte Murxens Zügel und spornte sein Roß zum Rückzug an. Das Roß des Ritters wich zurück und hätte ihn beinahe entsattelt, so daß er in der wildschäumenden Menge gelandet wäre. Er klammerte sich verzweifelt fest, als Hände an seinem Umhang zerrten. Ein Ausrutscher, und man hätte ihn in Sekundenschnelle in Fetzen gerissen.
Ein Hagel von Beleidigungen explodierte aus dem wütenden Mob und ersäufte das Geklapper rutschender Hufe, als die beiden Reiter fortsprengten, wie verrückt um eine Ecke bogen und verschwanden.
»Pfui!« rief Herr Murx über den Hufschlag hinweg. »Die sind aber empfindlich! Und das alles nur wegen eines Dra …«
»Sagt es nicht! Bloß nicht!« rief Tschini. »Schon jetzt wissen zu viele Leute von der verdammten Sache! Man könnte euch töten!« Und dann, dachte er bei sich, muß ich den Drachen umlegen.
»Naaaiin! Das würden diese Leute nicht tun. Sie sind doch absolut gegen das Töten und Morden und …«
»Nur bei hilflosen Tieren.«
»Hilflos?« quäkte der Ritter. »Aber Dr …«
»Darum geht es doch nicht!« schrie Fettu Tschini. »Sie hätten Euch zu Hackfleisch verarbeitet. Ich weiß es!« Denn er erinnerte sich noch sehr gut an den Tumult der letzten Woche gegen das wahllose Verbrennen von Phönixen. Fünfzehn Tote; zwölf lagen noch schwer darnieder.
Tschini funkelte Herrn Murx gerade an, als ein blauweißer Lichtblitz vor ihnen zündete, knisterte und zerfiel.
»Obacht!« schrillte der Ritter und klammerte sich verzweifelt an sein treues Roß. Sie jagten aus Cranachan heraus und sprengten dem Tortellini entgegen, wobei sie gerade eben einem vier Fuß
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